VERIS - Entscheidungen  Vergabekammern  Bund  VK Bund  2019 

VK Bund, Beschluss vom 13.02.2019, VK 2 - 118 / 18

(Bieter obsiegt)
Stichworte:Änderungen der Auftraggeberanforderungen, Konzeptbewertung, Begründetheit des Nachprüfungsantrages

Leitsatz (redaktionell):

1. Ein Nachprüfungsantrag ist auch dann zulässig, wenn das Angebot des Antragstellers zwar nach den Feststellungen des Auftraggebers aufgrund des Preisabstandes keine Chance auf den Zuschlag hat, aber eine solche Chance nicht auszuschließen ist, weil der Antragsteller einen noch aufzuklärenden ungewöhnlich niedrigen Preis des für den Zuschlag vorgesehenen Angebotes geltend macht.

2. Verlangt der Auftraggeber den Nachweis, dass eine die Nachunternehmerverpflichtungserklärung unterzeichnende Person Vertretungsmacht hat, ist dies keine Angebotsänderung, sondern eine schlichte Angebotsaufklärung.

3. Auch im Fall eines möglicherweise unangemessen niedrigen Preises kann eine Aufklärung beim Bieter unterbleiben, wenn der Auftraggeber aufgrund anderweitig gesicherter Erkenntnis zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot des Bieters sei nicht ungewöhnlich niedrig. Hierzu kann der Auftraggeber insbesondere bereits mit dem Angebot und dem darin enthaltenen wirtschaftlichen Konzept vorgelegtes Zahlenmaterial verwenden.

4. Erkennt ein Auftraggeber, dass eine von ihm ursprünglich aufgestellte Forderung unverhältnismäßig ist, kann er diese noch während des Verfahrens absenken und abschwächen.

5. Unterlässt es der Auftraggeber allerdings, diese Änderung allen Bietern mitzuteilen, so kann sich ein nicht informierter Bieter darauf berufen, er habe diese Änderung nicht bei seiner Preisgestaltung berücksichtigen können.

6. In diesem Fall ist der Nachprüfungsantrag auch dann begründet, wenn der Antragsteller einen noch bestehenden Preisabstand durch die mit der Änderung möglich gemachten neuen Kalkulation überwinden kann.

7. Bei dem vom Auftraggeber verlangten Finanzierungskonzept greift aufgrund der Nähe dieses Konzeptes zur Eignung eine Analogie des in § 45 Abs. 5 VgV normierten Rechtsgedankens, dass der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch auf anderem Weg als über den vom Auftraggeber vorgegebenen erfolgen kann, wenn ein berechtigter Grund hierfür vorliegt.

8. Verlangt der Auftraggeber für den Fall der Auftragsdurchführung eine bestimmte Erfolgsquote, muss er für die prognostische Einschätzung der Einhaltung dieser Quote wirklich alle Aufklärungsmöglichkeiten ausschöpfen. Konkret hätte der Auftraggeber ein abschließendes Aufklärungsgespräch über von ihm als nicht plausibel und nicht widerspruchsfrei angesehene Punkte führen müssen.

9. Ist nicht auszuschließen, dass ein Bieter zwar eine Anforderung des Auftraggebers erfüllt, aber in seinem Konzept nicht exakt die Worte gewählt hat, die der Auftraggeber sich vorstellt, muss dies durch ein Aufklärungsgespräch geklärt werden.

10. Rühren etwaige Missverständnisse aus einem finalen Angebot, steht einem Aufklärungsgespräch nicht entgegen, dass vor der Abgabe dieses finalen Angebotes Verhandlungsgespräche geführt wurden.

11. Wird ein Verstoß gegen das Vergaberecht festgestellt, ist ein Nachprüfungsantrag nur dann unbegründet, wenn gänzlich auszuschließen ist, dass es durch diesen Verstoß zu einer Beeinträchtigung der Auftragschancen des jeweiligen Antragstellers gekommen ist.

Entscheidungstext:

In dem Nachprüfungsverfahren,

pp.

wegen der Vergabe XXX hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Herlemann, den hauptamtlichen Beisitzer Regierungsdirektor Dr. Brauser-Jung und die ehrenamtliche Beisitzerin Bachmann auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2019 am 13. Februar 2019 beschlossen:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht wird der Antragsgegnerin aufgegeben, das Vergabeverfahren entsprechend der Rechtsauffassung der Vergabekammer zurückzuversetzen.

2. Antragsgegnerin und Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) gesamtschuldnerisch sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin je zur Hälfte.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Gründe

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte mit Bekanntmachung vom XXX einen im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zu vergebenden Lieferauftrag XXX bekannt. Konkret handelt es sich laut Ziffer II.1.4) der Bekanntmachung („Kurze Beschreibung“) um XXX. Die technische Lösung soll die XXX. Zu den Leistungspflichten gehören zwei verschiedene Elemente:

- einmal die XXX

- und des Weiteren die Lieferung von XXX

Gegenstand der vorliegenden XXX sind ausschließlich XXX

Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs wurden, wie bereits in der Bekanntmachung vorgesehen, drei geeignete Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert, darunter die Antragstellerin (ASt) sowie die Beigeladene (Bg).

Die Vergabeunterlagen für die finalen Angebote bestehen ausweislich der Bewerbungsbedingungen, dort S. 5 f., aus einer Reihe einzureichender Formblätter, darunter soweit relevant für das vorliegende Nachprüfungsverfahren:

- Formblatt 4: Verpflichtungserklärung des Unterauftragnehmers,

- Formblatt 6: Preisblatt,

- Formblatt 7: Wirtschaftliches Konzept,

- Formblatt 8: Gesamtkonzept,

- Formblatt 9 a: Angaben zum Nachweis der Erfüllung der Mindestanforderungen im Gesamtkonzept,

- Formblatt 9 b: Eigenerklärungen über das Einhalten von Mindestanforderungen.

Zu jedem Formblatt machen die Bewerbungsbedingungen ausführliche Vorgaben und geben Erläuterungen, was im Einzelnen durch die Bieter darzulegen war. Bei Formblatt 7, dem wirtschaftlichen Konzept des Bieters, ist vorgesehen, dass der Bieter u.a. ein Finanzierungskonzept (Ziffer 6.8.4 der Bewerbungsbedingungen) einzureichen hat. Auf S. 30 – 32 der Bewerbungsbedingungen wird spezifiziert, was das wirtschaftliche Konzept enthalten muss:

„Das wirtschaftliche Konzept enthält ein Finanzierungskonzept, in dem der Bieter erläutert, wie die im Rahmen der Leistungserbringung entstehenden und in Ziffer 6.8.3 abgeschätzten Finanzmittelbedarfe gedeckt werden. Bei Bietergemeinschaften ist jeweils getrennt auf die einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft einzugehen.

[...]

Im Rahmen des Finanzierungskonzepts muss der Bieter darlegen, welche Finanzierungsinstrumente, z.B. Darlehen, er zur Deckung des erwarteten Finanzmittelbedarfs verwenden wird.

Der Bieter muss Finanzierungszusagen für den gesamten sich aus der Planungsrechnung ergebenden Mittelbedarf bis XXX vorlegen. In Bezug auf Finanzierungsquellen, die vom Fremdkapitalgeber während der Vertragslaufzeit fällig gestellt werden können, muss der Bieter für den entsprechenden Mittelbedarf zusätzlich alternative Finanzierungszusagen bis zur Übergabe XXX vorlegen. Es sind – sofern einschlägig – folgende Anlagen beizufügen:

- Finanzierungszusagen der Fremdkapitalgeber:

Sofern nach dem Finanzierungskonzept des Bieters die Einbindung von Fremdkapital vorgesehen ist, muss der Bieter vom jeweiligen Fremdkapitalgeber unterzeichnete verbindliche Finanzierungsbestätigungen mit zugehörigen Term Sheets (Finanzierungseckdaten) für das gesamte Fremdkapital einreichen.

Die Term Sheets sind von den jeweiligen Kapitalgebern aufzustellen und als Anhang des Finanzierungskonzeptes vorzulegen. Die Term Sheets müssen von den jeweiligen Fremdkapitalgebern und dem Bieter unterzeichnet sein. Sie müssen mindestens folgende Informationen und Angaben enthalten:

- (Anm. der Vergabekammer: Auflistung von insgesamt 15 Informationen und Angaben, die der Bieter zu machen hat).

Die Term Sheets dürfen keine allgemeinen oder besonderen Gremienvorbehalte sowie keine Due Diligence-Vorbehalte oder sonstige Vorbehalte jeglicher Art beinhalten. Es dürfen auch keine Vorbehalte bezüglich der rechtlichen Due Diligence der Projektverträge mit den Fremdkapitalgebern bestehen. (...)

Um einen fristgemäßen Abschluss der Finanzierungsverträge erwarten zu können, müssen die Term Sheets konkrete abschließend verhandelte Finanzierungskonditionen und –bedingungen enthalten. Ein Term Sheet wird als abschließend verhandelt angesehen, wenn in diesem die beidseitige Bindungswirkung erklärt wird, und das Term Sheet anforderungsgemäß unterzeichnet ist.

(...)

- Finanzierungszusagen der Eigenkapitalgeber: (...)

- Innenfinanzierung:

Sofern nach dem Finanzierungskonzept des Bieters der Finanzmittelbedarf des Bieters oder der einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft durch vorhandene oder durch den „sonstigen“ Geschäftsbetrieb erwartete Finanzierungsmittel gedeckt ist, sind Erklärungen des Bieters oder der betreffenden Mitglieder der Bietergemeinschaft beizufügen, die eine ausreichende Innenfinanzierungskraft zur Umsetzung des Auftrags bestätigen und begründen.“

Folgende weitere, für das vorliegende Nachprüfungsverfahren relevante Vorgaben finden sich in den „Bewerbungsbedingungen für die Abgabe der Finalen Angebote“:

- Ziffer 5.1 „Form“ auf S. 17 f. der Bewerbungsbedingungen: Die Angebote waren ihrer Form nach schriftlich i.S.v. § 126 BGB einzureichen, wobei zusätzlich ein elektronischer Datenträger mit dem Angebot beizufügen war. Die Datei XXX war zusätzlich im bearbeitbaren Excel-Format auf einer CD-R oder DVD-R dem Angebot beizulegen. Das finale Angebot musste von einer für den Bieter zeichnungsberechtigten Person eigenhändig und rechtsverbindlich unterschrieben sein.

- Ziffer 6.1 auf S. 20 f. der Bewerbungsbedingungen: Mit dem finalen Angebot waren eine Reihe von im Einzelnen aufgelisteten Unterlagen einzureichen, darunter unter der Nr. 6 der „Checkliste Finale Angebote“ das Preisblatt sowie die ausgefüllte Datei XXX. Unter Ziffer 6.7 „Preisblatt-Formblatt 6“ auf S. 24 der Bewerbungsbedingungen wird zum Preisblatt zusätzlich ausgeführt, dass dieses dem Blatt 1 der Datei XXX entspricht.

- Die grundsätzlich funktional ausgestaltete Leistungsbeschreibung enthält neben Soll-Anforderungen, deren Erfüllung optional war und zum Erhalt qualitativer Punkte führte, 88 zwingend zu erfüllende bezeichnete „Muss“-Kriterien. Hierauf bezieht sich das Formblatt 9 a „Angaben zum Nachweis der Erfüllung von Mindestanforderungen im Gesamtkonzept“, wonach für die hier streitgegenständlichen Muss-Anforderungen in der Tabellenspalte „Nachweisführung“ darzulegen war, wie die Vorgabe realisiert werden soll. Dabei hatte die Darstellung der Nachweisführung „substantiiert, verständlich, plausibel und widerspruchsfrei“ zu sein, vgl. Ziffer 6.9 der Bewerbungsbedingungen. Relevant für das vorliegende Nachprüfungsverfahren sind folgende Muss-Kriterien, die sich auf XXX beziehen:

[...]

Zuschlagskriterien sind zu 70 % der Preis im Sinne einer fiktiven, nach vorher bekannt gegebenen Maßstäben aus den Preisblättern der Bieter errechneten fiktiven Wertungssumme und zu 30 % die Qualität, wobei die Qualität in gewichtete Unter- sowie Unter-Unterkriterien aufgeteilt ist (Blatt 39 ff. der „Bewerbungsbedingungen für die Abgabe der Finalen Angebote“). Die Qualitätskriterien sind in drei Unterblöcke aufgeteilt, die sämtlich technischer Art sind (Realisierung der technischen Lösung, Erkennungsqualität der technischen Lösung, Instandhaltung und Anpassung der technischen Lösung). Insgesamt sind maximal 10.000 Punkte erzielbar (7000 Preis-, 3000 Qualitätspunkte).

Alle drei Bieter reichten fristgerecht ihre Erstangebote ein.

Im Zeitraum zwischen dem 20. August 2018 und dem 12. September 2018 fanden mit jedem der drei Bieter jeweils drei Verhandlungsgespräche auf der Basis der Erstangebote statt; es war ein 30-Minuten-Zeitraum für die Präsentation der Angebote durch die Bieter vorgesehen. Die Verhandlungsgespräche erfolgten unter Einbeziehung der Ziffer 3.12 der Bewerbungsbedingungen Finale Angebote (dort S. 13) benannten Berater der Ag; für die technische Beratung bei Auswertung der Angebote war dies u.a. durch der XXX. Nach Abschluss der Verhandlungsphase reichten alle drei Bieter finale Angebote ein.

Im Rahmen der Auswertung der Angebote von ASt und Bg ergaben sich aus Sicht der Ag folgende Problemkreise, welche die Ag zu weiteren Rückfragen mit folgenden Ergebnissen verlasst haben:

a) Angebot der Bg sowie Rückfragen der Ag:

- Erstes Aufklärungsschreiben vom 22. November 2018:

Die Ag forderte die Bg mit Schreiben vom 22. November 2018 unter Fristsetzung bis zum 27. November 2018 auf, aufzuklären, ob die Person, die das Formblatt 4 („Verpflichtungserklärung des Unterauftragnehmers“) unterzeichnet hatte, Vertretungsmacht hatte. Des Weiteren forderte die Ag in diesem Schreiben die Nachreichung der vollständigen und ausgefüllten Datei XXX, die dem Angebot der Bg nicht beigelegen hatte. Die Ag behielt sich weitere Aufklärungen bzw. die Nachforderung weiterer Unterlagen vor.

Die Bg antwortete fristgerecht mit Schreiben vom 26. November 2018. Sie bestätigte, dass die Person, die das Formblatt 4 unterzeichnet hatte, über eine ordnungsgemäße Vertretungsmacht des Nachunternehmers verfüge. Ferner fügte die Bg die vollständige und ausgefüllte Datei XXX auf einem Datenträger bei.

- Zweites Aufklärungsschreiben vom 4. Dezember 2018:

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 erging ein weiteres Aufklärungsschreiben der Ag an die Bg unter Fristsetzung bis 13. Dezember 2018. Die Ag bat hier u.a. um Erläuterung zum Finanzierungskonzept der Bg. Hintergrund war, dass dem finalen Angebot der Bg als Anlage zu ihrem Finanzierungskonzept ein Term Sheet einer Bank beigefügt war, auf dem vermerkt ist, dass das Darlehen unter einem bestimmten, dort näher dargelegten Vorbehalt steht und dass sich hieraus weitere Bedingungen, Auflagen oder Voraussetzungen für die Darlehensgewährung ergeben können. Die Ag forderte die Bg zur Erläuterung auf und verlangte die Einreichung einer verbindlichen Finanzierungszusage seitens der finanzierenden Bank; als Alternative solle die Bg nachweisen, dass einer positiven Entscheidung der finanzierenden Bank über die Kreditgewährung keine Hindernisse entgegenstünden. Für den Fall, dass auf eine Finanzierung durch Aufnahme von zusätzlichem Eigenkapital oder auf eine Innenfinanzierung zurückgegriffen werden solle, seien die in Ziffer 6.8.4 der Bewerbungsbedingungen aufgelisteten Nachweise einzureichen.

Die Bg antwortete fristgerecht am 13. Dezember 2018 und teilte mit, dass sie an ihrem im Angebot vorgesehenen Finanzierungskonzept festhalte. Ferner reichte die Bg eine Erklärung der moderierenden Bank ein, wonach die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung seitens der finanzierenden Bank gegeben seien. Ferner machte die Bg Ausführungen zu alternativ bestehenden Fremdfinanzierungsmöglichkeiten bzw. hilfsweise auch zur Innenfinanzierung.

- Drittes Aufklärungsschreiben vom 14. Dezember 2018:

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 teilte die Ag der Bg mit, dass sich bezüglich des Aufklärungsschreibens der Bg vom 13. Dezember 2018 weiterer Aufklärungsbedarf ergeben habe; die Bg wurde aufgefordert, bis zum 17. Dezember 2018 bestimmte, im Einzelnen benannte Unterlagen einzureichen. Die Bg reagierte fristgerecht hierauf mit Schreiben vom 17. Dezember 2018.

- Bewertung seitens der Ag im Vergabevermerk, S. 3ff.:

Zur formalen Vollständigkeit des Angebots wird festgehalten, dass diese infolge der Beantwortung und Nachlieferung als Reaktion auf das erste Aufklärungsschreiben vom 22. November 2018 gegeben sei.

Zur fachlichen Richtigkeit (Aufklärungsschreiben vom 4. Dezember 2018) hält die Ag fest, dass die Bg keine Bestätigung der darlehensgebenden Bank eingereicht habe, dass letztendlich keine im Sinne der Bewerbungsbedingungen ausreichenden Nachweise über alternative Finanzierungsmöglichkeiten eingereicht worden seien, dass die Bg jedoch mit Nachweis ihrer Liquidität einen ausreichenden Finanzierungsnachweis erbracht habe, so dass sich aus dem Fehlen der Nachweise keine Konsequenzen ergäben. Die technische Prüfung habe ergeben, dass die Bg die Erfüllung sämtlicher Muss-Anforderungen nachgewiesen habe.

- Außerdem setzte sich die Ag ausweislich des Vergabevermerks (dort S. 5 ff.) ausführlich mit dem fiktiven Wertungspreis der Bg auseinander und prüfte diesen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass eine Aufklärung mit der Bg nicht erforderlich sei; Anhaltspunkte dafür, dass die fiktive Wertungssumme der Bg ungewöhnlich niedrig sei, lägen nicht vor.

b) Angebot der ASt sowie Rückfragen der Ag:

Ebenfalls mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 teilte die Ag auch der ASt mit, dass sich in Bezug auf ihr finales Angebot Aufklärungsbedarf ergeben habe. In Bezug auf die vorliegend streitgegenständlichen Muss-Anforderungen A32, A33, A53, A55 forderte die Ag die ASt in diesem Schreiben, das einen Fragenkatalog enthielt, auf, die Nachweisführung zu erläutern, teilweise zu ergänzen und behielt sich weitere Aufklärungen vor. Die ASt antwortete fristgerecht mit Schreiben vom 13. Dezember 2018.

Im Vergabevermerk (S. 2) wird festgehalten, dass das Angebot der ASt die Erfüllung der Muss-Anforderungen A32. A33, A53 und A55 trotz den Aufklärungsversuchen der Ag nicht nachgewiesen habe. Daher sei das Angebot mangels Erfüllung sämtlicher Muss-Anforderungen auszuschließen. Es wird für die Begründung dieser Entscheidung im Einzelnen auf das detaillierte Prüfdokument XXX vom 18. Dezember 2018 verwiesen.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2018 nach § 134 GWB wurde die ASt dahin informiert, dass ihr Angebot nicht den Zuschlag erhalten solle, da es wegen Nichterfüllung der Muss-Kriterien A32, A33, A53 und A55 auszuschießen gewesen sei, was im Einzelnen näher begründet wird. Selbst für den Fall der Erfüllung aller Mindestanforderungen könne das Angebot der ASt aber nicht den Zuschlag erhalten, da es auch bei einer hypothetischen Wertung anhand der Zuschlagskriterien nicht das wirtschaftlichste Angebot sei. Zum wirtschaftlichsten Angebot, das die für den Zuschlag vorgesehene Bg abgegeben habe, bestehe ein Abstand von mehr als 5400 Wertungspunkten.

Die ASt rügte mit Schreiben vom 24. Dezember 2018 den Ausschluss ihres Angebots mit ausführlicher Begründung sowie des Weiteren die vorgesehene Zuschlagserteilung an die Bg, da das Angebot der Bg – wie aus der von der Ag mitgeteilten hypothetischen Wertung, wonach ein Vorsprung der Bg von 5400 Punkten gegeben sei, erkennbar werde – unauskömmlich sein müsse.

Die Ag reagierte mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 auf die Rüge und lehnte eine Abhilfe mit näherer Begründung im Einzelnen ab. Am selben Tag fand zwischen Ag und ASt eine Videokonferenz statt.

2. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Dezember 2018 stellte die ASt einen Nachprüfungsantrag, welcher der Ag am selben Tag übermittelt wurde.

a) Im Rahmen der Zulässigkeit hält die ASt ihre Antragsbefugnis für gegeben. Ihr Auftragsinteresse ergebe sich schon aus der Angebotsabgabe. Die hypothetische Wertung des Angebots der ASt stehe der Antragsbefugnis nicht entgegen, da das Vergabeverfahren aufgehoben werden müsse, wenn die Meinung der Ag bezüglich einer fehlenden Plausibilisierung der Muss-Anforderungen zuträfe. In diesem Fall würde es an klaren Kriterien fehlen und es käme nicht mehr darauf an, ob die ASt bei einer hypothetischen Wertung den Zuschlag erhielte.

In der Sache trägt die ASt vor, dass die Testdaten aus dem seitens der ASt als Referenzsystem herangezogenen XXX entgegen der Auffassung der Ag übertragbar seien auf die vorliegende Problemstellung, weil XXX

Insgesamt habe die ASt ein wertbares Angebot abgegeben, wofür die ASt sich zum Beweis auf Sachverständigengutachten beziehe.

Soweit die Ag im Rügeantwortschreiben vom 19. Dezember 2018 bezüglich der Nachweisführung im finalen Angebot der ASt mitteile, dass diese als nicht plausibel und als nicht widerspruchsfrei zu werten und das Angebot daher auszuschließen sei, so teile die Ag nicht mit, auf welche Aufklärung sie sich beziehe. Nach Vorlage der Erstangebote habe es Gespräche gegeben, welche die Ag veranlasst hätten, finale Angebote einzufordern. Hier könne es somit keinen Aufklärungsbedarf gegeben haben. Dem Aufklärungsersuchen vom 4. Dezember 2018 habe die ASt fristgerecht entsprochen. Weiteren Aufklärungsbedarf habe die Ag nicht gehabt. Da die Ag sich im Schreiben vom 4. Dezember 2018 weitere Aufklärung vorbehalten habe, sei es ihre Pflicht gewesen, weitere Aufklärung zu betreiben. Im Schreiben vom 19. Dezember 2018 lege die Ag nicht dar, welche konkreten Muss-Anforderungen nicht erfüllt seien sollten. Dies erkläre sich daraus, dass es eine solche Nichterfüllung von Muss-Anforderungen nicht gäbe. Die Angebote seien auch nach den Erstangeboten auf Grundlage einer funktionalen Leistungsbeschreibung ergangen; die Ag selbst habe keine Lösungen gehabt, sondern habe beabsichtigt, diese von den Bietern erarbeiten zu lassen, weswegen es auch XXX gegeben habe.

Was die hypothetische Wertung des Angebots der ASt anbelange, so müsse diese zwangsläufig unrichtig sein, wenn die Auffassung der Ag unrichtig sei, wonach das Angebot der ASt Muss-Kriterien nicht erfülle. Die Ag hätte dann einen unrichtigen Bewertungsmaßstab angewandt. Der Angebotspreis sei abhängig von dem Gesamtkonzept, das wiederum im Zusammenhang mit den Muss-Kriterien stehe.

Nach den Informationen, welche die Ag der ASt zur hypothetischen Wertung sowie zu den Wertungspunkten der Bg mitgeteilt habe, habe die ASt einen eklatanten Preisunterschied von ca. XXX zwischen dem Angebot der ASt und dem der Bg errechnet, und dies obwohl die Bg in ihrem Angebotspreis weitere, qualitativ höherwertige Leistungen als die ASt berücksichtigt haben müsse. Die Ag habe das Angebot der Bg daher in Bezug auf Qualität, aber auch auf Quantität (z.B. Anzahl der XXX) nach den Angaben der Ag um mehr als das Vierfache höher eingestuft, dies jedoch zu einem um mehr als ein Viertel niedrigeren Preis. Die Preisdifferenz sei noch größer, wenn man davon ausgehe, dass das Angebot des dritten Bieters noch über dem Angebotspreis der ASt gelegen habe. Bei dieser Sachlage habe es erheblichen Anlass dazu gegeben, eine Preisprüfung im Sinne einer Aufklärung der Wertungssumme der Bg durchzuführen. Nach der neueren Rechtsprechung sei der Auftraggeber verpflichtet, eine Aufklärung der Preise zu betreiben, um sicherzustellen, dass diese nicht unauskömmlich seien. Die in der Rechtsprechung entwickelten Aufgreifschwellen seien der Maßstab für den dem Auftraggeber zuzubilligenden Beurteilungsspielraum, ob eine Aufklärung stattzufinden habe.

Was die Wertbarkeit des Angebots der Bg anbelange, so sei die ASt unabhängig vom Vorliegen von Ausschlussgründen bei ihrem eigenen Angebot antragsbefugt, denn bei der Notwendigkeit eines Ausschlusses aller Angebote käme der ASt eine zweite Chance auf Abgabe eines neuen, dann mangelfreien Angebots zu; sie könne sich mit einem neuen, dann wertungsfähigen Angebot an einer neuen Ausschreibung beteiligen. Hier habe die Akteneinsicht ergeben, dass von den drei eingereichten finalen Angeboten auch das eines dritten, hier nicht verfahrensbeteiligten Bieters wegen Nichterfüllung der Mindestbedingungen ausgeschlossen worden sei, was nahe lege, dass die Anforderungen doch nicht so klar seien wie die Bg meine; dabei sei der ASt natürlich klar, dass es Mindestbedingungen gegeben habe, es habe aber keine Mindestbedingungen gegeben, die die ASt nicht erfüllt habe. Aus der Vergabeakte sei indes ebenfalls ersichtlich, dass das Angebot der Bg von der Wertung ausgeschlossen werden müsse:

- Aus dem „Vermerk Prüfung und Wertung der formalen Angebote“ ergebe sich, dass das Angebot der Bg unvollständig gewesen sei, da im Einzelnen benannte Reiter des XXX nicht vorhanden gewesen seien. Es sei bereits nicht ersichtlich, wie die Bg das Angebot ohne die Reiter abgegeben habe, da es sich bei dem XXX um ein unveränderbares, elektronisch einzureichendes Dokument handle; die Bg müsse das Dokument entweder nicht elektronisch eingereicht oder aber sonst verändert haben, was nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV zum Ausschluss von der Wertung führen müsse. Entgegen der Auffassung der Ag dürften diese Unterlagen auch nicht nach § 56 Abs. 3, 4 VgV nachgefordert werden, da die Wirtschaftlichkeitsbewertung und die Wertung ohne diese Reiter nicht möglich seien.

- Des Weiteren sei ausweislich des Vermerks ein Formblatt vorgelegt worden bei welchem die Vertretungsmacht des Unterzeichners nicht ersichtlich gewesen sei. Da nicht die Vertretungsmacht klargestellt worden sei, sondern eine Vollmacht vorgelegt worden sei, habe im Zeitpunkt der Vorlage des Formblatts kein wirksam unterzeichnetes Angebot vorgelegen. Solche Angebote seien nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV auszuschließen.

- Im Vermerk werde auch ausgeführt, dass es Unklarheiten im Finanzierungskonzept der Bg gegeben habe, die auch nach zweimaliger Aufklärung augenscheinlich nicht hätten ausgeräumt werden können. Laut Vermerk hätten die Erläuterungen der Bg nicht die Anforderungen der Bewerbungsbedingungen erfüllt:

- Hier läge einmal ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, indem der Bg eine ergänzende Aufklärungsmöglichkeit mit Fristsetzung bis 17. Dezember 2018 gegeben worden sei, wohingegen der ASt keine weitere Aufklärungsmöglichkeit gegeben worden sei. Die Videokonferenz vom 27. Dezember 2018 sei kein Aufklärungsgespräch in diesem Sinne gewesen. Die der Bg gesetzte Frist bis zum 17. Dezember 2018 mache im Übrigen deutlich, dass eine weitere Aufklärung auch bei der ASt nicht etwa aus zeitlichen Gründen unmöglich gewesen wäre.

- Nach Ziffer 6.1 der Bewerbungsbedingungen müssten die finalen Angebote die angeforderten Angaben und Unterlagen vollständig enthalten; vorgegebene Formblätter seien zwingend zu verwenden. Sowohl bei dem Preisblatt (Ziffer 6.7 der Bewerbungsbedingungen) als auch beim einzureichenden Finanzierungskonzept (Ziffer 6.8.4 der Bewerbungsbedingungen) handle es sich um zwingend vorzulegende Unterlagen. Ziffer 7 der Bewerbungsbedingungen sehe den Ausschluss von Angeboten vor, die nicht vollständig seien und nicht die in Ziffer 6 der Bewerbungsbedingungen vorgesehenen Anforderungen enthielten. Nach dieser Maßgabe hätte die Ag das Angebot der Bg ausschließen müssen, § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV.

Die ASt beantragt neben der Gewährung von Akteneinsicht,

1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens,

2. festzustellen, dass die ASt in ihren Rechten verletzt ist,

3. geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen,

4. hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat,

5. hilfsweise festzustellen, dass ein von der Ag mit der Bg geschlossener Vertrag unwirksam ist,

6. der Ag die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

7. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt für notwendig zu erklären.

b) Die Ag beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigen,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der ASt keine weitergehende Akteneinsicht zu gewähren, als zur Überprüfung der von ihr beanstandeten Wertung der Nichterfüllung der Muss-Anforderungen A32, A33, A53 und A55 notwendig ist, d.h. lediglich in die Unterlagen, in denen die Prüfung der genannten Anforderungen dokumentiert ist,

3. der ASt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Ag aufzuerlegen,

4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Ag für notwendig zu erklären.

Die Ag hält den Nachprüfungsantrag für teilweise unzulässig. An der Antragsbefugnis fehle es der ASt, soweit sie in einer nicht dem Begründungserfordernis des § 161 Abs. 2 GWB entsprechenden Weise behaupte, die Ag habe keine Muss-Kriterien vorgegeben und nicht mitgeteilt, welche Muss-Anforderungen die ASt nicht erfüllt habe. Diesem Vortrag fehle jede Begründung und er sei zudem offensichtlich falsch; der ASt sei der Nachweis nicht gelungen, dass ihr Angebot die Mindestkriterien erfülle. Ebenfalls nicht antragsbefugt sei die ASt bezüglich der hypothetischen Bewertung ihres Angebots, denn wegen Nichterfüllung von Muss-Kriterien sei das Angebot der ASt ausgeschlossen worden, so dass es der ASt verfahrensrechtlich verwehrt sei, die hypothetische Bewertung, die im Übrigen korrekt sei, zu beanstanden; es sei hier auch nicht ersichtlich, welches Verhalten der Ag die ASt überhaupt beanstande. Es bestünde auch kein Zusammenhang zwischen dem von der ASt aufgestellten Wertungsmaßstab und den Muss-Anforderungen. Das finale Angebot der ASt hätte, wäre es nicht ausgeschlossen worden, über 5.400 gewichtete Punkte weniger als das Angebot der Bg erhalten, was der ASt bereits in der Information nach § 134 GWB mitgeteilt worden sei. Auch dann, wenn das Angebot der ASt beim Qualitätskriterium die volle Punktzahl erhalten hätte, das Angebot der Bg dagegen keinen einzigen Punkt, so wäre immer noch ein Punkteabstand von über 2.000 Punkten zum Angebot der Bg gegeben. Der Vortrag der ASt zu einer möglicherweise unterlassenen Preisprüfung bezüglich des Angebots der Bg enthalte keine nachvollziehbaren Gründe, die den Vortrag als schlüssig erscheinen lasse, und erfülle daher ebenfalls nicht die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 GWB. Die Behauptung der ASt, wonach das Angebot der Bg als signifikant unauskömmlich anzusehen sei, stelle lediglich eine Mutmaßung dar. Soweit die ASt im Rügeschreiben und in den Vergabeunterlagen den Eindruck vermittle, dass sie eine vermeintliche Unklarheit der in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen geltend mache, so hätte sie diese ihr seit dem 12. Oktober 2018 bekannten Vergabeunterlagen spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe der finalen Angebote am 20. November 2018 rügen müssen, § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB; etwaige Unklarheiten hätte die ASt auch erkennen können. Die ASt sei hinsichtlich der beantragten Aufhebung des Vergabeverfahrens folglich präkludiert.

In der Sache habe das Gesamtkonzept der ASt keine ausreichenden Informationen enthalten, um die Erfüllung der Muss-Anforderungen A32, A33, A53 und A55 abschließend bewerten zu können. Auch das Aufklärungsschreiben der ASt vom 13. Dezember 2018 habe keinen Nachweis erbracht. Ein weiterer Erkenntnisgewinn infolge weiterer Aufklärungen sei nicht zu erwarten gewesen, so dass diese nicht zweckmäßig gewesen wären:

- Zu den Muss-Anforderungen durch die ASt trägt die Ag vor, dass diese schon in den Vergabeunterlagen eindeutig gewesen seien sowie transparent vorgegeben; im Zuge der Verhandlungsvorbereitung und -gespräche habe die Ag weitere Erläuterungen gegeben und es habe die Möglichkeit zu Bieterfragen bestanden. Zur Nichterfüllung der streitgegenständlichen Muss-Anforderungen durch das Angebot der ASt trägt die Ag Folgendes vor:

- XXX Rahmen der Nachweisführung sei darzustellen gewesen, wie die Bieter die Einhaltung dieses Mindestwerts sicherstellen wollten. In den Verhandlungen habe die Ag darauf hingewiesen, dass die Erfüllung von Muss-Anforderungen mit – wie hier – quantitativen Vorgaben empirisch oder analytisch nachzuweisen sei. Bei empirischer Nachweisführung seien die Rahmenbedingungen, unter denen die empirischen Daten gewonnen würden, sowie die Vergleichbarkeit dieser Rahmenbedingungen mit dem Ausschreibungsgegenstand darzulegen gewesen; analytische Nachweisführung habe prüfbar sein müssen, d.h. einem verständigen Dritten habe die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen nachvollziehbar demonstriert werden müssen.

Die ASt habe den geforderten Nachweis nicht erbracht und es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass die technische Lösung der ASt die geforderte XXX nicht erreichen werde. Am schwersten wiege dabei, dass die ASt zum Nachweis der Erfüllung der XXX in ihrem Angebot anführe, dass sie die XXX und ferner meine, die vorliegend von ihr angebotene technische Lösung würde diese XXX in gleicher Höhe erreichen. Diese Annahmen seien aber nicht plausibel, denn die ASt lasse außer Acht, dass die Ergebnisse eines XXX. Im Einzelnen:

[...]

- Eine Pflicht der Ag zur weiteren Aufklärung habe nicht bestanden, sie sei im Gegenteil nicht zulässig gewesen. Bereits im Anschluss an die Prüfung der Erstangebote sei die ASt auf Mängel bei der Nachweisführung zu den relevanten Kriterien hingewiesen worden. Am zweiten Verhandlungstag sei die Anforderung A32 intensiv diskutiert worden. Die Ag habe infolge der Verhandlungen die vier Anforderungen um zusätzliche Erläuterungen ergänzt. Da nach Prüfung der finalen Angebote die Erfüllung der vier Anforderungen im Angebot der ASt nicht festgestellt worden sei, habe die Ag der ASt mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 unter konkreter Formulierung der Aufklärungsfragen die Möglichkeit gegeben, Unklarheiten aufzuklären. Diese Möglichkeit habe die Ag allen Bietern eingeräumt. Mit der Antwort der ASt vom 13. Dezember 2018 hierauf habe die Ag die Anforderungen A32, A33, A55 und A57 abschließend als nicht erfüllt werten müssen. Eine Selbstbindung der Ag dahin, weitere Aufklärung betreiben zu müssen, durch den Passus im Schreiben der Ag vom 4. Dezember 2018, wonach weitere Aufklärungen vorbehalten blieben, bestehe nicht; dieser Passus habe sich nur auf weitere potentielle Unklarheiten bezogen. Auch aus Gleichbehandlungsgründen hätte die Ag nicht erneut verhandeln dürfen. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur Bg sei nicht gegeben gewesen, da die Sachverhalte bei ASt und Bg nicht gleich gewesen seien; bei der Bg habe infolge von deren Antwortschreiben vom 13. Dezember 2018 weiterer Aufklärungsbedarf bestanden, wohingegen die Nicht-Erfüllung der Muss-Anforderungen seitens der ASt festgestanden habe. Es hätte die eklatante Gefahr einer unzulässigen Nachverhandlung bestanden, denn wenn die ASt die fraglichen Muss-Anforderungen hätte nachweisen können, so hätte dies ein neues Angebot dargestellt.

- Hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass die Muss-Anforderungen weder unklar noch ungültig seien. Die Festlegung der Muss-Anforderungen, die Leistungs- und Funktionsanforderungen gemäß § 121 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VgV darstellten, sei zur Sicherstellung vergleichbarer Angebote zwingend gewesen. Sie seien in der Leistungsbeschreibung unmissverständlich formuliert gewesen, was insbesondere für die streitigen Anforderungen bezüglich der XXX gelte. Auch für die Nachweisführung habe die Ag in Formblatt 9 a einen klaren Maßstab formuliert. Gerade für die streitigen Muss-Anforderungen sei vorgegeben gewesen, dass neben den XXX eine Beschreibung des Verfahrens erfolgen sollte, mit dem die Anforderungen erreicht werden sollten; eine Beschreibung von Fehlerraten von Einzelkomponenten und der Fehlerfortpflanzung im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen und eine Beschreibung der Berücksichtigung von Einflussfaktoren auf die Erfüllung der Anforderung. Ergänzend habe die Ag in den Verhandlungen allgemeine Hinweise zu den Muss-Anforderungen und zur erforderlichen Nachweisführung gegeben.

Eine Rechtsverletzung der ASt infolge der hypothetischen Wertung scheide aus. Bei einigen Unter-Unterkriterien habe die ASt selbst einen Erfüllungsgrad von 0 angegeben, so dass ihr Angebot unabhängig von ihrer Nachweisführung an diesen Stellen mit 0 Punkten hätte bewertet werden müssen. Die ASt selbst habe damit von vornherein auf 1.500 gewichtete Punkte verzichtet, d.h. auf die Hälfte der maximal möglichen 3.000 Qualitätspunkte.

- Das Vorgehen der Ag bei der Aufklärung des Finanzierungskonzepts der Bg sei vergaberechtskonform und sachgerecht gewesen. Insgesamt hätten keine Zweifel an der Fähigkeit der Bg bestanden, im Auftragsfall die erforderlichen Finanzmittelbedarfe decken zu können. Die Ag habe die Bg mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 zur Aufklärung aufgefordert Eine derartige Aufklärung habe - auch soweit sie die Fähigkeit der Bg zur Innenfinanzierung betroffen habe – den in Ziffer 6.8.4 der Bewerbungsbedingungen postulierten Anforderungen an das Finanzierungskonzept entsprochen. Aus der Antwort der Bg vom 13. Dezember 2018 hätten sich für die Ag keine Anhaltspunkte ergeben, dass eine Fremdfinanzierung nicht möglich sein werde. Die Ag habe die Bg mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 zur weiteren Aufklärung aufgefordert; die Bg habe mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 aufgeklärt. Da die Bg einen ausreichenden Nachweis für die Deckung der Finanzmittelbedarfe gesorgt habe, hätten sich daraus keine Konsequenzen ergeben, was im Vergabevermerk dokumentiert worden sei. Damit seien zugleich die Anforderungen der Bewerbungsbedingungen an Finanzierungsquellen, die vom Fremdkapitalgeber während der Vertragslaufzeit fällig gestellt werden können, erfüllt worden. Ein Ausschluss des finalen Angebots der Bg sei nicht in Betracht gekommen; ein Ausschluss wäre jedenfalls unverhältnismäßig gewesen.

- Das Angebot der Bg weise auch keine formalen Mängel mehr auf. Die Nachforderung der fehlenden Bestandteile des XXX sei zulässig gewesen, denn es habe sich um fehlende leistungsbezogene Unterlagen gehandelt, nicht um auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung bezogene Unterlagen. Die Eintragungen im XXX errechneten sich aufgrund des Preisblatts, das die Bg ihrem finalen Angebot beigefügt hatte, automatisch; eine Änderung von Preisangaben über das nachgereichte XXX unmöglich gewesen. Was die Vertretungsbefugnis des für den Unterauftragnehmer unterzeichnenden Person bei der Verpflichtungserklärung anbelange, so habe die Bg fristgerecht nachgewiesen, von Anfang an ordnungsgemäß bevollmächtigt worden sei.

- In Bezug auf das Angebot der Bg habe die Ag eine Preisprüfung durchgeführt. Eine Aufklärung der fiktiven Wertungssumme des Angebots der Bg mit der Bg sei nicht erforderlich gewesen, da die Bg mit ihrem Angebot ein wirtschaftliches Konzept eingereicht habe, das bereits alle seitens der Ag benötigten Unterlagen zur Preiskalkulation dr Bg offen lege. Auf dieser Grundlage habe die Ag beurteilen können, dass der Preis des Angebots der Bg nicht ungewöhnlich niedrig sei.

- Zum Akteneinsichtsantrag der ASt trägt die Ag vor, dass diese ihres Erachtens nicht zu gewähren sei, soweit der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis bzw. mangels rechtzeitiger Erfüllung der Rügeobliegenheit unzulässig sei. Soweit der Nachprüfungsantrag nicht bereits unzulässig sei, sei die Akteneinsicht im Übrigen auf den Gegenstand der Verletzung subjektiver Rechte der ASt zu beschränken. Da Gegenstand des Nachprüfungsantrags allein die Frage der Nichterfüllung der Mindestanforderungen A32, A33, A53 und A55 sei, sei die Akteneinsicht auf die Wertungsunterlagen zu diesen Mindestanforderungen unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anderer Bieter, insbesondere von deren Angebotsinhalten, zu beschränken. Die Vergabekammer werde um die Gewährung rechtlichen Gehörs gebeten, soweit die Vergabekammer beabsichtige, der ASt weitergehende Akteneinsicht zu gewähren als von der Ag für zulässig erachtet.

c) Mit Beschluss vom 2. Januar 2019 wurde die Bg zum Nachprüfungsverfahren hinzugezogen. Sie beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigten:

1. Der Nachprüfungsantrag wird abgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Bg wird für notwendig erklärt.

Die ASt könne sich allein gegen die Wertung als solche auf der Grundlage der Mindestanforderungen und der Wertungskriterien wenden, denn in Bezug auf die in den Vergabeunterlagen detailliert dargestellten Wertungskriterien sie die ASt mangels rechtzeitiger Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert.

Die Mindestanforderungen seien anspruchsvoll und in technischer Hinsicht eine Herausforderung, in der Sache jedoch nicht mehrdeutig. Die Ag habe das sowohl in Ziffer 7.1 der Leistungsbeschreibung, wo die Leistungspflichten des Auftragnehmers aufgeführt seien, als auch im Formblatt 9 a das Kriterium A32 – XXX – eindeutig als Muss-Kriterium gekennzeichnet. Auch der Inhalt des Kriterium A32 als einer Messung durch eine XXX im fließenden Verkehr sei sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Glossar der Leistungsbeschreibung eindeutig definiert als ein Einsatz XXX zu verstehen sei, werde in den Erläuterungen zum Anforderungstext beschrieben. Die ASt habe nach ihren eigenen Angaben diese Mindestanforderungen nicht erfüllt, denn eine ausschließlich XXX. Die weiteren Mindestanforderungen A33, A35, A53 und A57 seien inhaltlich ebenso klar und eindeutig als Mindestbedingungen erkennbar gewesen.

Eine weitergehende Aufklärungspflicht der Ag habe nicht bestanden. Bei der Nachforderungspflicht des § 56 Abs. 2 VgV handle es sich ohnehin um eine Kann-Bestimmung. Spätestens auf das Aufklärungsschreiben der Ag vom 4. Dezember 2018 hin hätte die ASt eindeutige Aussagen über eine XXX machen müssen. Dieser Erklärungspflicht sei die ASt nicht nachgekommen, so dass es keiner weiteren Aufklärung durch die Ag bedurft habe. Aus dem Hinweis der Ag im Aufklärungsschreiben, wonach die Ag sich weitere Aufklärung vorbehalte, könne keine Pflicht der Ag zu weiteren Nachfragen konstruiert werden. Nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sei der Ausschluss des Angebots der ASt wegen Änderung der Vergabeunterlagen zwingend, ferner sei der Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV zwingend, da die ASt offenbar nicht alle geforderten Unterlagen nachgereicht habe.

Der Vortrag der ASt zur vermeintlichen Unauskömmlichkeit des Angebots der Bg sei unsubstantiiert und unzutreffend. Die Bg habe ihr Angebot auskömmlich bepreist, was die Ag bereits durch die im Angebot hinterlegten Einzelpreise und Mengengrüste habe überprüfen können. Eine solche Überprüfung habe die Ag ausweislich des Vergabevermerks auch tatsächlich in nahezu akribischer Form vorgenommen und habe mit guten Argumenten von einer weiteren Aufklärung bei der Bg Abstand genommen; da der Ag bereits die Preise und deren Zusammensetzung sowie die Kalkulationsgrundlagen und Mengengerüste bekannt waren, wäre ein ergänzendes Aufklärungsverlangen ohne Sinn gewesen, denn die Bg hätte nur das identische Zahlenmaterial vorlegen können.

Das Angebot der Bg sei auch in formeller Hinsicht vollständig. Das Preisblatt habe die Bg ordnungsgemäß und fristgerecht mit dem in Papierform einzureichenden Angebot vorgelegt. Das XXX habe nachgefordert werden dürfen, da es sich nicht um eine auf die Wirtschaftlichkeitsbewertung bezogene Unterlage handle. Dem XXX komme allein die Aufgabe zu, die im Preisblatt einzutragenden Preise für die Ag elektronisch auswertbar zu machen. Es handle sich um eine nicht veränderbare Excel-Datei, die nur mit den Preisen des bereits vorgelegten Preisblatts bestückt werde; eine eigenständige Wertung des Tools habe nicht stattgefunden. Was die Vertretungsmacht eines Vertreters eines Nachunternehmers der Bg anbelange, so sei dieser Vertreter wirksam bevollmächtigt gewesen. Aufgeklärt worden sei allein, wer den Vertreter innerhalb des Nachunternehmers bevollmächtigt habe.

Die Aufklärung des Angebots der Bg hinsichtlich ihres Finanzierungskonzepts könne ebenso wenig dazu führen, dass das Angebot nicht wertbar sei oder gar ausgeschlossen werden müsse. Die Aufklärung der Ag vom 4. Dezember 2018 habe Einzelheiten der vorgesehenen Fremdfinanzierung des Projekts betroffen. Die Bg habe die nachgefragten Mitteilungen gegeben und in diesem Zusammenhang – insoweit überobligatorisch – darauf hingewiesen, dass hinreichende Finanzkraft bestehe, um das Projekt auch im Wege einer Innenfinanzierung zu realisieren. Der Hinweis auf eine mögliche Innenfinanzierung sei weder Teil des Finanzierungskonzepts gewesen noch sei dieses im Nachgang auf eine Innenfinanzierung erweitert worden. Die zweite Anfrage vom 14. Dezember 2018 habe sodann allein Detailangaben zur Innenfinanzierung betroffen. Das zweimalige Nachfragen der Ag bei der Bg begründe keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Gleichbehandlung sei gegeben, wenn der Auftraggeber jedes Angebot entsprechend der jeweiligen Unklarheiten aufkläre. So könne es bei einem Angebot mit einer Frage sein Bewenden haben, wohingegen es bei einem anderen Angebot eine Vielzahl von Fragen geben könne, die in Schritten abgeklärt werden müssten. So habe die Ag bei der ASt 17 Themenkomplexe zur Aufklärung gestellt, bei der Bg lediglich sieben Themenkomplexe. Auch hierin liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

3. In der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2019 wurde der Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend erörtert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, auf die Vergabeakte sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer wird ergänzend Bezug genommen. Der ASt und der Bg wurde beschränkt Akteneinsicht gewährt, wobei die Akteneinsichten jeweils sowohl mit der Ag als auch mit der ASt und Bg abgestimmt wurde, soweit möglicherweise deren wechselseitige Geschäftsgeheimnisse betroffen waren. Die reguläre Entscheidungsfrist wurde durch Verfügung der Vorsitzenden verlängert bis zum 20. Februar 2019 einschließlich.

Soweit die ASt in ihrer nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Stellungnahme vom 7. Februar 2019 inhaltliche Ausführungen macht, war ihr eine Stellungnahmemöglichkeit durch die Verfügung der Kammer vom 5. Februar 2019 nur im Hinblick auf den Protokollergänzungsantrag der Ag vom 5. Februar 2019 eingeräumt worden. Soweit die ASt in ihrer Stellungnahme vom 7. Februar 2019 darüber hinaus weitergehend zu ihrer Auffassung und damit zur Sache vorträgt, war ihr kein entsprechender Schriftsatznachlass eingeräumt worden, so dass ihr Vortrag aus der Stellungnahme vom 7. Februar 2019 insofern im Hinblick auf § 167 GWB unberücksichtigt bleibt.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und in der Sache begründet.

1. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen – ein dem Bund zuzurechnender Auftrag oberhalb der für die europaweite Vergabe einschlägigen Auftragsschwellenwerte – sind eindeutig und unstreitig erfüllt, so dass es diesbezüglich keiner näheren Darlegungen bedarf. Die individuellen, auf die ASt bezogenen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben:

a) Die ASt, die nach erfolgreichem Teilnahmewettbewerb zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde und sich bis einschließlich der Abgabe eines finalen Angebots am Verhandlungsverfahren beteiligt hat, hat Interesse am Auftrag im Sinne von § 160 Abs. 2 GWB. Sie macht geltend, der in der Mitteilung nach § 134 GWB kommunizierte Grund für die Nichtberücksichtigung ihres Angebots, nämlich die Nicht-Erfüllung von insgesamt vier Muss-Kriterien, treffe in der Sache nicht zu, ihr Angebot erfülle tatsächlich alle Muss-Kriterien. Ihren Vortrag als richtig unterstellt, wäre der Ausschluss aus dem Grund der Nicht-Erfüllung von Muss-Kriterien vergabefehlerhaft.

Die ASt hat auch dargelegt, dass ihr ein Schaden droht, § 160 Abs. 2 S. 2 GWB. Zwar ist ihr Angebot preislich teurer als das Angebot der Bg und hat daher nach derzeitigem Stand des Vergabeverfahrens auch unabhängig von der streitig gestellten Nicht-Erfüllung der Muss-Kriterien aufgrund dieses Preisabstands keine Zuschlagschance. Im Rahmen der Antragsbefugnis, der lediglich die Funktion eines groben Filters zur Aussonderung solcher Fälle zukommt, die bezüglich einer Zuschlagschance eindeutig aussichtslos sind, ist aber ausschließlich auf den Sachvortrag des jeweiligen Antragstellers abzustellen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2017 – VII-Verg 33/17). Eine Zuschlagschance und damit ein Schaden gemäß § 160 Abs. 2 S. 2 GWB ist nach dem danach maßgeblichen Vortrag der ASt nicht von vornherein auszuschließen, denn die ASt hat von Anfang an auch geltend gemacht, das Angebot der Bg hätte als ungewöhnlich niedrig einer Preisaufklärung nach § 60 VgV unterzogen werden müssen. Die Norm des § 60 VgV ist ohne weitere Voraussetzungen drittschützend (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. Januar 2017 – X ZB 10/16), so dass die ASt sich hierauf berufen kann. Nach Akteneinsicht trägt die ASt ferner vor, das Angebot der Bg sei aus formellen Gründen bzw. wegen Mängeln an deren Finanzierungskonzept auszuschließen. Sollte in Bezug auf das Angebot der Bg ein Ausschlussgrund vorliegen, was eine Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrags ist, so käme es auf den Preisabstand zum Angebot der Bg nicht mehr an, da dieses den Zuschlag nicht erhalten könnte.

b) Die ASt hat die Information nach § 134 GWB über den Ausschluss ihres Angebots sowie über die beabsichtigte Zuschlagserteilung am 19. Dezember 2018 erhalten. Die diesbezügliche Rüge erfolgte mit Schreiben vom 24. Dezember 2018 innerhalb der ZehnTages-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB. Da die ASt sowohl zum Teil schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Vergabekammer klargestellt hat, dass sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht als intransparent ansieht, sondern dass es ihr um Missverständnisse zwischen der Ag und der ASt in Bezug auf die tatsächliche Erfüllung von Muss-Vorgaben durch das Angebot der ASt geht, sind die Grundlagen des Vergabeverfahrens nicht streitig gestellt. Die Frage, ob es einer diesbezüglichen Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB schon binnen der Angebotsfrist bedurft hätte, stellt sich damit nicht.

c) Die Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB zwischen Erhalt der ablehnenden Rügeantwort am 27. Dezember 2018 und Einreichung des Nachprüfungsantrags am 28. Dezember 2018 ist gewahrt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

a) Allerdings liegt in Bezug auf das Angebot der Bg kein zwingender Ausschlussgrund vor. Die Entscheidung der Ag, das Angebot der Bg in der Wertung zu belassen, verstößt nicht gegen Vergaberecht.

aa) Dies gilt einmal in Bezug auf die der formellen Wertungsebene zuzuordnenden Punkte der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Person, welche die Nachunternehmererklärung unterzeichnet hat, sowie in Bezug auf die Nachforderung des XXX.

(1) Aus der von der Bg eingereichten Nachunternehmerverpflichtungserklärung (Formblatt 4, Ziffer 6.5 der Bewerbungsbedingungen) ergab sich für die Ag nicht, ob die unterzeichnende Person Vertretungsmacht hatte. Auf Nachfrage der Ag hat die Bg die Vertretungsmacht nachgewiesen. Da in Ziffer 6.5 der Bewerbungsbedingungen nicht gefordert war, dass Vertretungsmacht der die Verpflichtungserklärung unterzeichnenden Person nachzuweisen war, mithin diesbezüglich kein Nachweis gefordert war, ist der Anwendungsbereich von § 56 Abs. 2 S. 1 VgV mit der dort vorgesehenen Möglichkeit der Nachforderung nicht berührt. Bei der Nachfrage der Ag handelt es sich um eine schlichte Angebotsaufklärung, die gemäß § 15 Abs. Abs. 5 S. 1 VgV sogar im offenen Verfahren zulässig ist. Im Verhandlungsverfahren, das hier durchgeführt wird, kann bezüglich der finalen Angebote nichts anderes gelten; sie dürfen nicht mehr verändert, jedoch aufgeklärt werden.

(2) Das XXX durfte nach § 56 Abs. 2 S. 1 VgV nachgefordert werden. Die Einschränkung der Nachforderungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 3 S. 1 VgV, wonach die „Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen“, ist vorliegend nicht einschlägig. Das XXX beinhaltet zwar in elektronischer Form die verschiedenen Einzelpreise, welche insbesondere für die Errechnung des fiktiven Wertungspreises relevant sind. Die Bg hat ihrem Angebot jedoch von vorn herein das Preisblatt beigefügt („Reiter 1“ des XXX), das folglich nicht Gegenstand der Nachforderung war. In dem Preisblatt waren bereits alle Preise anzuführen. Wie in der mündlichen Verhandlung ergänzend zum schriftlichen Vortrag von der Ag erläutert wurde, errechnen sich die Preise im XXX excelbasiert automatisch auf Grundlage der im Preisblatt anzugebenden Preise. Eine Preisänderung über ein Nachreichen des XXX war folglich ausgeschlossen. Auch wenn das XXX im Kontext der Preisberechnung relevant wird, kommt ihm vor diesem Hintergrund nicht die Eigenschaft einer Preisangabe zu, sondern es handelt sich um eine der Nachforderung zugängliche Erklärung zum Angebot. Diese hat die Bg fristgerecht nachgereicht. Das Angebot ist vollständig.

bb) Was die von der ASt eingeforderte Preisprüfung in Bezug auf das Angebot der Bg anbelangt, so kann offen bleiben, ob der Preisabstand zwischen diesem Angebot und dem preislich folgenden Angebot der ASt eine sog. „Aufgreifschwelle“ überschreitet, für die im Regelfall ein 20 %-iger Abstand angenommen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2017 – Verg 17/17). Da es sich vorliegend nicht um eine Bauvergabe handelt, bei der die Gesamtpreise allen Bietern über das Eröffnungsprotokoll ohnehin offen liegen, würde eine Wiedergabe des Preisabstands hier dazu führen, dass ASt und Bg wechselseitig ihre fiktive Wertungssumme errechnen könnten. Um dies zu vermeiden, wurde der ASt gegenüber im Rahmen der Akteneinsicht ihre eigene Punktzahl im Preiskriterium nicht offen gelegt, denn auch über die interpolierten Preispunkte ist eine Rückrechnung auf den Preis des Wettbewerbers möglich.

Der exakte Preisabstand ist aber auch nicht entscheidungserheblich. Denn aus dem Überschreiten einer Aufgreifschwelle ergibt sich zunächst nur die Verpflichtung eines Auftraggebers, in die Preisprüfung einzutreten, die dann nicht optional ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2017, a.a.O.). Unabhängig davon, ob eine solche Verpflichtung hier bestand oder nicht, hat die Ag sich tatsächlich ausführlich mit dem Preisangebot der Bg beschäftigt und dieses intensiv geprüft. Sie hat dies zwar ohne Einbeziehung der Bg getan und ist damit von dem in § 60 VgV vorgezeichneten Weg abgewichen, wo eine Aufklärung bei dem betroffenen Bieter vorgesehen ist. Ein Aufklärungsverlangen beim Bieter ist aber nicht in jedem Fall erforderlich, insbesondere dann nicht, wenn der Auftraggeber aufgrund anderweit gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot des Bieters sei nicht ungewöhnlich niedrig (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – Verg 8/17).

So liegt der Fall hier. Der Ag lag aufgrund der Angaben, die bereits im Angebot, dort insbesondere im Rahmen des wirtschaftlichen Konzepts, zu machen waren, umfassendes Zahlenmaterial über die Preise vor. Hier gab es nichts mehr aufzuklären oder bei der Bg nachzufragen. Im Vergabevermerk (S. 7) hat die Ag bei der Preisprüfung zudem zu Recht darauf abgestellt, dass es sich bei dem Auftrag um ein völlig neuartiges System handelt, das erst konzipiert werden muss. Die Konzepte der Bieter seien unterschiedlich, so dass unterschiedliche Bepreisungen der Leistungsbestandteile für die Beurteilung der Angemessenheit der Preise nur bedingt geeignet seien. Diese Überlegungen der Ag sind überzeugend und tragen einmal das gewählte Verfahren, nämlich auf eine zusätzliche Nachfrage bei der Bg zu verzichten, sowie gerade auch angesichts der Höhe des Preisabstands ihre Einschätzung im Ergebnis, das Angebot der Bg nicht als ungewöhnlich niedrig einzustufen.

cc) Auch in Bezug auf den Umgang der Ag mit dem Finanzierungskonzept der Bg liegt kein Vergabefehler vor.

(1) Zwar bedient das Finanzierungskonzept der Bg die dezidierten Vorgaben, welche in Ziffer 6.8.4. der Bewerbungsbedingungen für den von der Bg gewählten Weg der (partiellen) Finanzierung durch Fremdkapitalgeber aufgestellt werden, nicht so wie vorgesehen. Die Bewerbungsbedingungen fordern für diesen Fall die Einreichung einer vom Fremdkapitalgeber unterzeichneten verbindlichen Finanzierungsbestätigung mit zugehören Term Sheets, wobei die Term Sheets keine Vorbehalte jeglicher Art beinhalten dürfen. Das Finanzierungskonzept der Bg entspricht dieser Vorgabe nicht, denn es sieht einerseits eine partielle Einbindung von Mitteln durch Fremdkapitalgeber vor, beinhaltet andererseits aber überhaupt keine Finanzierungszusage des letztendlichen Fremdkapitalgebers (Details können vorliegend zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Bg nicht dargestellt werden). Vielmehr wird gerade im Gegenteil im Term Sheet auf einen Vorbehalt sowie auf mögliche spätere Bedingungen etc. für die Darlehensgewährung , die durch die Hausbank der Bg lediglich moderiert wird, hingewiesen. Ganz abgesehen davon, dass eine Änderung des Konzepts durch die Bg zu diesem Zeitpunkt – es waren die finalen Angebote – nicht mehr zulässig gewesen wäre, hat die Bg auf die erste Nachfrage der Ag nochmals ausdrücklich bekräftigt, bei ihrem Finanzierungskonzept zu bleiben. Allein dieses Konzept musste Basis der Prüfung auf Einhaltung der Vorgaben von Ziffer 6.8.4. sein, nicht dagegen ein alternatives, von der Bg nicht vorgesehenes Konzept, z.B. über alleinige Eigenfinanzierung.

(2) Die Vorgaben aus Ziffer 6.8.4. der Bewerbungsbedingungen waren auch zwingend gesetzt. Maßgeblich für den Erklärungswert von Vergabeunterlagen ist der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter im Sinne eines abstrakten Adressatenkreises, wobei es nicht darauf ankommt, wie ein Antragsteller oder Beigeladener die Vorgaben tatsächlich verstanden hat; relevant ist die Perspektive eines verständigen, fachkundigen Bieters (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2018 – VII-Verg 35/18 m.w.N.).

Aus Sicht des so definierten objektiven Erklärungsempfängerhorizonts konnte in Zusammenschau der Vorgaben nicht davon ausgegangen werden, diesen käme ein unverbindlicher Charakter zu; sie waren vielmehr als obligatorisch ausgewiesen. Dies ergibt sich einmal schon grammatikalisch daraus, dass die Ag den Imperativ gewählt hat: der Bieter „muss“ darlegen, es „sind“ bestimmte Anlagen vorzulegen etc.. Es waren abschließend verhandelte Term Sheets einzureichen, die mit beiderseitiger Bindungswirkung, unterzeichnet durch den Bieter sowie durch den Fremdkapitalgeber, versehen sind, um einen fristgemäßen Abschluss der Finanzierungsverträge erwarten zu können (so Ziffer 6.8.4. der Bewerbungsbedingungen). Ziffer 7. der Bewerbungsbedingungen sieht konsequent und in Übereinstimmung mit § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV vor, dass finale Angebote, die letztendlich – also auch nach eventueller Nachforderung durch die Ag - nicht die in Ziffer 6. der Bewerbungsbedingungen enthaltenen Anforderungen erfüllen, ausgeschlossen werden. Des Weiteren ergibt sich gerade für die hier von der Bg gewählte Finanzierungsvariante der jedenfalls partiellen Fremdfinanzierung aus dem Sinn und Zweck, dass eine unbedingte Zusage des Fremdkapitalgebers vorzuliegen hatte. Denn ausweislich der Erläuterung in Ziffer 6.8.4. kommt es der Ag ganz besonders auf die Zeiträume an, in denen der Auftragnehmer in Vorleistung gehen muss, d.h. die bereits zu erbringenden Leistungen – z.B. in Form von Entwicklungsleistungen – werden noch nicht vergütet. Gerade für diesen Zeitraum ist es der Ag wichtig, dass eine ausreichende Finanzkraft beim Bieter sichergestellt ist. Will der Bieter diese Phase unter Einbezug von Fremdmitteln abdecken, so ist die von der Ag angestrebte Absicherung nicht gegeben, wenn der Fremdkapitalgeber keine vorbehaltlose Zusage abgibt; dass die Finanzierung auch wirklich so wie im Konzept vorgesehen realisiert werden kann, ist dann gerade nicht sichergestellt.

Auch wenn die Ag nunmehr im Nachprüfungsverfahren darauf abstellt, es sei letztendlich nur darauf angekommen, die Finanzierung der Projektdurchführung sicherzustellen, so ergibt sich aus ihrem Vergabevermerk, dass auch die Ag den Vorgaben aus Ziffer 6.8.4. der Bewerbungsbedingungen ursprünglich ebenfalls einen zwingenden Gehalt beigemessen hatte, denn sie hält bei der Prüfung des Angebots der Bg fest, dass „der Auftraggeber im Falle einer Fremdfinanzierung vorbehaltlose Finanzierungszusagen“ gefordert habe (S. 3 des Vergabevermerks).

(3) Das danach allein maßgebliche, eingereichte Konzept der Bg weicht von den Vergabeunterlagen ab, denn die Bewerbungsbedingungen sind Teil der Vergabeunterlagen, § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VgV. Es wäre bei dieser Sachlage durchaus denkbar gewesen, das Angebot der Bg nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen. Ein besonderes Schutzbedürfnis der Bg ist nicht zu erkennen. Die Vorgaben der Bewerbungsbedingungen waren unmissverständlich. Aus Sicht der Bg musste gleichzeitig erkennbar sein, dass die von ihr gewählte Finanzierungsvariante nicht kompatibel hiermit ist. Der richtige Weg wäre gewesen, die relevanten Vorgaben der Ag gegenüber schon während der laufenden Angebotsfrist zu thematisieren, z.B. im Wege einer Bieterfrage. Wäre die Ag bei den dezidierten Vorgaben geblieben, so hätten der Bg wiederum zwei Optionen offen gestanden: Entweder sie hätte ihrerseits Einklang mit den Vorgaben herstellen können, indem sie eine andere Art der Finanzierung wählt, z.B. durch einen Fremdkapitalgeber, der eine unbedingte Zusage erteilt; alternativ hätte die Bg eine vergaberechtliche Rüge aussprechen können mit anschließender Nachprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen darauf, ob die Vorgabe angemessen war. Auf die Rügeobliegenheiten des § 160 Abs. 3 GWB war in der Auftragsbekanntmachung vom 11. April 2018 unter Ziffer VI.4.3) ausdrücklich hingewiesen worden. Hätte die Ag die Vorgaben aber auf eine entsprechende Eingabe der Bg hin bereits zu diesem Zeitpunkt abgesenkt, so hätte die Ag die Möglichkeit gehabt, auch die anderen Bieter noch während der laufenden Frist für die Einreichung der finalen Angebote in Kenntnis von dieser Änderung zu setzen.

(4) Einer abschließenden Entscheidung, ob ein Ausschluss des Angebots der Bg rechtmäßig gewesen wäre, bedarf es indes nicht. Die Ag hat das Angebot nicht ausgeschlossen und ein Ausschluss des Angebots der Bg war jedenfalls nicht die einzig vergaberechtlich zulässige Handlungsoption. Tatsächlich hat die Ag ihre Anforderungen abgesenkt und abgeschwächt. Sie hat letztendlich auf eine Finanzierungszusage des Fremdkapitalgebers verzichtet, obwohl das Finanzierungskonzept der Bg eine solche, gerade unter Vorbehalt stehende Fremdfinanzierung vorsah, und stattdessen auf deren ausreichende eigene Finanzkraft abgestellt, welche die Ag zu Recht als nachgewiesen ansah. Wie die Ag im Nachprüfungsverfahren vorgetragen hat, schien ihr ein Ausschluss des Angebots der Bg nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV bei dieser Sachlage als unverhältnismäßig.

Die Ag hat angesichts des Finanzierungskonzepts der Bg erkannt, dass die dezidierten und detaillierten Vorgaben und Nachweispflichten nicht erforderlich waren, um Sicherheit bezüglich der Finanzierung, insbesondere in der Vorleistungsphase, zu erlangen. Es war zulässig, dass die Ag ihre Anforderung vor diesem Hintergrund herabgestuft hat. Die Annahme, dass ein Auftraggeber in Vorbereitung eines Vergabeverfahrens alle Eventualitäten – hier in Form von möglichen Finanzierungsvarianten, welche die Bieter wählen möchten - vordenken und bereits in die Vergabeunterlagen einarbeiten kann, ist unrealistisch, gerade bei einem so komplexen Projekt wie dem vorliegenden. Dem Auftraggeber muss daher ein gewisser Freiraum zugebilligt werden, seine Vorgaben abzuändern, wenn er in Ansehung der Angebote erkennt, dass eine Vorgabe, die den Handlungsspielraum der Bieter einschränkt, nicht erforderlich ist, er also ohne Not zu hohe Anforderungen gestellt und damit möglicherweise gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, § 97 Abs. 1 GWB, verstoßen hat. So darf beispielweise „die Bewertungsmethode bei Bedarf auch noch nachträglich an die Umstände des Einzelfalls“ angepasst werden, wenn hierdurch keine Veränderung der Zuschlagskriterien oder ihrer Gewichtung bewirkt wird (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Mai 2018 – Verg 3/18 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 – C-6/15 – Dimarso). Dies deckt sich auch mit der Überlegung, dass ein Auftraggeber in jeder Phase des Vergabeverfahrens gehalten ist, mögliche Fehler oder unzweckmäßige Vorgaben zu korrigieren (vgl. allgemein zur Änderungsbefugnis des öffentlichen Auftraggebers im laufenden Vergabeverfahren in Bezug auf alle Bestandteile der Vergabeunterlagen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. September 2016 - Verg 7/16).

Vorliegend geht es zwar nicht um die Bewertungsmethode, die angepasst wurde. Das Finanzierungskonzept musste nach abgeschlossenem Teilnahmewettbewerb mit dem finalen Angebot eingereicht werden, steht aber nicht im Zusammenhang mit der Bewertungsformel und auch nicht mit der Wirtschaftlichkeitsbewertung auf der vierten Angebotsebene, also dem Quervergleich der Angebote, denn die Bewertungskriterien beziehen sich allein auf die technischen Angebotsinhalte. Das Finanzierungskonzept steht der Sache nach vielmehr in engem Zusammenhang mit der Eignung der Bieter, denn die finanzielle Leistungsfähigkeit, die mit dem Finanzierungskonzept belegt werden sollte, ist ein klassisches Eignungskriterium, § 122 Abs. 2 GWB, § 45 VgV. Hier hat die Ag dieses Konzept zwar auf der Angebotsebene angesiedelt. Dies war sachgerecht und zulässig, denn einmal wäre das Abfordern eines solchen Finanzierungskonzepts von allen Teilnehmern, das je nach gewählter Finanzierungsart bereits Abstimmungen mit Fremdkapitalgebern etc. erforderte, unverhältnismäßig gewesen; es sollten nur drei Unternehmen aus dem Kreis der Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Außerdem konnte das Finanzierungskonzept nicht losgelöst vom Angebotsinhalt und der Preisberechnung erstellt werden, dies war erst im Zuge der konkreten Angebotsbearbeitung möglich. Das Finanzierungskonzept ist damit im Ergebnis als eine Art kaufmännischer Teil des Angebots zu qualifizieren. Dies hat die Ag in der mündlichen Verhandlung bestätigt, indem sie ausführte, dass der spätere Auftragnehmer vertraglich auf die Finanzierung festgelegt sei und diese grundsätzlich so durchzuführen habe wie im Finanzierungskonzept vorgesehen.

Die Überlegungen zum notwendigen Freiraum des Auftraggebers, Änderungen auch erst in Kenntnis der Angebote zuzulassen, greifen hier erst recht; wenn eine Änderung der Vorgaben in Ansehung der Angebote einzelfallbezogen sogar in Bezug auf Wertungsvorgaben möglich ist, so muss dies auch für den kaufmännischen Teil der Angebote gelten, auf die hier keine Zuschlagskriterien bezogen sind und die folglich auch nicht geändert werden. Aufgrund der Nähe des Finanzierungskonzepts zur Eignung greift zusätzlich eine Analogie zu dem in § 45 Abs. 5 VgV normierten Rechtsgedanken, wonach der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch auf anderem Wege als über den vom Auftraggeber vorgegebenen erfolgen kann, wenn ein berechtigter Grund hierfür vorliegt. Dies ist letztendlich nichts anderes als eine Konkretisierung des vergaberechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, § 97 Abs. 1 GWB. Die spezielle Art der Finanzierung durch die Bg hat es ihr nicht ermöglicht, die Vorgaben der Ag exakt zu bedienen; es war zulässig, dass die Ag einen alternativen Nachweis für die Finanzkraft der Bg akzeptiert hat, denn das mit dem Finanzierungskonzept verfolgte Anliegen – Sicherstellung, dass insbesondere die Vorleistungsphase vom späteren Auftragnehmer durchgehalten werden kann – war auch mittels des alternativen Nachweises gedeckt.

b) Allerdings liegt im Vorgehen der Ag insoweit ein Verstoß gegen den Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz, § 97 Abs. 1 GWB, als die Ag nicht alle Bieter über die Änderung der Vorgaben informiert hat. Richtigerweise hätte die Ag auch die beiden anderen Bieter unter Einräumung einer angemessenen Fristverlängerung in Kenntnis davon setzen müssen, dass und in welcher Weise die Anforderungen an das Finanzierungskonzept geändert wurden, damit sich die anderen Bieter hierauf hätten einstellen können.

Die Vorgaben waren, wie dargelegt, zunächst zwingend gesetzt und wurden von der ASt, die diese Vorgaben exakt bedient hat, auch so verstanden. Es stellt einen Transparenzmangel dar, wenn ein Auftraggeber einerseits zwingend einzuhaltende Vorgaben aufstellt, diese andererseits dann aber – wenn auch aus berechtigtem Grund und zulässigerweise – nur einem Bieter gegenüber abschwächt. Das Vertrauen der Bieter dahin, dass alle Wettbewerbsteilnehmer gleichermaßen informiert werden über angebots- bzw. kalkulationsrelevante Änderungen, die während des Vergabeverfahrens vorgenommen werden, wird durch diesen vergaberechtlichen Grundsatz geschützt (vgl. zu kalkulationsrelevanten Antworten des Auftraggebers auf die Fragen eines Bieters, die ebenfalls zwingend allen Wettbewerbsteilnehmern gegenüber offengelegt werden müssen, 2. Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 27. Januar 2017 - VK 2- 131/16).

Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz ist tangiert, denn es geht bei der Herstellung von Transparenz vorliegend nicht nur um pure Förmelei. Es sind vielmehr Auswirkungen der geänderten Vorgaben auf die Preisgestaltung denkbar. Wenn die anderen Bieter rechtzeitig davon in Kenntnis gesetzt worden wären, dass eine Finanzierungszusage des Fremdkapitalgebers trotz geplanter Fremdfinanzierung unter Umständen nicht erforderlich ist, so hätten sie ihr Konzept ebenso wie die Bg darauf ausrichten können, z.B. indem ein Kredit eines anderen Fremdkapitalgebers zu einem günstigeren Zinssatz hätte in Anspruch genommen werden können und damit letztendlich günstigere Preise hätten kalkuliert werden können. Die unterbliebene Information bezog sich somit auf einen kalkulationsrelevanten Aspekt. Da dem Preiskriterium mit 70 % die überragende Gewichtung zukommt, sind Auswirkungen auf die Zuschlagschancen denkbar.

c) Das Unterbleiben der Information über die geänderten Anforderungen an das Finanzierungskonzept verletzt die ASt in ihren Rechten, § 168 Abs. 1 S. 1 GWB.

aa) Einer Rechtsverletzung der ASt steht nicht entgegen, dass die Ag das Angebot der ASt wegen Nicht-Erfüllung von vier Muss-Kriterien ausgeschlossen hat, es danach also unabhängig von dem Vergabefehler der Nicht-Bekanntgabe geänderter Vorgaben den Zuschlag aus anderen Gründen nicht hätte erhalten können. Ob das Angebot der ASt die streitgegenständlichen Muss-Kriterien erfüllt, ist noch nicht hinreichend aufgeklärt, so dass die diesbezügliche Einschätzung der Ag nach derzeitigem Stand des Vergabeverfahrens keinen Bestand haben kann.

Bei diesen Muss-Kriterien handelt es sich um zukünftige, bei der Ausführung des Auftrags realisierbare Erfolgsquoten bzw. um das Gegenteil, nämlich um höchstzulässige Fehlerquoten. Jeder Bieter erklärt mit seinem Angebot, die vorgesehenen Quoten erreichen zu können. Die angebotenen Quoten werden, wie die Ag in der mündlichen Verhandlung ausführte, Vertragsinhalt; die Einhaltung der Quoten werde im Rahmen der späteren Auftragsausführung kontrolliert, die Nicht-Einhaltung sei mit einer Vertragsstrafe bewehrt.

Ob die Quoten bei Auftragsdurchführung zukünftig tatsächlich erfüllt werden können, beruht auf einer prognostischen, einer Überprüfung im Sinne von § 127 Abs. 4 S. 1 GWB derzeit nicht zugänglichen Einschätzung. Wenn die Ag einem Bieter die Erfüllung der streitgegenständlichen Muss-Kriterien letztendlich abspricht, so bedeutet dies, dass sie im Sinne der prognostischen Bewertung nicht glaubt, dass die Quoten mit dem jeweils angebotenen System eingehalten werden können. An diese prognostische Einschätzung wird, was von den Bietern rügelos akzeptiert wurde, die gravierende Rechtsfolge des Angebotsausschlusses wegen Nicht-Erfüllung von Mindestbedingungen geknüpft. Im Sinne eines Gegengewichts ist es dann aber erforderlich, vor einem Ausschluss wirklich alle Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen; dies dürfte angesichts des erheblichen Aufwands der Bieter für die Angebotserstellung, der sich auch XXX manifestiert, ebenfalls den zivilrechtlichen vorvertraglichen Sorgfalts- und Treuepflichten entsprechen. Dies umso mehr, als die Ag sich in diesem Zusammenhang gegenüber der ASt insbesondere auf eher formale Aspekte, nämlich darauf beruft, der ASt seien vor allem die Anforderungen an die Nachweisführung nicht hinreichend geglückt.

Ebenfalls für eine Pflicht zur vollständigen Ausschöpfung der Aufklärungsmöglichkeiten spricht, dass - worauf die Ag auch im Rahmen der Preisprüfung des Angebots der Bg richtigerweise abgestellt hat – das vorgesehene Kontrollsystem in dieser Form bislang nicht existiert, sondern erstmalig entwickelt werden muss. Es ist daher keinem Bieter möglich, auf nachhaltige Erfahrungen aus identischen Aufträgen zurückzugreifen und eine Art „Strengbeweis“ für die Einhaltung der Quoten anzutreten. Auch wenn ein Bieter, wie hier nach Auffassung der Ag die ASt, einen möglicherweise nicht optimal geeigneten Nachweis in Form der Bezugnahme auf ein vorhandenes System führt, so muss für eine fehlerfreie Beurteilung der Muss-Kriterien vor Ausschluss feststehen, dass die Quotenerlangung nicht möglich ist.

Konkret hätte dies vorliegend bedeutet, ein abschließendes Aufklärungsgespräch mit der ASt über die Punkte zu führen, die nach dem Aufklärungsschreiben der ASt vom 13. Dezember 2018 als „nicht plausibel und nicht widerspruchsfrei“ angesehen wurden (so das Prüfergebnis der Ag nach Aufklärung vom 13. Dezember 2018, vgl. S. 74 ff. der TÜV-Akte „Prüfung der finalen Angebote (Technik)“ – Bieter 1). Das Bemühen eines Auftraggebers in einem komplexen Auftrag, der technisch gleichzeitig ein Novum darstellt, muss dahin gehen, den Angebotsinhalt in der Sache aufzuklären; der Darstellung bzw. Nachweisführung als solcher kommt nur eine den Inhalt vermittelnde Funktion zu, so dass den Bewerbungsbedingungen auf S. 49, wo für die Prüfung des Erfüllungsgrads u.a. auf die „Fehlende sprachliche Klarheit im Hinblick auf die Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Darstellung“ abgestellt wird, unter Ausnahme von Extremfällen nicht gefolgt werden kann (vgl. zu einer ähnlichen Problematik der unzulässigen Bewertung der Darstellung eines Bauablaufplans anstelle der gebotenen Bewertung des tatsächlich vorgesehenen Bauablaufs 2. Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 10. August 2018 – VK 2 62/18). Die Gefahr von Missverständnissen aus der schriftlichen Beantwortung kann über ein Aufklärungsgespräch ausgeschlossen werden, so z.B. wenn seitens des Bieters nicht exakt die Worte gewählt werden, die der Auftraggeber sich vorstellt. Hier z.B. meint die Ag, die ASt habe zum Muss-Kriterium A32 - und insoweit anders als bei den anderen Muss-Kriterien, wo sie dies getan habe - nicht dargelegt, dass sie einen Sicherheitsabschlag bei der XXX vorgenommen habe; tatsächlich aber hat die ASt in ihrem Aufklärungsschreiben vom 17. Dezember 2018, dort S. 13, immerhin ausgeführt, dass bestimmte, die XXX negativ beeinflussende Faktoren bereits Eingang in die Bestimmung der XXX gefunden hätten. Die ASt hat also die Begrifflichkeit des „Sicherheitsabschlags“ nicht verwendet, jedoch in anderen Worten dargelegt, dass sie bestimmte Risikofaktoren berücksichtigt habe. Ob damit der von der Ag für erforderlich gehaltene Sicherheitsabschlag in der Sache tatsächlich vorgenommen wurde oder eben nicht, muss Gegenstand einer Aufklärung sein, um die Aussage, die ASt werde die geschuldeten XXX im Falle einer Auftragsdurchführung nicht erreichen und müsse damit wegen Nicht-Erfüllung der Muss-Vorgaben aus dem Wettbewerb ausgeschlossen werden, auf eine definitiv abgesicherte Grundlage zu stellen.

Die auf die Rüge der ASt nach Erhalt der Mitteilung gemäß § 134 GWB am 27. Dezember 2018 durchgeführte Videokonferenz beinhaltete keine Aufklärung in diesem Sinne, denn ausweislich des Protokolls hierüber, das sich im „Protokollstatus: Entwurf“ in der Vergabeakte befindet und der ASt im Rahmen der Akteneinsicht im vorliegenden Nachprüfungsverfahren bekannt wurde, diente diese nicht der Aufklärung und Erläuterung des Angebotsinhalts, sondern – so Ziffer „2. Anlass und Zweck des Protokolls“ – „der für den Bieter nachvollziehbaren Darlegung“ der Entscheidung gemäß Vorinformation vom 19. Dezember 2018; die Rüge der ASt habe, so das Protokoll, keinen Anlass gegeben, von dieser Entscheidung abzuweichen.

Auch die Tatsache, dass vor dem finalen Angebot Verhandlungsgespräche auf der Basis der Erstangebote geführt wurden, macht die Durchführung eines abschließenden Aufklärungsgesprächs nicht obsolet. Denn maßgeblich ist allein das finale Angebot, das bei der ASt auch nach dem Aufklärungsschreiben vom 13. Dezember 2018 laut „Prüfergebnis nach Aufklärung vom 13.12.2018“ in seiner Nachweisführung als nicht plausibel und als nicht widerspruchsfrei angesehen wurde. Ebenso wie in Bezug auf das Finanzierungskonzept der Bg, zu dem nach der Aufklärung vom 13. Dezember 2018 auch noch ein abschließendes Aufklärungsersuchen mit Schreiben der Ag vom 14. Dezember 2018 stattgefunden hatte, ist eine Aufklärung auch in Bezug auf das Angebot der ASt, allerdings aus den genannten Gründen in Gesprächsform, durchzuführen. Eine Aufklärung ist vorrangig vor dem Ausschluss (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Mai 2016 – Verg 50/16) und hier war die Aufklärung über die im Vergleich zum Aufklärungsersuchen der Ag vom 4. Dezember 2018 verbliebenen wenigen Punkte, die aus Sicht der Ag noch nicht plausibel und widerspruchsfrei dargelegt worden waren, noch nicht hinreichend erfolgt. In der Durchführung eines persönlichen Aufklärungsgesprächs mit der ASt liegt keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Lasten der Bg. Bei beiden Angeboten gab es auch nach den Aufklärungsschreiben der Bieter noch offene Punkte, die bei jedem Bieter in der geeigneten Form aufzuklären waren. Bei der Bg reichte die Schriftform aus, bei der ASt ist das persönliche Gespräch geboten.

Eine Änderung des technischen Angebotsinhalts der ASt, die in diesem Stadium der finalen Angebote unzulässig wäre, ist nicht zu befürchten, da der Angebotsinhalt durch das schriftliche Angebot fixiert ist und in seinem technischen Teil unveränderbar feststeht.

bb) Angesichts des Preisabstands zwischen den Angeboten von ASt und Bg ist zwar zunächst fraglich, ob eine Änderung im Finanzierungskonzept und dadurch bedingte Auswirkungen auf die Preise im Angebot der ASt dazu führen, dass das Angebot der ASt als das wirtschaftlichste aus dem Wettbewerb hervorgehen kann, falls es nach abschließender Aufklärung die Mindestbedingungen erfüllen sollte. Derzeit wäre das Angebot der ASt auch bei einer fiktiven Annahme, wonach die Bg 0 qualitative, die ASt die maximalen Qualitätspunkte von 3000 erhielte, nicht erstplatziert. Die ASt erhält aber gerade Gelegenheit, das Finanzierungskonzept angesichts der von der Ag zu kommunizierenden geänderten Vorgaben zu überprüfen mit möglichen Auswirkungen auf die angebotenen Preise. Ein Zuschlagserhalt ist damit jedenfalls nicht ausgeschlossen. Bei – wie hier - festgestelltem Verstoß gegen Vergaberecht ist ein Nachprüfungsantrag nur dann unbegründet, wenn gänzlich auszuschließen ist, dass es durch den Verstoß gegen Vergaberecht zu einer Beeinträchtigung der Auftragschancen des jeweiligen Antragstellers gekommen ist (so zuletzt OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Januar 2018, VII-Verg 39/17 m.w.N.). Da der ASt gerade Gelegenheit gegeben werden muss, das Finanzierungskonzept einschließlich Auswirkungen auf die Preise, so es solche Auswirkungen geben sollte, an die neuen Vorgaben anzupassen, ist eine Auftragschance nicht in diesem Sinne ausgeschlossen, zumal die Preise in Preispunkte gemäß Interpolation (ausführlich erläutert auf S. 47 f. der Bewerbungsbedingungen) umgerechnet werden, also nicht als absoluter Euro-Betrag Eingang in die Wertung finden. Es wäre spekulativ, die Auswirkungen möglicher Preisänderungen in der Gesamtwertung vorwegzunehmen und auf dieser Basis eine Rechtsverletzung der ASt infolge des Vergabefehlers vorschnell zu verneinen.

d) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich bereits die kammerseitig anzuordnende Maßnahme, die erforderlich, aber auch ausreichend ist, um die Rechtsverletzung der ASt zu beseitigen. Die Ag hat jedenfalls der ASt gegenüber transparent darzulegen, welche Anforderungen nunmehr in Ziffer 6.8.4. gelten sollen, und der ASt unter Einräumung einer angemessenen Frist, § 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VgV, Gelegenheit zu geben, ihr Finanzierungskonzept angesichts der neuen Vorgaben zu prüfen sowie bei Bedarf auch die Preise anzupassen, falls sich hier Änderungen ergeben sollten (vgl. zur Fristverlängerung nach wesentlichen Änderungen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. März 2018 – Verg 40/17). Da der technische Angebotsteil durch die Änderungen zum Finanzierungskonzept nicht betroffen ist, bleibt es insoweit bei den finalen Angeboten; eine Möglichkeit, auch den technischen Teil der Angebote zu ändern, ist zur Beseitigung der Rechtsverletzung nicht erforderlich und würde dem in § 168 Abs. 1 GWB normierten Verhältnismäßigkeitsgebot widersprechen. Abgesehen davon dürfte angesichts der in der mündlichen Verhandlung von allen Seiten bestätigten Komplexität des Auftrags bei realistischer Betrachtung keinem Bieter eine Ad-hoc-Änderung seines technischen Angebotsinhalts möglich sein. Der technische Teil des Angebots der ASt ist in Bezug auf die Mindestbedingungen und deren Erfüllung in einem Gespräch mit der ASt aufzuklären.

Wie mit dem dritten, nicht am vorliegenden Nachprüfungsverfahren beteiligten Bieter zu verfahren ist, der ebenfalls wegen Nicht-Erfüllung von Mindestbedingungen ausgeschlossen wurde, kann kammerseitig nicht beurteilt werden; die Ag wird jedenfalls auch insoweit den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Sätze 1 und 4 GWB, § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 VwVfG (Bund).

Danach hat die Ag als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu tragen.

Da die Bg in der Sache vorgetragen sowie Anträge gestellt hat, hat sie ein Kostenrisiko auf sich genommen und ist als mit der Ag unterliegende Partei anzusehen. Sie ist daher an der Kostenentscheidung sowie an der Entscheidung über die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu beteiligen.

Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der ASt war notwendig, weil die ASt als Unternehmen in dem gerichtsähnlich ausgestatteten Nachprüfungsverfahren nicht über den erforderlichen verfahrensrechtlichen Hintergrund verfügt. Es kommt hinzu, dass die Ag bereits im Rügeverfahren durch ihren Verfahrensbevollmächtigten anwaltlich vertreten war, so dass der Gesichtspunkt der Waffengleichheit ebenfalls für die Notwendigkeit der Hinzuziehung durch die ASt im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer spricht.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf - Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

Dr. Herlemann

Dr. Brauser-Jung

Redaktionelle Anmerkung 1

Gegen den Beschluss wurde sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf unter dem Az. VII Verg 7/19 eingelegt.

Zitierung:
VK Bund, 13.02.2019, VK 2 - 118 / 18
Bundesland:
Bund
Fundstelle:
VergabeNews 4/2019, S. 68 (Kurzdarstellung)