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Freihandelsabkommen und deren Ursprungsregeln: so sparen Sie Zollkosten!

Zuletzt aktualisiert am 23.03.2022 Autor:

Freihandelsabkommen sind Verträge, die bilateral zwischen zwei Ländern oder multilateral zwischen mehreren Ländern oder Gebieten geschlossen werden. Handelsabkommen sollen der Erleichterung des internationalen Handels dienen. Um in dem Zusammenhang Handelshemmnisse zu minimieren, den Handel zwischen den Vertragsparteien zu fördern bzw. die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder durch den Abbau von Zöllen zu stärken, hat die Europäische Union bereits mit einer Vielzahl von Drittstaaten bzw. Staatengemeinschaften verschiedenste Freihandelsabkommen verhandelt.

Kennen Sie die wichtigsten Freihandelsabkommen? Und wissen Sie, welche Vorteile Sie durch die Einhaltung der in den Freihandelsabkommen festgelegten Ursprungsregeln für den Präferenzverkehr überhaupt nutzen können?

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Was genau beinhaltet ein Freihandelsabkommen bzw. Handelsabkommen?

Entschließen sich einzelne Länder oder Staatengruppen, eine Handelspartnerschaft einzugehen, verhandeln sie eine Zusammenarbeit auf Grundlage bestimmter Regularien in Form eines sogenannten Freihandelsabkommens. Handelsabkommen werden üblicherweise zwischen zwei oder mehreren Staaten getroffen und dienen dem Ziel, einheitliche Standards und Normen zu schaffen. Dadurch soll die Entwicklung der Wirtschaft in den Abkommensländern gefördert werden und Wirtschaftsbeteiligten der Zugang zu neuen Märkten innerhalb der Vertragsparteien erleichtert werden. So kann bspw. die Einhaltung bestimmter in den Handelsabkommen festgelegten Ursprungsbedingungen im Zollbereich zu einer Minderung oder gar vollständigen Abschaffung von Zollabgaben beim Import in ein Vertragspartnerland führen. Man spricht in dem Fall auch von einem Präferenzabkommen. Neben produktspezifischen Ursprungsregeln zur Aufhebung tarifärer Handelshemmnisse und der Anpassung einheitlicher Standards und Normen, kann der Inhalt eines Freihandelsabkommens je nach Interesse der Vertragspartner variieren. Handelsabkommen können unter Anderem Vorschriften zum Schutz von Menschenrechten, Richtlinien zur Einhaltung der Produktsicherheit, Vorgaben zum Urheberrecht oder zum Schutz geistigen Eigentums enthalten.

Ein Freihandelsabkommen kann somit eine vielfältige Wirkung für die Länder und deren Wirtschaft mit sich bringen und sich positiv auf den internationalen Handel und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten auswirken. Die Prüfung der Vertragsbedingungen eines Handelsabkommens ist ein komplexer Vorgang. Doch hier lohnt sich ein genauer Blick, ob ein Produkt die Ursprungsregeln des jeweiligen Freihandelsabkommens erfüllt und ob sich der Aufwand einer detaillierten Präferenzermittlung für Ihre Kunden und Sie selbst lohnt. Denn durch die Einsparung von Zöllen können Sie sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Anbietern aus Drittstaaten sichern, die nicht an einem Handelsabkommen beteiligt sind.

Welche Freihandelsabkommen bzw. Handelsabkommen gibt es?

Zum einen gibt es Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten, zum anderen werden aber auch Handelsabkommen zwischen Drittstaaten ohne Beteiligung der EU geschlossen. Welche Handelsabkommen für Ihr Unternehmen von Relevanz sind, hängt immer davon ab, in welchem Land sich der Sitz der Gesellschaft befindet, wo die Ware hergestellt wird bzw. an welchem Ort der Versand erfolgt. Nachstehend erhalten Sie einen kurzen Überblick über die wichtigsten Freihandelsabkommen:

  • PAN-EURO-MED: Pan-Euro-Med Übereinkommen inkl. Regionales Übereinkommen zwischen der Europäischen Union, den EFTA-Ländern und diversen Ländern in Mittel- und Osteuropa, der sogenannten Paneuropa-Mittelmeer-Zone.

Hinweis auf alternativ anwendbares Regelwerk zu den Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens:
Alternative Ursprungsregeln (Übergangsregeln/transitional rules) für bestimmte Länder anwendbar

  • CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement):Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada
  • EU-Japan EPA (Economic Partnership Agreement, auch JEFTA genannt): Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan 
  • EUSFTA (EU-Singapore Free Trade Agreement): Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur 
  • EUVFTA (EU-Vietnam Free Trade Agreement): Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam 
  • EU-CH: Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz. Darüber hinaus hat die Schweiz mit verschiedenen Drittstaaten weitere Abkommen verhandelt.
  • EWR: EWR-Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum unter Einbeziehung von Island, Liechtenstein und Norwegen. 
  • EFTA (European Free Trade Association): Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen 
    (EFTA - European Free Trade Association). Darüber hinaus hat die Schweiz mit verschiedenen Drittländern weitere eigene Abkommen verhandelt, die entsprechend für alle EFTA-Mitglieder gelten.
  • USMCA (United States-Mexico-Canada Agreement): Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada (ehemals NAFTA)
  • UK – Abkommen diverse: Freihandelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und diversen Drittstaaten, teilweise in Form von „Trade Continuity Agreements“ zur inhaltlichen Fortführung der EU-Abkommen nach dem Brexit.
  • CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership): Freihandelsabkommen zwischen Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam
  • RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership): Freihandelsabkommen zwischen den ASEAN-Mitgliedsstaaten und Australien, China, Japan, Neuseeland sowie Südkorea

Welche Voraussetzungen eines Freihandelsabkommens müssen Waren für die Zollfreiheit oder zollermäßigte Einfuhr erfüllen?

Präferenzbegünstigt, also zollfrei oder zollbegünstigt, ist eine Ware immer dann, wenn sie vom jeweiligen Freihandelsabkommen des Landes bzw. der Staatengruppe erfasst ist und bestimmte erzeugnisspezifische Voraussetzungen – die Verarbeitungsregeln oder auch Präferenzregeln - erfüllt. Dies kann entweder eine vollständige Gewinnung oder Herstellung einer Ware in einem der in den Handelsabkommen genannten Partnerländer sein oder eine bestimmte wesentliche Be- oder Verarbeitung der verwendeten Vormaterialien.

Die Feststellung, ob eine Ware die Ursprungsregeln eines Freihandelsabkommens erfüllt, basiert auf der korrekten Ermittlung der Zolltarifnummer. Grundlage bilden dabei die 4-stelligen oder 6-stelligen Codenummern des Harmonisierten Systems (HS). Die Einreihung einer Ware ist an dieser Stelle von wichtiger Bedeutung, denn eine falsch bestimmte HS-Position bzw. HS-Unterposition hat zur Folge, dass unter Umständen eine unzutreffende Ursprungsregel angewandt wird. Die für eine HS-Position konkret festgelegten Ursprungsregeln sind in den Freihandelsabkommen in Form einer Verarbeitungsliste tabellarisch dargestellt. Anhand von warenbezogenen Bedingungen können Sie sodann prüfen, in welchem Umfang bzw. unter welchen Voraussetzungen Vormaterialen ohne Ursprungseigenschaft bei der Herstellung Ihrer Ware verwendet werden dürfen. Bei den Präferenzabkommen verschiedener Länder handelt es sich somit um wichtige Exportförderungsdokumente, deren Bedingungen durchaus voneinander abweichen können. Überprüfen Sie die Inhalte der unterschiedlichen Freihandelsabkommen daher stets separat!

Wie erfolgt die Prüfung, ob eine Ware die produktspezifischen Ursprungsregeln eines Freihandelsabkommens erfüllt?

Überprüfen Sie, ob ein Freihandelsabkommen mit dem Land besteht, in welches Sie lhre Waren liefern möchten. Haben Sie anhand der für Ihr Produkt zutreffenden 4-stelligen bzw. 6-stelligen HS-(Unter-)Position einen Eintrag in der Verarbeitungsliste des betreffenden Handelsabkommens gefunden? Dann vergleichen Sie genau, ob es die darin festgelegten produktspezifischen Ursprungsregeln für den Präferenzverkehr erfüllt.

Hierzu muss die jeweilige Ware grundsätzlich „mehr als minimal“ behandelt worden sein und dann die jeweiligen Listenkriterien erfüllen. Zur Erreichung einer ausreichenden Be- oder Verarbeitung im Sinne des Freihandelsabkommen können diese bspw. die Einhaltung bestimmter Wertkriterien im Zusammenhang mit der für die Produktion verwendeten Vormaterialien sein (Wertschöpfungsregel zur Begrenzung des Drittlandsanteils) oder die Voraussetzung eines Positionswechsels zwischen der zur Herstellung eingesetzten Rohstoffe und dem Endprodukt - manchmal ist auch die Durchführung eines definierten Herstellungsvorgangs gefordert. Beachten Sie dabei, dass die produktspezifischen Ursprungsregeln eines Handelsabkommens in Abhängigkeit von der HS-Position bzw. HS-Unterposition und dem Präferenzpartnerland abweichen können. Grundsätzlich kann in jedem Freihandelsabkommen eine abweichende Ursprungsregel für eine Ware vorgesehen sein. Daher sollten Sie die Überprüfung des präferentiellen Ursprungs zur Erlangung etwaiger Zollvorteile stets mit größtmöglicher Sorgfalt durchführen und entsprechende Arbeits- und Organisationanweisung für den Prozess der Präferenzkalkulation innerhalb Ihres Unternehmens erstellen. Sofern Sie Vereinfachungen bei der Erstellung von Präferenznachweisen nutzen möchten, können Sie bei Ihrem zuständigen Hauptzollamt eine Bewilligung zur Nutzung eines vereinfachten Verfahrens „ermächtigter Ausführer“ beantragen. Hier ist die Vorlage einer innerbetrieblichen Verfahrensanweisung spätestens verpflichtend. Bei modernen Freihandelsabkommen ist als Vereinfachung hierfür der Status des „Registrierten Ausführers“ (REX) vorgesehen, der lediglich eine Registrierung erfordert.

Wo findet man die produktspezifischen Ursprungsregeln zu den jeweiligen Freihandelsabkommen?

Die Texte der Handelsabkommen sowie die im Anhang der länderspezifischen Freihandelsabkommen veröffentlichten Ursprungsprotokolle, die zwischen der Europäischen Union und Ihren Vertragspartnern festgelegt wurden, werden in der Regel im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Informationen zu bestehenden aber auch zu zukünftigen Abkommen, die sich noch in der Verhandlung befinden und noch nicht in Kraft getreten sind, sind in einer durch die Welthandelsorganisation (WTO) bereitgestellten Datenbank oder auf der Website der Europäischen Kommission verfügbar. Ebenso bietet die Generalzolldirektion die Möglichkeit einer kostenfreien Recherche zu Freihandelsabkommen über das Portal „Warenursprung und Präferenzen (WuP)“ online an.

Immer mehr Unternehmen entschließen sich jedoch zur Nutzung systemgestützter Präferenzkalkulationen, da eine manuelle Prüfung des präferentiellen Ursprungs der zahlreichen Handelsabkommen in der Praxis oftmals sehr komplex und mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist. Durch die Einbindung der länderspezifischen Ursprungsregeln in Softwarelösungen zur Präferenzkalkulation kann eine Prüfung der ausreichenden Be- und Verarbeitung und die Verwaltung von benötigten (Langzeit-)Lieferantenerklärungen weitgehend automatisiert durchgeführt und Ihr Prozess zeit- und kostensparend optimiert werden. Spezialisierte Datenanbieter stellen entsprechend codierte Ursprungsregeln vieler Freihandelsabkommen zur Einbindung in die jeweiligen Softwareprodukte zur Verfügung.

Die Reguvis Fachmedien GmbH unterstützt Sie gerne bei der Prüfung präferentieller Ursprungsregeln. Eine Auswahl an Produkten und Veranstaltungen, wenn Sie das Thema Warenursprung und Präferenzen vertiefen möchten finden Sie auf unserer Website.

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