Fachliteratur  Weitere Fachbücher  Praxisratgeber  Schwellenwerte und Schätzung des Auftragswertes im Vergaberecht  6. Bauleistungen 

Werk:
Schwellenwerte und Schätzung des Auftragswertes im Vergaberecht
Autor:
Thomas Ferber
Stand:
April 2016
Thema:
Vergabe
Auflage:
1. Auflage

6.1 Schätzen der Baukosten gemäß DIN 276

Zur Schätzung der Baukosten empfiehlt sich die Anwendung der DIN 276. Die DIN 276 hat sich als strukturierte Vorgehensweise zur Ermittlung und Gliederung von Kosten im Hochbau etabliert und ist von der Vergaberechtsprechung akzeptiert.

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.07.2006, VK 18 / 06:Insgesamt dürfen an die Schätzung selber jedoch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden […]. Eine Schätzung nach DIN 276 reicht aus.

Mit der DIN 276 werden die Kosten in Kostengruppen gegliedert. Die folgende Abbildung stellt die Kostengruppen der ersten Ebene gemäß DIN 276 dar.

Kostengruppen der ersten Ebene gemäß DIN 276

Die Kostengruppen der ersten Ebene werden durch Kostengruppen der zweiten und dritten Ebene konkretisiert.1Siemon, Klaus D. Baukosten bei Neu- und Umbauten, 5. Aufl. 2012, S. 76 ff.

Kostengruppen der zweiten Ebene gemäß DIN 276

Kostengruppen der dritten Ebene gemäß DIN 276

Bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes werden die folgenden Kosten berücksichtigt2Lausen, in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 3 VgV, Rn. 67.:

Kosten des Bauwerks

1.

Baustelleneinrichtung

2.

Baukonstruktion (Bauleistungen für den Roh- und Ausbau)

3.

Installationen

4.

zentrale Betriebstechnik

5.

betriebliche Einbauten

6.

besondere Bauausführungen

Kosten des Geräts (z.B. Dach- und Schornsteinleitern)

Kosten für Außenanlagen

Kosten für zusätzliche Maßnahmen

Nicht zum Gesamtauftragswert gehören die folgenden Kosten3Lausen, in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 3 VgV, Rn. 69.:

die Grundstückskosten

die Kosten der öffentlichen Erschließung

die Kosten für Vermessung und Vermarktung,

die Kosten für bewegliche Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände

etwaige Entschädigungen und Schadensersatzleistungen

Baunebenkosten wie z. B. Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen (soweit diese nicht ausnahmsweise auch zum ausgeschriebenen Bauauftrag gehören), Kosten für Verwaltungsleistungen des Auftraggebers bei Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens, Kosten für die Baugenehmigung, Kosten für die Bauversicherung, Kosten der Finanzierung

Im Folgenden sind einige Beispiele aus der Rechtsprechung aufgeführt.

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.7.2006, VK 18 / 06:Nicht zum Gesamtauftragswert gehören die Baunebenkosten, die Grundstückskosten, die Kosten der öffentlichen Erschließung, die Kosten für Vermessung und Vermarktung, die Kosten für bewegliche Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände sowie etwaige Entschädigungen und Schadensersatzleistungen […] Insgesamt dürfen an die Schätzung selber jedoch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden […]. Eine Schätzung nach DIN 276 reicht aus.

VK Südbayern, Beschluss v. 3.8.2004, 43 – 06 / 04:[…]; nicht zum Gesamtauftragswert gehören die Baunebenkosten, die Grundstückskosten, die Kosten der öffentlichen Erschließung, die Kosten für Vermessung und Vermarkung, Kosten für bewegliche Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände sowie etwaige Entschädigungen und Schadenersatzleistungen […] Kosten für die Baubewachung sind nicht als Baunebenkosten anzusehen und deshalb in den Gesamtauftragswert einzubeziehen.

VK Südbayern, Beschluss v. 3.8.2004, 43 – 06 / 04:Zu den Baunebenkosten gehören alle Kosten, die neben der Vergütung für die ausgeschriebene Bauleistung im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben entstehen, wie z. B. Kosten für Architekten- und Ingenieur-leistungen (soweit diese nicht ausnahmsweise auch zum ausgeschriebenen Bauauftrag gehören), für Verwaltungsleistungen des Auftraggebers bei Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens, für die Baugenehmigung, für die Bauversicherung, Finanzierungskosten, etc.

OLG Celle, Beschluss v. 14.11.2002, 13 Verg 8 – 02:Der […] maßgebliche Gesamtauftragswert errechnet sich aus der Summe aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Leistungen ohne Umsatzsteuer; nicht zum Gesamtauftragswert gehören u.a. die Baunebenkosten.

VK Brandenburg, Beschluss v. 28.02.2007, 2 VK 8/07:Hier werden Planungskosten nur dann eingerechnet, wenn sie zusammen mit der Bauleistung in Auftrag gegeben und somit als Bestandteil der vom Auftragnehmer zu erbringenden Bauleistung anzusehen sind (Franke, Kemper, Zanner, Grünhagen, VOB Kommentar, 2. A., § 1 a VOB/A, Rn. 26; Heiermann u.a., juris Praxiskommentar Vergaberecht, § 3 VgV, Rn. 26). Mit der Ausschreibung von Planungsleistungen wird in der Regel ein anderer Interessentenkreis am Markt erfasst, und zwar die Architektur- und Ingenieurbüros oder Projektsteuerer bzw. im Falle der gemeinsamen Ausschreibung der Interessentenkreis der Generalunternehmer oder Generalübernehmer. Der Wille des Gesetzgebers, Aufträge im Wettbewerb zu vergeben, wird dadurch nicht unterlaufen (vgl. VK Münster, Beschluss vom 15. November 2006 – VK 13/06).“

Werden die Planungsleistungen zusammen mit der Ausführung des Bauauftrags ausgeschrieben, dann sind die Planungsleistungen, welche im Leistungsverzeichnis enthalten und vom Auftragnehmer zu erbringen sind, zu den Bauausführungskosten bei der Schätzung des Auftragswertes hinzuzurechnen.

VK Saarland, Beschluss v. 14.07.2010, 1 VK 08 / 2010, amtlicher Leitsatz:Zwar sind Baunebenkosten grundsätzlich bei der Gesamtauftragsbewertung (Schwellenwertberechnung) außen vor zu lassen; etwas Anderes gilt aber dann, wenn sich der Auftraggeber dazu entschieden hat, die beiden Leistungen Planung und Ausführung gemeinsam als einen Auftrag auszuschreiben und über beide Leistungen einen Vertrag zu schließen. Maßgeblich insoweit ist das auftragsgegenständliche Leistungsverzeichnis.

OLG München, Beschluss v. 31.10.2012, Verg 19 / 12:Es trifft zwar zu, dass Baunebenkosten grundsätzlich bei der Schwellenwertberechnung nicht zu berücksichtigen sein sollen […], doch gilt dies nicht für den Fall, dass der Auftraggeber sowohl die Leistung als auch die Planung ausschreibt, weil sich der Auftrag bzw. der abzuschließende Vertrag dann auf beide Leistungsteile bezieht (VK Saarland vom 14.7.2010 – 1 VK 08/2010). […] Damit sind Planungsleistungen, welche […] vom Auftragnehmer zu erbringen sind, zu den Bauausführungskosten bei der Schätzung des Auftragswertes hinzuzurechnen.

Werden die Planungsleistungen getrennt ausgeschrieben, so werden die Planungskosten bei der Berechnung des Bauauftragswertes nicht berücksichtigt.

VK Nordbayern, Beschluss v. 26.07.2005, 320 . VK – 3194 – 26 / 05:Der zu schätzende Gesamtauftragswert errechnet sich bei Bauaufträgen aus der Summe der Auftragswerte aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Bauleistungen. Von der Bauleistung getrennt zu vergebende Planungskosten sind bei der Berechnung des Bauauftragswertes nicht zu berücksichtigen.