Der Immobilienbewerter - Zeitschrift für die Bewertungspraxis  Archiv  2020  Ausgabe 1  Wertermittlung 

Autoren:
Julia Sacchi/Florian Hackelberg
Beitragstyp:
Beitrag
Ausgabe:
1/2020 Seiten: 8 bis 16

Bewertung von Pflegeheimen im Rahmen der internationalen Finanzberichterstattung (IFRS)

Julia Sacchi, Florian Hackelberg

Pflegeimmobilien haben sich in den vergangenen Jahren endgültig von einem Nischenprodukt zu einer eigenständigen Asset-Klasse mit anhaltender Wachstumsperspektive entwickelt. Das Segment profitiert vom demografischen Trend der alternden Gesellschaft und einer damit einhergehenden steigenden Nachfrage. Im Zuge dieser Entwicklungen haben sich bereits seit geraumer Zeit nationale, aber auch internationale Investoren auf das Segment der Pflegeimmobilien spezialisiert. Da die meisten Investoren ihre Finanzberichterstattung nach internationalen Rechnungslegungsstandards erstellen, ist die Ermittlung des Marktwertes oder Fair Value der gehaltenen Pflegeimmobilien regelmäßig – je nach gewähltem Bewertungsstandard – notwendig. Aufgrund der Besonderheit als Betreiberimmobilie führt die Bewertung von Pflegeimmobilien als „klassische“ Wohnimmobilien regelmäßig nicht zu sachgerechten Marktwerten.1Vgl. Walsch, Stefan, Bewertung von Pflegeheimen unter Berücksichtigung neuer regulatorischer Anforderungen, GuG, 5/2018, S. 270. Die nachfolgenden Ausführungen geben neben einer Abgrenzung der Asset-Klasse Pflegeimmobilie und der Entwicklung des Marktsegments methodische Handlungsempfehlungen sowie Marktvergleichswerte für anzusetzende Bewertungsparameter.2Die nachfolgenden Ausführungen betreffen die Bewertung der Immobilie welche von einem Betreiber als Pflegeheim betrieben wird (Immobilienbewertung), nicht die Bewertung des Pflegeheimbetreibers (Unternehmensbewertung).

Klassifizierung von Pflegeimmobilien nach Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS)

Bei der Bilanzierung von Immobilien nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS wird im Wesentlichen auf die Standards IAS 16 und IAS 40 abgestellt3Immobilien, die zum Verkauf im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens (IFRS 5) oder für den Prozess der Herstellung oder Entwicklung solcher Verkäufe gehalten werden (IAS 2) sind hier nicht Betrachtungsgegenstand. (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Prüfung zur Kategorisierung der Immobilien im Eigentum, eigene Darstellung.

Immobilien, die vom Unternehmen voraussichtlich länger als ein Jahr für die operative Geschäftstätigkeit z.B. zur Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen, zur Vermietung oder für administrative Zwecke, mithin eigengenutzt werden, sind im Rahmen der internationalen Rechnungslegung nach IAS 16 zu bilanzieren. Dies betrifft solche Pflegeimmobilien, die vom Eigentümer selbst als Pflegeheim betrieben werden (Eigennutzung).

Ist der Eigentümer der Immobilie hingegen nicht Betreiber des Pflegeheims, sondern vermietet die Immobilie für den Betrieb an Dritte, so handelt es sich i.S.d. IFRS um eine Immobilie, die zur Erzielung von Mieteinnahmen oder zur Wertsteigerung gehalten wird (Investment Property) und die in den Anwendungsbereich des IAS 40 fällt.4Wenn der Eigentümer einen Teil der Immobilie selbst nutzt und einen Teil zum Zwecke der Erzielung von Mieteinnahmen oder zur Wertsteigerung hält, und die Teile selbständig verkauft oder vermietet werden können, sind sie getrennt zu bilanzieren. Können die Teile nicht gesondert verkauft oder vermietet werden, ist die Immobilie nur dann eine als Finanzinvestition gehaltene Immobilie, wenn der selbst genutzte Teil unwesentlich ist [IAS 40.10].

Bewertungsmodell nach IAS 16 und IAS 40

Im Grundsatz räumen sowohl der IAS 16 als auch der IAS 40 bei der Bilanzierung der Immobilien ein Wahlrecht ein. Immobilien können dabei zu abgeschriebenen Anschaffungs-/Herstellungskosten („at cost“) oder zum beizulegenden Zeitwert („Neubewertungsmodell“ bzw. „Fair Value-Modell“) angesetzt werden.

Abb. 2: Anwendung unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe, eigene Darstellung.

Gemäß IAS 16 können Neubewertungen in unregelmäßigen Abständen durchgeführt und in der Zwischenzeit der Wert abgeschrieben werden. Eine jährliche Fair Value-Ermittlung von eigengenutzten Immobilien nach IAS 16 ist eher unüblich und wird in der Praxis aufgrund des vergleichsweise hohen Bewertungsaufwands eher selten gewählt.

Im Rahmen von IAS 40 wird hingegen regelmäßig das Fair Value-Modell gewählt, da Eigentümer von Investment Properties eine positive Wertentwicklung der Immobilien in der Bilanz ausweisen möchten. Hervorzuheben ist, dass nach einmaliger Entscheidung für das Fair Value-Modell die Immobilie bis zu ihrem Abgang weiterhin zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten ist, auch wenn vergleichbare Markttransaktionen seltener auftreten oder Marktpreise seltener verfügbar sind.5Vgl. IAS 40.55.

Die Anwendung des IFRS 13 „Fair Value Measurement“

Der IFRS 13 regelt die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sowie die dafür anzuwendenden Bewertungsprämissen und -methoden. IFRS 13 definiert den beizulegenden Zeitwert (Fair Value) als „den Preis, der in einer regulären Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts erhalten oder für die Übertragung einer Verbindlichkeit zahlen würde“. Es wird davon ausgegangen, dass die Transaktion auf dem Hauptmarkt stattfindet, dem Markt mit dem größten Volumen und Aktivitätsniveau für den Vermögenswert oder (falls kein Hauptmarkt vorhanden ist) auf dem vorteilhaftesten Markt, auf dem der für den Verkauf des Vermögenswerts erhaltene Betrag unter der Prämisse seiner höchsten und besten Nutzung, maximiert wird. Dabei kommen grundsätzlich die in der Bewertungspraxis angewendeten Verfahren, Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren zum Ansatz. Je nach verwendetem Verfahren ergibt sich ein unterschiedlicher Grad an Bewertungsobjektivität. Der IFRS 13 verlangt eine so objektiv wie mögliche Bewertung. Eingangsparameter für die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert sollten in einer definierten Prioritätsreihenfolge verwendet werden:6Vgl. auch PwC, IFRS für die Praxis, 2018, S. 2.

  • Stufe 1 – Nicht angepasste notierte Preise für identische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf aktiven Märkten.

  • Stufe 2 – Andere beobachtbare Parameter für den Vermögenswert, wie beispielsweise notierte Preise auf aktiven Märkten für ähnliche Vermögenswerte oder notierte Preise für identische Vermögenswerte auf Märkten, die nicht aktiv sind.

  • Stufe 3 – Nicht beobachtbare Parameter, die von einem Unternehmen unter Verwendung der besten verfügbaren Informationen entwickelt wurden, wenn zum Bewertungsstichtag für den Vermögenswert keine oder nur geringe Marktaktivitäten zu verzeichnen sind.

Der ersten Stufe werden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zugeordnet, bei denen sich notierte, nicht bereinigte Preise für identische Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten auf aktiven Märkten feststellen lassen. In die zweite Stufe wird eingeordnet, was aus direkt oder indirekt beobachtbaren Preisen lediglich abgeleitet werden kann, also nicht unter Stufe 1 fällt. Dazu gehören zum Beispiel Bewertungen, die auf notierten Preisen für ähnliche Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten auf aktiven Märkten basieren. Auf der dritten Stufe werden all jene Vermögenswerte und Verbindlichkeiten berücksichtigt, in deren Bewertung Inputfaktoren eingehen, die nicht auf beobachtbaren Marktdaten beruhen.

Wie für die meisten Immobilien sind auch für Pflegeimmobilien, die aufgrund ihrer Konzeption und Besonderheit vergleichsweise selten gehandelt werden, am Markt regelmäßig keine hinreichenden Vergleichstransaktionen verfügbar, weshalb regelmäßig auf Stufe 3 abzustellen sein wird. Für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts von Pflegeimmobilien nach IAS 40 werden daher regelmäßig ertragsorientierte Verfahren wie das deutsche Ertragswertverfahren (ImmoWertV) oder seine internationale Entsprechung der Income Approach, beispielsweise in der Ausprägung als Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF) Anwendung finden. Bei der Bewertung ist dabei regelmäßig der „highest and best use“- Gedanke, mithin die wirtschaftlich sinnvollste Nutzungsmöglichkeit der Immobilie als Pflegeimmobilie zu prüfen bzw. sicherzustellen.

Begriffsabgrenzung Seniorenimmobilie und Pflegeheim

Auch wenn der Begriff Seniorenimmobilie nicht einheitlich definiert ist, hat sich in der Literatur die Seniorenimmobilie als Sammelbegriff für alle Formen des altengerechten Wohnens etabliert. Falk führt hierzu wie folgt aus: „Altengerechtes Wohnen ist eine Sammelbezeichnung für besondere Anforderungen, die sich aus den Wohnbedürfnissen alter Menschen ergeben. Diese richten sich nicht nur auf Ausstattung, Lage und Umfeld der Wohnung, sondern auch auf die infrastrukturelle Anbindung sowie die Koordination mit sozialen Hilfsdiensten und der medizinischen Versorgung.“7Vgl. Falk Bernd (2004).

Wenngleich es sich bei Seniorenimmobilien auf den ersten Blick mithin um Wohnimmobilien handelt, so finden sich doch in der überwiegenden Zahl der Einrichtungen, welche im Folgenden beschrieben werden, gewerbliche Klassifizierungsmerkmale, die eine Zuordnung zu den Gewerbeimmobilien bzw. Betreiberimmobilien nahelegen. Seniorenimmobilien nehmen dabei einen besonderen Status innerhalb der Gewerbeimmobilien ein und sind daher als Spezialimmobilien einzuordnen. Diese werden im Allgemeinen für eine besondere Nutzungsart individuell konzipiert und zeichnen sich häufig – überwiegend bedingt durch die spezielle und nutzerspezifische Bauweise und Einbauten – durch einen sehr geringen Grad der Drittverwendbarkeit aus.8Vgl. Bienert, Sven, Bewertung von Spezialimmobilien (2005), S. 4 ff.

Arten von Seniorenimmobilien

Seniorenimmobilien gibt es in verschiedenen Ausprägungen, wobei der Grad der Angewiesenheit auf fremde Hilfe im täglichen Leben ein wesentliches Klassifizierungsmerkmal darstellt. Die folgende Übersicht zeigt verschiedene Formen des altengrechten Wohnens in Abhängigkeit der Pflegebedürftigkeit.

Altenwohnungen

Bei Altenwohnungen handelt es sich um grundsätzlich „normale“ Wohnungen mit gewöhnlichen Wohnungsmietverträgen. Bei diesen Einheiten ist oftmals lediglich ein hohes Maß an Barrierefreiheit im Gebäude geschaffen worden; sie stehen jedoch nicht in direkter Verbindung zu medizinischen oder pflegespezifischen Einrichtungen, und die zu entrichtende Miete umfasst keinerlei Serviceleistungen. Hierunter ist auch das Leben in sog. Haus- oder Nachbarschaftsgemeinschaften und Gruppenwohnprojekten zu subsumieren.

Seniorenresidenzen

Seniorenresidenzen (auch Wohnstifte genannt) sind von ihrer Konzeption mit einem 4- bis 5-Sterne- Hotel für ältere Menschen vergleichbar; sie sind überwiegend frei finanziert und überdurchschnittlich gut ausgestattet. Die Bewohner zahlen einen monatlichen Pauschalpreis für ihre eigenständige, abgetrennte und voll funktionstüchtige Wohnung, erhalten darüber hinaus aber – je nach Einrichtung teilweise auch nur bei Bedarf – eine Vielzahl von zusätzlichen Dienstleistungen wie Mahlzeiten, Veranstaltungen, Reinigung der Wohnung. Auch die Inanspruchnahme ambulanter sowie stationärer Pflegeleistungen innerhalb dieser Residenzen ist Bestandteil des „Paketes“. Diese Einrichtungen liegen häufig im hochpreisigen Segment und sprechen somit nur einen ausgewählten Interessentenkreis an.

Abb. 3: Arten von Seniorenimmobilien, Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Bienert (2005).

Betreutes Wohnen

Die Form des Betreuten Wohnens stellt eine Mischform zwischen Altenwohnungen und Seniorenresidenzen dar. Auch hier leben die Bewohner in einer eigenständigen Wohnung, die barrierefrei und oftmals auch rollstuhlgerecht ausgestattet ist. Allerdings steht hier der eigenständige Wohngedanke im Vordergrund und diese Einrichtungen sind daher häufig nicht den Gewerbe- sondern den Wohnimmobilien zuzuordnen.

Pflegeheime

Pflegeheime kennzeichnen sich hingegen dadurch aus, dass die Bewohner rund um die Uhr betreut und versorgt werden, da ein eigenständiges Alltagsleben häufig nicht mehr realisierbar ist. Obgleich die ambulante Versorgung von Pflegebedürftigen erstrangig ist, so ist die häusliche oder teilstationäre Pflege ab einem gewissen Pflegegrad nicht mehr möglich und damit die Pflege in einer vollstationären Einrichtung unumgänglich.9Vgl. § 43 (1) SGB – Soziale Pflegeversicherung. In Pflegeheimen werden (voll)stationäre Pflegeleistungen erbracht,10Vgl. § 71 (Pflegeeinrichtungen) Abs. 2 SBG XI – Soziale Pflegeversicherung. somit steht der Dienstleistungsgedanke hier im Vordergrund. In Pflegeheimen sind zudem häufig spezielle Abteilungen für chronisch kranke Menschen (z.B. Demenzerkrankung) untergebracht. Die Tagessätze sind von Heim zu Heim verschieden und werden im Versorgungsvertrag festgelegt; dieser Vertrag wird zwischen dem Träger der Einrichtung (Betreiber) und den Pflegekassen (im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe) abgeschlossen. In einem solchen Vertrag werden gleichzeitig auch die Regelungen zu den Pflegeleistungen genau festgelegt.

Demografische Entwicklung

Ein wesentlicher Faktor für die zukünftige Nachfrage nach Pflegeimmobilien ist die demografische Bevölkerungsentwicklung. Die Alterung der Bevölkerung in Deutschland wird sich laut 14. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung trotz hoher Nettozuwanderung und gestiegener Geburtenzahlen weiter verstärken. Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren stieg bereits zwischen 1990 und 2018 um 54 % von 10,4 auf 15,9 Millionen. Sie wird bis 2039 voraussichtlich um weitere 5 bis 6 Millionen auf mindestens 21 Millionen wachsen und anschließend bis 2060 relativ stabil bleiben. Die Zahl der Menschen im Alter ab 80 Jahren wird von 5,4 Millionen im Jahr 2018 bereits bis 2022 auf 6,2 Millionen steigen und dann bis Anfang der 2030er Jahre auf diesem Niveau bleiben. In den sich anschließenden 20 Jahren wird sie aber kontinuierlich zunehmen und im Jahr 2050 je nach angenommener Entwicklung der Lebenserwartung auf 8,9 bis 10,5 Millionen wachsen.11Statistisches Bundesamt – 14. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2019.

Im Dezember 2017 waren in Deutschland 3,41 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Im Vergleich 2017 mit 2015 stieg die Zahl der Pflegebedürftigen im Zuge der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs um 19,4 %. Das ist zum großen Teil auf die Einführung des neuen, weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs ab dem 1.1.2017 zurückzuführen. Seitdem werden mehr Menschen als pflegebedürftig eingestuft, als vor der Umstellung. Gut drei Viertel (76 %) aller Pflegebedürftigen wurden zu Hause versorgt. Knapp ein Viertel (24 %) wurde in Pflegeheimen vollstationär betreut. Im Vergleich zu 2003 ist die Anzahl der in Heimen vollstationär versorgten Pflegebedürftigen um 31,3 % gestiegen, bei den durch ambulante Pflegedienste versorgten um 84,4 %.

Ende 2017 waren 81 % der Pflegebedürftigen 65 Jahre und älter, mehr als ein Drittel (35 %) war mindestens 85 Jahre alt. Die Mehrheit der Pflegebedürftigen war weiblich (63 %). Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu sein. Während bei den 70- bis 74-Jährigen rund 6 % pflegebedürftig waren, wurde für die ab 90-Jährigen die höchste Pflegequote ermittelt: Der Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung in diesem Alter betrug 71 %. Damit waren 81 % der Pflegebedürftigen 65 Jahre und älter; 85 Jahre und älter waren 35 %.12Statistisches Bundesamt – Pflegestatistik 2017 – Deutschlandergebnisse.

Im Hinblick auf diese Entwicklungen muss die Anzahl der Pflegeheimgebäude erhöht werden, um die gestiegene Nachfrage aufgrund der Bevölkerungsalterung zu befriedigen. Der Neubau muss den neuen Vorschriften entsprechen, dies wird den Wettbewerbsdruck auf die vorhandenen älteren Unterkünfte erhöhen.

Markt für Pflegeimmobilien

In Deutschland ist der Markt für Pflegeheime föderal strukturiert und die 16 Bundesländer haben mitunter eigene Regelungen und Gesetze zur Altenpflege. Auch wenn Koordination und Grundlagen auf nationaler Ebene gleich sind, müssen regionale Unterschiede und Vorschriften berücksichtigt werden.

Abb. 4: Bevölkerungsprognose Deutschland, eigene Darstellung, Daten Statistisches Bundesamt.

Die Karte zeigt, dass sich der Ausbau der Pflegeheime in Deutschland seit 2003 sehr heterogen entwickelt hat. In einigen Landkreisen wie Ludwigsburg, Böblingen und dem Alb-Donau-Kreis im Süden sowie den Städten Potsdam und Rostock im Norden hat sich die Anzahl der Pflegeheime mehr als verdoppelt, während sie in anderen Gebieten fast stagniert. In nur 3,3 % der Bezirke und Städte ist die Anzahl der Pflegeheime seit 2003 leicht zurückgegangen. Nordrhein-Westfalen zählt im Vergleich der Bundesländer die meisten Pflegeheime mit fast 2.500 Einrichtungen. Es folgen Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg mit 1.751, 1.778 und 1.661 Pflegeheimen. In Berlin und Hamburg gibt es jedoch die meisten Betreuungsplätze pro Kopf.

Bundesweit gab es laut Destatis im Dezember 2017 rund 14.500 nach SGB XI zugelassene voll- bzw. teilstationäre Pflegeheime. Bei jedem fünften Heim (18 %) war neben dem Pflegebereich Betreutes Wohnen organisatorisch angeschlossen. Die meisten Heime (11.200) boten vollstationäre Dauerpflege an. Das Angebot der anderen Heime setzt sich entweder aus Kurzzeitpflege und/oder Tages- sowie Nachtpflege zusammen. Auch hinsichtlich der Zahl der Plätze dominiert die Dauerpflege – von den insgesamt 952.000 Plätzen entfallen 877.000 (92 %) auf die vollstationäre Dauerpflege.13Statistisches Bundesamt – Pflegestatistik 2017 – Deutschlandergebnisse.

Die Nachfrage nach Pflegeheimen wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Bis 2030 werden voraussichtlich mehr als 255.000 zusätzliche Pflegeplätze benötigt. Der steigende Bettenbedarf basiert zum einen auf der Alterung der Gesellschaft und zum anderen auf geänderten gesetzlichen Regelungen wie der Einzelzimmerquote und die Begrenzung der Bettenanzahl pro Heim. In der Folge besteht ein Nachfrageüberschuss der nicht nur aufgrund von mangelnder Bautätigkeit, sondern auch durch den Mangel an qualifizierten Pflegekräften verstärkt wird.

Die Nachfrage nach Pflegeheimen ist bis 2030 in Berlin mit rund 11.838 am höchsten, gefolgt von Hamburg und Hannover mit rund 4.000. Der zusätzliche Bedarf an Pflegeplätzen in Bremen ist mit 1.727 am geringsten. Auf Landesebene besteht die höchste Nachfrage in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.

Investment-Markt für Pflegeimmobilien

Seit 2010 ist das Transaktionsvolumen für Gesundheitsimmobilien stetig angestiegen, wobei die Jahre 2016 und 2018 mit je über 3 Mrd. € Transaktionsvolumen deutlich herausstechen (s. Abb. 6). In den ersten drei Quartalen 2019 summierte sich das Transaktionsvolumen am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien auf 1,3 Mrd. €. Dabei wird der deutsche Markt von internationalen, vor allem europäischen Marktteilnehmern dominiert. Vor allem Investoren aus Frankreich (anteilig 32 %), Luxemburg (8 %) und Belgien (7 %) sind auf dem deutschen Markt besonders engagiert. Pflegeheime haben mit 600 Mio. € im Jahr 2019 den höchsten Marktanteil, gefolgt von Seniorenresidenzen/Wohnstiften mit knapp 332 Mio. € und Ärztehäusern mit rund 220 Mio. €.14Vgl. CBRE, Snapshot Q3 – Deutschland Gesundheitsimmobilien, 2019. Die Spitzen-Nettoanfangsrenditen sind seit 2017 auf einem niedrigen Niveau bei 4,75 % mit sinkender Tendenz, was immer noch deutlich über dem Spitzenrenditeniveau anderer Anlageklassen (z.B. Büro) liegt. Trotz des langjährigen Abwärtstrends ist zu erwarten, dass die Spitzenrendite von Pflegeimmobilien nicht das Niveau anderer Anlageklassen (z.B. Einzelhandelsimmobilien, Büros) erreichen wird.

Abb. 5: Zunahme Pflegeheimbestand, Quelle: Wuest & Partner Deutschland – Pflegeheim Atlas 2018.

Bewertung von Pflegeheimen15Die nachfolgenden Ausführungen zur Bewertungsmethodik beziehen sich auf das in der ImmoWertV §§ 17–21 geregelte Ertragswertverfahren, welches in der deutschen Immobilienbewertungspraxis auch vor dem Hintergrund der IFRS oftmals Anwendung findet.

Besonderheiten von Seniorenimmobilien

Durch die Eigenschaft als Spezialimmobilie, aber auch durch die Besonderheiten des Betriebs von Seniorenimmobilien existieren eine Reihe zusätzlicher Risiken im Vergleich zu „herkömmlichen“ Büro- oder Wohnimmobilien.16Vgl. Bienert, Sven, Bewertung von Spezialimmobilien (2005), S. 52. Die Kompetenz des Betreibers stellt einen wesentlichen Einflussfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung dar und damit letztlich für die Fähigkeit, den Kapitaldienst erbringen zu können. Aufgrund der unterschiedlichen Arten von Seniorenimmobilien ist ein hohes Maß an Erfahrung beim Betrieb dieser Immobilien nötig. Mangelt es dem Betreiber an ausreichender Erfahrung und Marktkenntnis in diesem Segment, ist das Konzept oftmals zum Scheitern verurteilt, und das Aufbringen der Pacht für den Eigentümer gefährdet. Der wohl wichtigste Aspekt ist jedoch die sehr eingeschränkte Drittverwendbarkeit eines Pflegeheims. Spezialimmobilien sind bereits bei Entstehung darauf ausgerichtet, ihren gesamten Lebenszyklus einer bestimmten Nutzungsart und häufig sogar insbesondere nur einem bestimmten Nutzer zu dienen. Individuelle Gestaltung, aber auch die Einrichtung und Ausstattung und unter Umständen die Lage tragen dazu bei, dass ein Nachnutzer kaum oder nur unter für den Eigentümer nachteiligen Bedingungen zu finden ist und eine Alternativnutzung häufig ausscheidet.17Vgl. Bienert, Sven, Bewertung von Spezialimmobilien (2005), S. 4.

Abb. 6: Transaktionsvolumen und Prime Yields des deutschen Pflegeimmobilienmarktes, Quelle CBRE, Snapshot, Deutschland Gesundheitsimmobilien Q3 2019.

Wenngleich oftmals lange Betreiberverträge vereinbart werden, erweist sich die weitere Verwendung bei Auslauf des Vertrags oder bei Insolvenz des Betreibers oftmals als schwierig und ist mit hohen Kosten verbunden. Der Grad der Drittverwendbarkeit unterscheidet sich innerhalb der Seniorenimmobilien gravierend; Einrichtungen des Betreuten Wohnens sind im Allgemeinen besser für Umnutzungen geeignet als Pflegeheime.

Bewertungsverfahren und Methodik

Die Ermittlung des Verkehrswerts kann gemäß ImmoWertV nach dem Vergleichswert- (§§ 15 f. ImmoWertV), dem Ertragswert- (§§ 17 ff. ImmoWertV) oder dem Sachwertverfahren (§§ 21 ff. ImmoWertV) oder mehreren dieser Verfahren vorgenommen werden. Entscheidend für die Auswahl des/der Verfahren(s) ist die Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls (§ 8 ImmoWertV). Aus den Ergebnissen des/der gewählten Verfahren(s) wird der Verkehrswert unter Würdigung der Aussagefähigkeit der Verfahrensergebnisse abgeleitet. In der Praxis werden diese Bestimmungen in aller Regel wie folgt angewendet:

Mit dem Vergleichswertverfahren wird der Wert einer Immobilie mithilfe von stichtagsnahen Vergleichstransaktionen abgeleitet. Es wird überwiegend nur zur Ermittlung des Bodenwerts und des Wertes von Eigentumswohnungen, gelegentlich auch von weitgehend gleichartigen (Wohn-) Gebäuden (meist Einfamilienhäusern) herangezogen. Für die Marktwertermittlung von Spezialimmobilien wie Pflegeheimen wird es aufgrund der unzureichenden Vergleichbarkeit in der Regel keine Anwendung finden.

Das Sachwertverfahren fußt auf der Überlegung, dass ein Investor nicht bereit ist, für eine Immobilie mehr zu bezahlen, als er selbst für die Herstellung der Immobilie zahlen würde (Opportunitätskosten). Es wird überwiegend für Grundstücke herangezogen, bei deren Nutzung es nicht in erster Linie auf einen Ertrag ankommt oder ein solcher nicht hinreichend genau bestimmt werden kann. Es wird in der Praxis zwar häufig bei Spezialimmobilien und für spezielle Nutzungen errichteten Gewerbeimmobilien angewendet, findet aber aufgrund der zu berücksichtigenden tatsächlichen Ertragssituation der Immobilie im Rahmen der Bewertung von Pflegeheimen für die Finanzberichterstattung selten Anwendung.

Mit Hilfe des Ertragswertverfahrens wird der Wert einer Immobilie über den Barwert der zukünftig zu erwirtschaftenden Einnahmeüberschüsse abgeleitet. Es wird daher überwiegend für Grundstücke herangezogen, bei denen die Ertragserzielung im Vordergrund steht. Es wird insbesondere bei Mietgrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken gewählt. Für die Bewertung von Pflegeheimen wird in der Regel das Ertragswertverfahren in Anlehnung an das Pachtwertverfahren Anwendung finden.18Vgl. Walsch, Stefan, Bewertung von Pflegeheimen unter Berücksichtigung neuer regulatorischer Anforderungen, GuG, 5/2018, S. 270.,19Daneben werden in der deutschen Wertermittlungspraxis, die im angelsächsischen Raum verbreiteten, sog. nicht normierten Verfahren angewandt. Hierunter fällt in diesem Zusammenhang vor allem das Discounted-Cashflow-(DCF-)Verfahren. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die normierten Verfahren, insbesondere das nach ImmoWertV geregelte Ertragswertverfahren.

Ertragswertverfahren

Beim Ertragswertverfahren wird, ausgehend von bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbaren Nutzungserlösen je Bezugseinheit (z.B. monatliche Miete je m² Nutzfläche oder Bruttogrundfläche) zunächst der periodenbezogene Rohertrag ermittelt, aus dem durch Abzug der nicht umlegbaren Bewirtschaftungskosten der Reinertrag errechnet wird. In der Regel wird dabei von einer Nettokaltmiete ausgegangen, von der Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis sowie, soweit wesentlich, vermieterseitige Betriebskosten als nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten abgesetzt werden. Auf die Besonderheiten bei Pflegeheimen, insbesondere bei der Ermittlung des Rohertrags wird im Folgenden näher eingegangen. Bei der Bemessung der Nutzungserlöse wird grundsätzlich unterstellt, dass sich die Mietflächen in einem baulichen Zustand befinden, wie er sich nach Durchführung der Instandhaltungs- oder anderen baulichen Maßnahmen darstellt, die Basis für die ggf. berücksichtigte Wertminderung aufgrund unterlassener Reparaturen sind. Bei dem allgemeinen Verfahren (§ 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ImmoWertV) wird der Reinertrag in den Bodenwertanteil und den Gebäudewertanteil aufgeteilt, weil der Reinertrag aus dem Gebäude verfahrensgemäß nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes erzielt werden kann, während die Bodennutzung als zeitlich nicht beschränkt unterstellt wird. Der Bodenwertanteil ergibt sich, indem der Bodenwert mit dem Liegenschaftszinssatz (s.u.) multipliziert wird. Die Differenz aus Reinertrag und Bodenwertanteil ist der Gebäudewertanteil. Dieser wird für die Restnutzungsdauer des Gebäudes ebenfalls unter Ansatz des Liegenschaftszinssatzes kapitalisiert (Barwertberechnung); das Ergebnis ist der Gebäudewert. Durch Addition des Bodenwertes (der im Sinne des Ertragswertverfahrens auch als Barwert einer ewigen Bodenrente angesehen werden kann) und des Gebäudewertes mit erforderlichen Zu-/Abschlägen sowie ggf. Abzug von Abbruchkosten ergibt sich der Ertragswert des Grundstücks.

Bewertungsansätze

Der Ablauf der Ertragswertermittlung eines Pflegeheims folgt wie auch schon zuvor beschrieben dem klassischen und in der Literatur gängigen Ablauf. Jedoch stellt die Ermittlung der Parameter andere Herausforderungen dar als bei Wohn- oder Büroimmobilien üblich. Weiterhin sind in der Bewertung auch die je Bundesland abweichenden gesetzlichen Anforderungen zu beachten. Hierbei handelt es sich um Vorgaben zu Einzel- und Doppelzimmer-/Zahl bzw. einer maximalen Platzzahl je Objekt.

Rohertrag

Anders als bei Büro- oder Wohnimmobilien sind klassische Marktmieten (€/m² und Monat) für Pflegeheime kaum verfügbar. Zwar findet man immer wieder „typische“ Bandbreiten von 5,00 bis 15,00 € je m² und Monat, jedoch ist die exakte nachhaltige Miete anhand mehrerer Kriterien zu bestimmen. Vielmehr spielen bei Pflegeheimen ähnlich wie bei Hotelimmobilien die Wirtschaftlichkeit, aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingen eine besondere Rolle bei der Ermittlung des nachhaltigen Rohertrags. Sofern ein Pachtvertag mit einem externen Pächter vorliegt, ist dieser in der Bewertung zu berücksichtigen. Gleichwohl muss geprüft werden, ob dieser Pachtvertrag die Marktverhältnisse widerspiegelt, der Pächter die Miete wirtschaftlich erzielen kann und die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten sind. Die Pachtverträge in Pflegeheimen werden heutzutage kaum noch unter einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen; häufig werden Laufzeiten von bis zu 25 Jahren beobachtet. Außerdem werden wie in klassischen Gewerbemietverträgen ebenfalls üblich Wertsicherungsklauseln oder Staffelmieten vereinbart.20Vgl. HypZert, Bewertung von Objekten des Betreuten Wohnens sowie Bewertung von Pflegeheimen (2018) S. 149.

Miete anhand der Investitions-Kosten (gesetzliche Rahmenbedingungen)

Der Tagessatz bzw. das monatliche Entgelt in Pflegeheimen setzt sich grundsätzlich aus drei Bestandteilen zusammen, die die Kosten für die folgenden Leistungen umfassen:21Vgl. Ulrich, Verkehrs- und Beleihungswertermittlung von Pflegeheimen GuG 4/2005.

  • Allgemeiner Pflegeanteil (Pflegeleistungen): Dieser Teil des Tagessatzes variiert entsprechend der Pflegegrade und finanziert die Pflegeleistungen im engeren Sinne (pflegebedingte Aufwendungen wie z.B. die Vergütung des Pflegepersonals). Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für diesen Kostenblock bis zum jeweiligen Höchstbetrag je Pflegegrad, danach tragen die Bewohner selbst bzw. der Sozialhilfeträger die Kosten.

  • Unterkunft und Verpflegung (U + V): Hierunter fallen z.B. Kosten für die Haustechnik und die Gartenpflege sowie die zweite Hälfte der Betriebskosten, aber auch die Kosten für die Vollverpflegung und Getränke. Dieser Kostenblock wird durch die Bewohner selbst bzw. die Sozialhilfeträger getragen.

  • Investives Entgelt (Investitionskosten, I-Kosten): Dieser Kostenanteil umfasst u.a. die Finanzierungs- und Instandhaltungskosten der Gebäude, Anlagen sowie die Pacht.

Die Tagessätze sind von Heim zu Heim verschieden und werden im Versorgungsvertrag festgelegt; dieser Vertrag wird zwischen dem Träger der Einrichtung (Betreiber) und den Pflegekassen (im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe) abgeschlossen.

Vom Gutachter ist zu beurteilen, ob die Vorgaben gem. § 82 SGB XI eingehalten werden. Hierin wird festgelegt, dass aus den Kostenblöcken Pflegeleistungen und U + V keine Aufwendungen bedient werden dürfen, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude oder Einrichtungen bestimmt sind; hierunter fallen insbesondere die Miete bzw. Pacht für die Immobilie und die Kosten für das Grundstück. Der Betreiber darf nach § 82 SGB XI die zu zahlende Pacht also ausschließlich aus dem dritten Kostenblock (Investitionskosten) erwirtschaften, ansonsten liegt eine unerlaubte Quersubventionierung vor, welche gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB XI verstößt.22Vgl. Nikolaos Tavridis (2006), S. 28.

Sind im Pachtvertrag Wertsicherungsklauseln vereinbart, muss darauf geachtet werden, dass die Pacht auch nach einer Mieterhöhung noch durch die I-Kosten gedeckt wird. Zudem ist bei der Festlegung der Pacht darauf zu achten, dass die I-Kosten häufig zwischen Selbstzahlern und Sozialhilfeempfängern variieren. Bei der Bewertung muss ein typisches Verhältnis von Selbstzahlern und Sozialhilfeempfängern im Heim zugrunde gelegt werden, um auf diese Weise sachgerechte durchschnittliche I-Kosten für die Ermittlung der Miete heranzuziehen. Die I-Kosten als Bestandteil des Pflegesatzes werden zwischen dem Betreiber der Pflegeeinrichtung und dem Träger der Sozialhilfe vereinbart. Der Betreiber der Pflegeeinrichtung ist bemüht, seine Pachtzahlungen voll in der Investitionskostenkalkulation unterzubringen (vielleicht auch etwas mehr) während der Sozialhilfeträger bestrebt ist, möglichst geringe I-Kosten zu vereinbaren.23Vgl. HypZert, S. 151.

Sofern vom Pflegeheim keine außergewöhnlichen sonstigen Erträge/Umsätze realisiert werden, dienen die Investitionskosten als guter Anhaltspunkt für eine marktübliche Miete bzw. als erste Plausibilisierung der aktuellen Ist-Miete. Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes oder Marktwertes können in einzelnen Fällen auch Mietmehrerträge (Pachtzahlungen oberhalb der I-Kosten) berücksichtigt werden. Hier ist darauf zu achten, dass der Betreiber zum einen über eine sehr gute Bonität verfügt und zum anderen entweder sonstige Erträge generiert, die Differenz (overrent-Betrag) mit Überschüssen aus anderen Institutionen des Unternehmensverbundes bzw. durch Einsatz von Eigenkapital ausgleicht.24Vgl. HypZert, S. 153.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in der Investitionskostenumlage auch Kosten für die Heimerstausstattung enthalten sind. Dieser Anteil ist im Rahmen der Wertermittlung der Immobilie nicht zu berücksichtigen, entsprechend ist die Investitionskostenpauschale als Umsatzbestandteil zu kürzen. Erfahrungssätze für solche Kürzungen des investiven Entgelts am Pachterlös belaufen sich auf 10 % bis 30 % der Investitionskosten25Vgl. Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 10. bzw. 1,30 bis 1,70 € je Bett und Tag.26Vgl. HypZert, S. 154. Betragen die I-Kosten z.B. 18,00 € je Tag und Bett (bereits unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Selbstzahlern und Sozialhilfeempfängern), ergäbe sich bei einer unterstellten Auslastung von 90 % und 100 Betten ein Betrag von 591.300 € je Jahr. Nach Abzug der angenommenen Kosten für die Erstausstattung von 10 %, ergibt sich eine marktübliche jährliche Pacht für das Pflegeheim von 532.170 €. Der Abzug für Heimausstattung beträgt rd. 1,62 € je Bett und Tag und liegt damit ebenfalls in der marktüblichen Bandbreite.

Die I-Kosten schwanken je nach Bundesland; typische I-Kosten für Bewohner nach SGB XII (ohne Förderung) betragen rund 10,00 bis 25,00 € je Bett und Tag.27Vgl. HypZert, S. 146. Niedrige I-Kosten sind häufig ein Indiz dafür, dass es sich um ein älteres Pflegeheim handelt, bei dem bereits seit langer Zeit keine umfangreichen baulichen Maßnahmen mehr durchgeführt wurden.

Miete anhand des Umsatzes (Wirtschaftlichkeit)

Neben der zuvor beschriebenen Ermittlung bzw. Plausibilisierung der Pacht über die I-Kosten sollte ein Gutachter in jedem Fall die Pacht anhand eines Pachtsatzes vom Umsatz überprüfen. Typische Pachtanteile am Umsatz bei Pflegeheimen (nicht öffentlich gefördert) liegen in der Regel zwischen 12 % und 18 %.28Vgl. auch Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 11. So werden z.B. Pachtzinssätze am oberen Ende der Bandbreite eher realisiert und vereinbart, sofern der Betreiber selber nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an den Kosten für die Marktgängigkeit und Aufrechterhaltung des Gebäudes zu tragen hat. Bei double oder triple net-Verträgen hingegen sind eher geringe Pachtanteile üblich.

Um eine nachhaltige Pacht anhand eines Jahresumsatzes zu bestimmen, sollten idealerweise Vergangenheitszahlen, aber auch Planungen für die kommenden Jahres seitens des Betreibers vorgelegt werden. Diese Zahlen sind dann anhand von benchmarks durch den Gutachter kritisch zu prüfen. Auf die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (z.B. typischer Anteil von Personalkosten etc.) soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.

Gleichwohl sollte eine überschlägige Ermittlung bzw. Plausibilisierung des Umsatzes seitens des Gutachters auf Basis der Verteilung der Pflegegrade, der Tagessätze, der nachhaltig angenommenen Auslastung und sonstiger außerordentlicher Faktoren (z.B. Einkünfte aus Einzelzimmerzuschlägen) (s. Tab. 1).

Tabelle 1: Beispielrechnung, eigene Darstellung.

Bewirtschaftungskosten

Bewirtschaftungskosten im Rahmen der Wertermittlung von Pflegeheimen setzen sich wie auch bei herkömmlichen gewerblichen Immobilien aus Kosten für laufende Instandhaltung, Verwaltungskosten und Mietausfallwagnis zusammen. Für die Verwaltungskosten wird in der Literatur häufig eine Bandbreite von 1 bis 3 % des Jahresrohertrags für gewerbliche Immobilien angegeben. Es sollte berücksichtigt werden, dass seitens des Eigentümers häufig aufgrund des bestehenden (langfristigen) Pachtvertrags nur ein sehr geringer Verwaltungsaufwand besteht; bei Triple-Net-Verträgen sind die Verwaltungskosten sogar vollständig vom Betreiber zu tragen. Ferner sind die Kosten für den Betrieb des Heims bereits teilweise in den Pflegekosten enthalten.29Vgl. Ulrich (2005), S. 211. Bei Pflegeheimen werden daher die Verwaltungskosten häufig mit einem Satz am unteren Ende der Bandbreite zwischen 1 % und 1,5 % bemessen.30Vgl. auch Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 11.

Beim Ansatz der Kosten für laufende Instandhaltung spielen insbesondere der (bauliche) Zustand, das Alter und die Nutzung des Objektes eine entscheidende Rolle. Häufig werden bei Pflegeheimen double- oder triple-net-Pachtverträge vereinbart, bei denen der Mieter den Großteil der Kosten für laufende Instandhaltung trägt. Üblicherweise werden die Kosten für laufende Instandhaltung bei Pflegeheimen zwischen 10,00 und 12,00 € je m² bemessen; bei vermieterfreundlich ausgestalteten Pachtverträgen sind auch geringere Ansätze durchaus üblich.31Vgl. auch Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 11.

Hinsichtlich des Mietausfallwagnisses wird häufig ein Mindestansatz von 4 % für gewerbliche Immobilien vorgeschlagen. Hierbei ist insbesondere die Bonität des Betreibers zu beurteilen. Die Nachhaltigkeit der Zahlungen der Bewohner wird an dieser Stelle nicht in Betracht gezogen; bestehende Leerstände sind in der angenommenen Auslastungsquote zu berücksichtigen. Bei einer unterstellten sorgfältigen Auswahl eines solventen Betreibers kann das Mietausfallwagnis entsprechend gering angesetzt werden. Insgesamt ist eine Spanne der Bewirtschaftungskosten zwischen 10 % bis 20 % als üblich anzusehen.32Vgl. auch Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 12.

Nutzungsdauer

Die Nutzungsdauer eines Pflegeheims ist insbesondere unter Berücksichtigung der ständig wachsenden Anforderungen des Marktes (z.B. Einzelzimmerquoten und Größe) und der rechtlichen Erfordernisse ständig auf dem neuesten Stand zu halten. Zudem ist die intensive Inanspruchnahme der Immobilie zu berücksichtigen. Diese Faktoren haben zur Folge, dass sich die potenzielle Nutzungsdauer eines Pflegeheims in den vergangenen Jahren stark verringert hat. In der Bewertungspraxis geht man von Gesamtnutzungsdauern für Pflegeheime von 40 bis maximal 60 Jahren aus.33Vgl. auch Der Immobilienbewerter 6/2014, S. 12.

Liegenschaftszinssatz

Der Liegenschaftszinssatz ist das Maß für die durchschnittliche marktübliche Verzinsung des in einer Liegenschaft gebundenen Kapitals. Er enthält einen (risikofreien) Basiszinssatz und Risikozuschläge und ist darüber hinaus ein Maß für künftig erwartete Wertsteigerungen. In der Wertermittlungspraxis wird er jedoch überwiegend nicht kumulativ, sondern deduktiv auf Basis von Marktanalysen ermittelt.

Der Liegenschaftszinssatz eines Pflegeheims ist u.a. abhängig von den Lagemerkmalen, der Pachthöhe und der Ausgestaltung des Pachtvertrags sowie vom Alter bzw. Zustand der Immobilie. In der Fachliteratur wird für anzusetzende Liegenschaftszinssätze für Pflegeheime eine Spanne von 4,5 % bis 8,5 % genannt (HypZert: 4,5 % bis 7,0 % für Pflegeimmobilien bzw. Kleiber, 6,0 % bis 8,5 % für Sozialimmobilien). Darüber hinaus weist die BelWertV einen Kapitalisierungszinssatz i.H.v. 6,5 % bis 8,5 % aus. In der Bewertungspraxis empfiehlt es sich auch den angesetzten Liegenschaftszinssatz über den ermittelten Verkehrswert mithilfe marktüblicher Nettoanfangsrenditen zu plausibilisieren (CBRE Spitzen-Nettoanfangsrenditen für Pflegeimmobilien 4,75 % in Q 2/2019).34Vgl. CBRE, Snapshot – Deutschland Gesundheitsimmobilien, 2019.

Vervielfältiger für Neubauten und mit einem renommierten Betreiber erreichen im Maximum bereits heute das 20- bis 21-fache. Typische Vervielfältiger liegen oftmals darunter, wobei die die Höhe maßgeblich von der Dauer des Pachtvertrags, dem baulichen Zustand und der Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse abhängig ist.

Zusammenfassung

Der Artikel gibt einen Überblick zur Einordnung und Bewertung von Pflegeimmobilien im Rahmen der Internationalen Finanzberichterstattung. In den meisten Fällen wird es sich in der Praxis um Bilanzierung nach IAS 40 (Investment Properties) handeln. Im Ergebnis wird gemäß IFRS 13 der beizulegende Zeitwert für Pflegeimmobilien aufgrund unzureichender Vergleichstransaktionen und dem speziellen Betreiberkonzept entsprechend Stufe 3 mittels eines ertragsorientierten Bewertungsverfahrens, dem Ertragswertverfahren oder DCF-Verfahren ermittelt werden. Aufgrund der Besonderheiten der Spezialimmobilie „Pflegeheim“ ist bei der Wertableitung mittels Ertragswertverfahren die wesentliche Herausforderung neben der Ermittlung einer kalkulatorischen Pacht die Ableitung eines risikoadäquaten Liegenschaftszinssatzes. Die angemessene nachhaltige Pacht wird über Investitionskosten abgeleitet bzw. plausibilisiert und anhand des nachhaltigen Umsatzes zusätzlich überprüft. Der Liegenschaftszinssatz wird in der Praxis oftmals durch am Markt beobachtbare Nettoanfangsrenditen iterativ zu plausibilisieren sein. Während in den vergangenen Jahren kaum Marktdaten beobachtbar waren, sind inzwischen aufgrund des stark wachsenden Interesses an der Asset-Klasse und den damit verbundenen stark gestiegenen Transaktionsvolumina Vergleichsdaten in Transaktionsdatenbanken (z.B. RCA) oder Marktberichten zunehmend verfügbar.

Julia Sacchi, MBA ist Prokuristin im Bereich Advisory Real Estate bei PricewaterhouseCoopers in Berlin. julia.sacchi@pwc.com

Prof. Dr. Florian Hackelberg, MRICS ist Professor für Immobilienbewertung an der HAWK in Holzminden. florian.hackelberg@hawk.de