Bauaufträge im Sinne von § 1 EG werden von öffentlichen Auftraggebern nach § 98 Nummer 1 bis 3 und 5 GWB vergeben:
im offenen Verfahren; bei einem offenen Verfahren wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert,
im nicht offenen Verfahren; bei einem nicht offenen Verfahren wird öffentlich zur Teilnahme, aus dem Bewerberkreis sodann eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert,
im Verhandlungsverfahren; beim Verhandlungsverfahren mit oder ohne öffentliche Vergabebekanntmachung wendet sich der Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen und verhandelt mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die von diesen unterbreiteten Angebote, um diese entsprechend den in der Bekanntmachung, den Vergabeunterlagen und etwaigen sonstigen Unterlagen angegebenen Anforderungen anzupassen,
im wettbewerblichen Dialog; ein wettbewerblicher Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge, bei dem nach Aufforderung zur Teilnahme Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags erfolgen.
Das offene Verfahren hat Vorrang vor den anderen Verfahren, es muss angewendet werden, wenn nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen.
Das nicht offene Verfahren ist zulässig, wenn
eine Bearbeitung des Angebotes wegen der Eigenart der Leistung einen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordert,
die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in geeigneter Weise ausgeführt werden kann, besonders wenn außergewöhnliche Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit (beispielsweise Erfahrung, technische Einrichtungen oder fachkundige Arbeitskräfte) erforderlich ist,
ein offenes Verfahren oder nicht offenes Verfahren aufgehoben wurde,
das offene Verfahren aus anderen Gründen unzweckmäßig ist.
Das Verhandlungsverfahren mit öffentlicher Vergabebekanntmachung ist zulässig,
wenn ein offenes Verfahren oder nicht offenes Verfahren wegen nicht annehmbarer Angebote aufgehoben wurde und die ursprünglichen Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert worden sind,
wenn die betroffenen Bauvorhaben nur zu Forschungs-, Versuchs- oder Entwicklungszwecken durchgeführt werden und nicht mit dem Ziel der Rentabilität oder der Deckung von Entwicklungskosten,
wenn im Ausnahmefall die Leistung nach Art und Umfang oder wegen der damit verbundenen Wagnisse nicht eindeutig und nicht so erschöpfend beschrieben werden kann, dass eine einwandfreie Preisermittlung zur Vereinbarung einer festen Vergütung möglich ist.
Das Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung ist zulässig,
wenn bei einem offenen Verfahren oder bei einem nicht offenen Verfahren
keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben worden sind und
die ursprünglichen Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert werden und
in das Verhandlungsverfahren alle Bieter aus dem vorausgegangenen Verfahren einbezogen werden, die fachkundig, leistungsfähig sowie gesetzestreu und zuverlässig sind,
wenn bei einem offenen Verfahren oder bei einem nicht offenen Verfahren
keine Angebote oder keine Bewerbungen abgegeben worden sind oder
nur solche Angebote abgegeben worden sind, die nach § 16 EG Absatz 1 auszuschließen sind,
und die ursprünglichen Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert werden,
wenn die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen Gründen oder auf Grund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden können,
wenn wegen der Dringlichkeit der Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, die in § 10 EG Absatz 1, 2 und 3 Nummer 1 vorgeschriebenen Fristen nicht eingehalten werden können,
wenn an einen Auftragnehmer zusätzliche Leistungen vergeben werden sollen, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im ursprünglich geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Leistung erforderlich sind, sofern diese Leistungen
sich entweder aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht ohne wesentliche Nachteile für den Auftraggeber vom ursprünglichen Auftrag trennen lassen oder
für die Vollendung der im ursprünglichen Auftrag beschriebenen Leistung unbedingt erforderlich sind, auch wenn sie getrennt vergeben werden könnten;
Voraussetzung dafür ist, dass der geschätzte Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Bauleistungen die Hälfte des Wertes des ursprünglichen Auftrages nicht überschreitet,
wenn gleichartige Bauleistungen wiederholt werden, die durch denselben Auftraggeber an den Auftragnehmer vergeben werden, der den ursprünglichen Auftrag erhalten hat, und wenn sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Gegenstand des ursprünglichen Auftrags war, der nach einem offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben wurde. Die Möglichkeit, dieses Verfahren anzuwenden, muss bereits bei der Bekanntmachung der Ausschreibung für das erste Vorhaben angegeben werden; der für die Fortsetzung der Bauarbeiten in Aussicht gestellte Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Anwendung von § 1 EG berücksichtigt. Dieses Verfahren darf jedoch nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.
Die Fälle der Nummern 5 und 6 sind nur anzuwenden bei der Vergabe von Aufträgen mit einem Auftragswert nach § 1 EG Absatz 2 Nummer 2.
Der öffentliche Auftraggeber trägt dafür Sorge, dass alle Bieter bei den Verhandlungen gleich behandelt werden. Insbesondere enthält er sich jeder diskriminierenden Weitergabe von Informationen, durch die bestimmte Bieter gegenüber anderen begünstigt werden könnten.
Der Auftraggeber kann vorsehen, dass das Verhandlungsverfahren in verschiedenen aufeinander folgenden Phasen durchgeführt wird. In jeder Verhandlungsphase kann die Zahl der Angebote, über die verhandelt wird, auf der Grundlage der in der Bekanntmachung oder in den Vertragsunterlagen angegebenen Zuschlagskriterien verringert werden. In der Schlussphase müssen noch so viele Angebote vorliegen, dass ein Wettbewerb gewährleistet ist.
Der wettbewerbliche Dialog ist zulässig, wenn der Auftraggeber objektiv nicht in der Lage ist,
die technischen Mittel anzugeben, mit denen seine Bedürfnisse und Anforderungen erfüllt werden können, oder
die rechtlichen oder finanziellen Bedingungen des Vorhabens anzugeben.
Der Auftraggeber hat seine Bedürfnisse und Anforderungen bekannt zu machen; die Erläuterung dieser Anforderungen erfolgt in der Bekanntmachung oder in einer Beschreibung.
Mit den Unternehmen, die im Anschluss an die Bekanntmachung nach Nummer 2 ausgewählt wurden, ist ein Dialog zu eröffnen. In dem Dialog legt der Auftraggeber fest, wie seine Bedürfnisse am besten erfüllt werden können; er kann mit den ausgewählten Unternehmen alle Einzelheiten des Auftrags erörtern.
Der Auftraggeber hat dafür zu sorgen, dass alle Unternehmen bei dem Dialog gleich behandelt werden; insbesondere darf er Informationen nicht so weitergeben, dass bestimmte Unternehmen begünstigt werden könnten. Der Auftraggeber darf Lösungsvorschläge oder vertrauliche Informationen eines Unternehmens
nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Unternehmen weitergeben und
nur im Rahmen des Vergabeverfahrens verwenden.
Der Auftraggeber kann vorsehen, dass der Dialog in verschiedenen aufeinander folgenden Phasen geführt wird. In jeder Dialogphase kann die Zahl der zu erörternden Lösungen auf Grundlage der in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen angegebenen Zuschlagskriterien verringert werden. Der Auftraggeber hat die Unternehmen zu informieren, wenn deren Lösungen nicht für die nächstfolgende Dialogphase vorgesehen sind. In der Schlussphase müssen noch so viele Angebote vorliegen, dass ein Wettbewerb gewährleistet ist.
Der Auftraggeber hat den Dialog für abgeschlossen zu erklären, wenn
eine Lösung gefunden worden ist, die seine Bedürfnisse und Anforderungen erfüllt, oder
erkennbar ist, dass keine Lösung gefunden werden kann.
Der Auftraggeber hat die Unternehmen über den Abschluss des Dialogs zu informieren.
Im Fall von Nummer 6 Buchstabe a hat der Auftraggeber die Unternehmen aufzufordern, auf der Grundlage der eingereichten und in der Dialogphase näher ausgeführten Lösungen ihr endgültiges Angebot vorzulegen. Die Angebote müssen alle Einzelheiten enthalten, die zur Ausführung des Projekts erforderlich sind. Der Auftraggeber kann verlangen, dass Präzisierungen, Klarstellungen und Ergänzungen zu diesen Angeboten gemacht werden. Diese Präzisierungen, Klarstellungen oder Ergänzungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass grundlegende Elemente des Angebotes oder der Ausschreibung geändert werden, dass der Wettbewerb verzerrt wird oder andere am Verfahren beteiligte Unternehmen diskriminiert werden.
Der Auftraggeber hat die Angebote auf Grund der in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien zu bewerten und das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen. Der Auftraggeber darf das Unternehmen, dessen Angebot als das wirtschaftlichste ermittelt wurde, auffordern, bestimmte Einzelheiten des Angebotes näher zu erläutern oder im Angebot enthaltene Zusagen zu bestätigen. Dies darf nicht dazu führen, dass wesentliche Aspekte des Angebotes oder der Ausschreibung geändert werden, und dass der Wettbewerb verzerrt wird oder andere am Verfahren beteiligte Unternehmen diskriminiert werden.
Verlangt der Auftraggeber, dass die am wettbewerblichen Dialog teilnehmenden Unternehmen Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen ausarbeiten, muss er einheitlich allen Unternehmen, die die geforderten Unterlagen rechtzeitig vorgelegt haben, eine angemessene Kostenerstattung gewähren.
Die Voraussetzungen unter denen das Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung zulässig ist, sind in § 3 EG Abs. 5 geregelt. Das Verhandlungsverfahren hat Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung gelangen (vgl. zwölfte Begründungserwägung der Richtlinie 93/36/EWG und achte Begründungserwägung der Richtlinie 93/37). Auch die Regelung des § 3 EG Abs. 5 ist daher abschließend (EuGH, Urteil vom 13.01.2005 – C-84/03 [Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Spanien]). Ein Rückgriff auf die Bestimmung des § 3 Nr. 4 VOB/A war bereits vor der Neuregelung nicht zulässig (VK Sachsen, Beschluss vom 17.12.2007 – 1/SVK/073-07) und verbietet sich auf Grund der nunmehr in sich geschlossenen Regelungen des 2. Abschnitts der VOB/A von selbst. Als Ausnahmefall ist die Vorschrift – das entspricht insbesondere ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – restriktiv auszulegen (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-275/08 [Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland]; EuGH, Urteil vom 22.05.2008 [Citiworks AG], NVwZ 2008, 769).
Dass die Voraussetzungen der Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Bekanntmachung vorliegen, hat der Auftraggeber darzulegen (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 15.05.2008 – C-147/06 und C-148/06 [SECAP SpA/Comune di Torino und Santorso Soc. coop. Arl/Comune di Torino]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2010 –Verg 44/10). Die Gründe für die Wahl des Verfahrens sind also ordnungsgemäß, penibel und sorgfältig sowie vor allem nachvollziehbar von dem Auftraggeber zu dokumentieren (§ 20 EG Abs. 1 Nr. 9 VOB/A). Die Einhaltung dieser Gründe wird von der Vergabekammer – ggf. im Rahmen der Amtsermittlung – überprüft.
Nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 kann ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchgeführt werden, wenn bei einem offenen oder nicht offenen Verfahren keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben wurden (Nr. 1 lit. a), die Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert werden (Nr. 1 lit. b) und in das Verhandlungsverfahren alle Bieter aus dem vorausgegangenen Verfahren einbezogen werden, die fachkundig, zuverlässig, leistungsfähig und gesetzestreu sind (Nr. 1 lit. c). Die Aufnahme des Merkmals der Gesetzestreue hat keine eigenständige Bedeutung, sondern erfolgte nur zur Vereinheitlichung der entsprechend neu gefassten Bestimmung des § 2 EG Abs. 1 Nr. 1 (zur Gesetzestreue als Bestandteil der Zuverlässigkeit vgl. die Kommentierung zu § 2 EG VOB/A, Rn. 11). Die Bestimmung ist ein Spezialfall von § 3 EG Abs. 4 Nr. 1 mit dem Unterschied, dass es hier nicht auf annehmbare, sondern wirtschaftliche Angebote (zu den sich daraus ergebenden Folgen vgl. Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 28) ankommt und die Bieter aus dem vorangegangenen Verfahren nach den genannten Kriterien einzubeziehen sind. Wegen des vorausgesetzten Anschlusses an ein offenes oder nicht offenes Verfahren, des Fehlens von Angeboten und des Verbots der grundlegenden Änderung der Vertragsunterlagen wird auf die Kommentierung zu § 3 EG Abs. 4 Nr. 1 verwiesen (siehe oben Rn. 84).
In das Verhandlungsverfahren sind alle geeigneten Bieter aus dem vorangegangenen Verfahren einzubeziehen (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 03.04.2007 – Verg 2/07; a. A. OLG Naumburg, Beschluss vom 13.05.2008 – 1 Verg 3/08). Schreibt der öffentliche Auftraggeber nach der Kündigung eines Bauauftrages die Bauleistung erneut aus, ist der gekündigte Unternehmer nicht von vornherein von der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen (OLG München, Beschluss vom 05.10.2012 – Verg 15/12). Streitig ist, ob auch solche Bieter einzubeziehen sind, deren Angebote zuvor aus formalen Gründen, etwa wegen Unvollständigkeit oder fehlender Unterschrift ausgeschlossen wurden, sofern sie die geforderte Eignung aufweisen (vgl. etwa Bauer in: Heiermann/Riedl/Rusam, 12. Auflage 2011, § 3a VOB/A Rn. 18 mit Hinweis auf OLG Dresden, Beschluss vom 16.10.2001 – WVerg 0007/01; dagegen: Stickler/Kallmayer in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teile A und B, 3. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 116).
Mit Blick auf die Regelung der Vergabekoordinierungsrichtlinie, die in Art. 30 Abs. 1 lit. a Unterabs. 2 ausdrücklich auch auf die formalen Voraussetzungen abstellt, dürfte dies zu verneinen sein, weil die Angebote im vorausgegangenen Vergabeverfahren damit weder in der ersten Wertungsstufe, das heißt der formalen Prüfung, noch in der zweiten Wertungsstufe, also der Prüfung der Eignung ausgeschlossen worden sein durften. Die Einbeziehung von geeigneten Bietern, deren Angebote ursprünglich aus formalen Gründen ausgeschlossen wurden, ist daher bei richtlinienkonformer Auslegung richtigerweise nicht zulässig (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 03.04.2007 – Verg 2/07; OLG Naumburg, Beschluss vom 13.05.2008 – 1 Verg 3/08; anders wohl VK Sachsen, Beschluss vom 27.09.2011 – 1/SVK/038-11). Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Bekanntmachung ist unter den Voraussetzungen gestattet, dass kein Angebot die Wertungsstufen unbeanstandet passiert hat und vom Auftraggeber bezugschlagt werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2010 – VII Verg 44/10; vorangegangen: VK Bund, Beschluss vom 09.09.2010 – VK 3-87/10).
Dem Verhandlungsverfahren sind die Zuschlagskriterien aus dem vorangegangenen Verfahren zugrunde zu legen (VK Südbayern, Beschluss vom 21.04.2004 – 24-04/04). Soweit vertreten wird, dass der Auftraggeber nach Einholung der Angebote aller Bieter berechtigt sei, die Nachverhandlungen mit dem günstigsten Bieter zu beginnen und auf diesen zu beschränken (VÜA Bund, Beschluss vom 30.10.1996 – 1 VÜ 19/96, WuW 1998, 427; Bauer in: Heiermann/Riedl/Rusam, 12. Auflage 2011, § 3a VOB/A Rn. 18; Stickler/Kallmayer in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teile A und B, 3. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 117), ist dies mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Auch im Verhandlungsverfahren gelten die allgemeinen Vergabegrundsätze, wie auch ausdrücklich § 3 EG Abs. 6 zu entnehmen ist. Ist der Wettbewerb im Verhandlungsverfahren ohne Vergabebekanntmachung auf ein Minimum reduziert, dürfen die Verhandlungen nicht auf nur einen Bieter beschränkt werden. § 3 EG Abs. 6 Nr. 2 sieht für die Schlussphase beim sukzessiven Abschichten ausdrücklich vor, dass noch so viele Angebote vorliegen müssen, dass ein echter Wettbewerb gewährleistet ist. Auch wenn keine Phasenbildung vorgenommen wird, kann insoweit nichts anderes gelten.
Nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 kann ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchgeführt werden, wenn bei einem offenen Verfahren oder nicht offenen Verfahren keine Angebote oder Bewerbungen (Nr. 2 lit. a) oder nur nach § 16 EG Abs. 1 auszuschließende Angebote (Nr. 2 lit. b) abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert werden. Die Bestimmung ist ein Spezialfall von § 3 EG Abs. 4 Nr. 1 mit dem Unterschied, dass es hier nicht auf Angebote ankommt, die nicht den Vorgaben des Auftraggebers entsprechen, sondern dass hier die Angebote gänzlich untauglich sind. Wegen des vorausgesetzten Anschlusses an ein offenes oder nicht offenes Verfahren und des Fehlens von Angeboten und des Verbots der grundlegenden Änderung der Vertragsunterlagen wird auf die Kommentierung zu § 3 EG Abs. 4 Nr. 1 VOB/A verwiesen.
Im Gegensatz zu § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ist die Durchführung des Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Bekanntmachung auch zulässig, wenn nicht alle Bieter aus dem vorangegangenen Verfahren einbezogen werden. Auch wenn ein Anspruch auf Einbeziehung nicht bestehen sollte (OLG Jena, Vorlagebeschluss vom 20.06.2005 – 9 Verg 03/05), hat der Auftraggeber seine transparente Auswahlentscheidung nachvollziehbar zu dokumentieren.
Nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ist die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Vergabebekanntmachung möglich, wenn die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden können. Die Bestimmung gleicht derjenigen des § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 VOB/A, ist jedoch im Sinne der europarechtlichen Vorschriften auszulegen.
Es darf nur ein einziges Unternehmen für die Leistungserbringung in Betracht kommen. Dieses muss schon vor der Auftragsvergabe feststehen, damit ein Verhandlungsverfahren nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 zulässig ist. Es darf also von vornherein keine Wettbewerbssituation um die zu vergebenden Leistungen auftreten. Der Auftraggeber hat dies zuvor sorgfältig zu prüfen und den Markt insoweit europaweit zu erforschen (EuGH, Urteil vom 02.06.2005 – Rs. C-394/02, Rn. 33; Völlink in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, § 3a VOB/A Rn. 43). Er muss darlegen, warum die Vergabe zwingend nur an ein Unternehmen in Betracht kommt (vgl. EuGH, Urteil vom 15.05.2008 – C-147/06 und C-148/06 [SECAP SpA/Comune di Torino und Santorso Soc. coop. Arl/Comune di Torino]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2010 – Verg 44/10). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist – aufgrund der Dokumentation – einer strengen Prüfung zu unterziehen. Gegen das Argument, dass nur „ein einziges Unternehmen für die Leistungserbringung“ vorliegt, spricht die Tatsache, dass – wenn dies der Fall wäre – die Auftraggeber ohne weiteres ein Vergabeverfahren ohne großen Aufwand durchführen könnte, da ja nur ein Angebot eingehen wird. Die Erfahrung zeigt aber, dass wenn eine Ausschreibung durchgeführt wird, mehrere Angebote eingehen. Dies zeigt auf, dass i.d.R. die Behauptung dass nur „ein einziges Unternehmen für die Leistungserbringung“ vorliegt, eine Schutzbehauptung zur Umgehung des Vergaberechts ist. Auch hier gilt, dass die Vorschrift stets so auszulegen und anzuwenden, dass ihr Anwendungsbereich nicht zur Regel wird (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 – X ZB 8/09).
Die Voraussetzungen des § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 liegen nur vor, wenn die Arbeiten, die Gegenstand des Auftrags sind, eine technische Besonderheit aufweisen, und es aufgrund dieser technischen Besonderheit unbedingt erforderlich ist, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben. Das bedeutet, dass zwingend besondere Befähigungen oder spezielle Ausrüstungen zur Leistungserbringung erforderlich sind, über die nur ein Unternehmen verfügt (für technische Umweltschutzanforderungen: EuGH, Urteil vom 10.04.2003 – Rs. C-20/01 und C-28/01 [Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland unterstützt durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland]).
Ein Ausnahmetatbestand liegt insbesondere nicht bei – generell unzulässigen – produktspezifischen Eigenschaften oder im Falle einer Nähe zum Ort der Leistungserbringung (EuGH, Urteil vom 10.04.2003 – Rs. C-20/01 und C-28/01 [Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland unterstützt durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland]) vor, auch nicht, wenn zur Durchführung der Leistungen vor Ort eine Betriebsstätte erforderlich ist. Letzteres würde den Zweck eines europaweiten Verfahrens vereiteln, der gerade darin besteht, dass sich auch ausländische Unternehmen um den Auftrag bewerben. Ob solche ausländischen Unternehmen vorhanden sind, die eine etwa erforderliche Betriebsstätte vor Ort einrichten können, kann im Voraus gerade nicht ausgeschlossen werden, sondern soll erst durch das Vergabeverfahren in Erfahrung gebracht werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2002 – Verg 5/02).
Für künstlerische Gründe kommt es ebenfalls auf objektiv nachweisbare Aspekte an; eine rein subjektive, geschmackliche Vorliebe ist nicht maßgeblich (Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 31). Soweit ersichtlich hat diese Ausnahmebestimmung in der Rechtsprechung noch keine nachhaltige Resonanz gefunden, so dass sie als eng auszulegende Ausnahmevorschrift gestrichen werden könnte.
Für die in § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 genannten Ausschließlichkeitsrechte kommen etwa Warenzeichen, Vertriebslizenzen, Patente, Urheberrechte und sonstige gewerbliche Schutzrechte in Betracht (vgl. die Kommentierung zu § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 VOB/A). In jedem Fall ist es aber notwendig, dass aufgrund des Patents tatsächlich nur ein Anbieter die nachgefragte Leistung erbringen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008 – VII-Verg 46/08), und außerdem müssen die Patentvoraussetzungen erfüllt sein und im konkreten Fall von der technischen Lehre des Patents Gebrauch gemacht werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2003 – Verg 10/03). Auch hier gilt erneut eine Nachweispflicht auf Seiten des Auftraggebers (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2010 – 15 Verg 6/10). Auch bei anderen Ausschließlichkeitsrechten muss zwingend allein ein Anbieter die Leistung erbringen können (für Linienverkehrsgenehmigungen: VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2005 – 1 VK 05/05). Auch das Eigentum an einem Grundstück kann ein ausschließliches Recht im Sinne der Vorschrift sein (vgl. Ganske, BauR 2008, 1987, 1994).
Wenn wegen der Dringlichkeit der Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, die in § 10 EG Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1 vorgeschriebenen Fristen nicht eingehalten werden können, ist ebenfalls die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Vergabebekanntmachung zulässig (§ 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-275/08 [Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland]). Die Vorschrift ist vergleichbar mit § 3 Abs. 5 Nr. 2 VOB/A und § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A.
An das Vorliegen der Dringlichkeit sind hohe Anforderungen zu stellen. Sie muss in jedem Einzelfall objektiv nachgewiesen werden und es darf nach den Umständen des Einzelfalles die nachgefragte Leistung keinen Aufschub dulden. Nur ganz besondere Ausnahmefälle zur Behebung nicht vorhersehbarer Situationen können Dringlichkeit rechtfertigen, wie etwa die Behebung von Katastrophenschäden (OLG Celle, Beschluss vom 29.10.2009 – 13 Verg 8/09), die Beseitigung nicht vorhersehbarer Schäden oder Gefahren infolge von Witterungseinflüssen (Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 33) oder drohende vertragslose Zustände im Bereich der Daseinsvorsorge (Stickler/Kallmayer in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teile A und B, 3. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 127). Bloße finanzielle oder wirtschaftliche Gründe entsprechen dem nicht (OLG Celle, Beschluss vom 29.10.2009 – 13 Verg 8/09). Ein nur punktueller Engpass ist allerdings nicht ausreichend (VK Sachsen, Beschluss vom 07.04.2004 – 1/SVK/023-04). Die zugrundeliegenden Ereignisse müssen für die Dringlichkeit der nachgefragten Leistung ursächlich gewesen sein (vgl. EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-275/08). Es darf aber in keinem Fall so sein, dass der Auftraggeber den Fall der Dringlichkeit selbst verschuldet hat.
Die Einhaltung der in § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 genannten Fristen darf nachweislich nicht möglich sein. Die Bestimmung steht zu den fristverkürzenden Vorschriften des § 10 EG in einem Stufenverhältnis (näher dazu: Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 32).
Die besondere Dringlichkeit darf grundsätzlich nicht vom Auftraggeber verursacht oder vorhersehbar gewesen sein, womit nicht ein Verschulden des Auftraggebers maßgeblich oder erforderlich, sondern vielmehr die Zurechnung der dringlichkeitsverursachenden Ereignisse in seine Risikosphäre gemeint ist. Hat ein Auftraggeber seit geraumer Zeit auf eine entsprechende Auftragsvergabe hingearbeitet, war er aber aus internen Gründen (Finanznot, Vorrang der Suche nach einem privaten Investor) an einer früheren Bekanntmachung des Wettbewerbes gehindert, rechtfertigen solche internen Gründe es nicht, dann später den Wettbewerb für die Bieter einzuschränken (VK Sachsen, Beschluss vom 31.08.2011 – 1/SVK/030-11). Damit kann ein Fehlverhalten des Auftraggebers grundsätzlich nicht den Weg zu einem Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung ebnen. Entsteht beispielsweise dem Auftraggeber wegen eines Vergabeverfahrens ein großer Schaden und ist das Vorhaben insgesamt jedoch nicht gefährdet, ist die Vergabe von Leistungen nicht dringlich im Sinne von § 3 EG Abs. 5 Nr. 4 (vgl. VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.10.2010 – VK 2-34/10).
Nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 ist die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Vergabebekanntmachung zulässig, wenn zusätzliche Leistungen vergeben werden sollen, die weder in dem Vertrag des Auftragnehmers noch in dem diesem zugrunde liegenden Entwurf enthalten sind, jedoch wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Leistung erforderlich sind. Diese Leistungen dürfen sich ferner entweder aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht ohne wesentliche Nachteile für den Auftraggeber vom ursprünglichen Auftrag trennen lassen (§ 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 lit. a) oder müssen für die Vollendung der im ursprünglichen Auftrag beschriebenen Leistung unbedingt erforderlich sein, auch wenn sie getrennt vergeben werden könnten (§ 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 lit. b). Voraussetzung ist zudem in beiden Fällen, dass die geschätzte Vergütung für alle solche zusätzlichen Bauleistungen die Hälfte des Wertes des ursprünglichen Auftrages nicht überschreitet.
Notwendig ist, dass die Leistung zusätzlich neben die bisher vertraglich vereinbarte tritt, das heißt sie darf weder im ursprünglichen Vertrag noch in dessen Entwurf vorgesehen gewesen sein (Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 34).
Die zusätzliche Leistung muss erforderlich sein, damit die im ursprünglichen Auftrag vereinbarte Leistung durchgeführt werden kann, das heißt der ursprüngliche Bedarf wird von der beauftragten Bauleistung nicht mehr gedeckt. Änderungen im Bedarf des Auftraggebers rechtfertigen somit nicht ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung.
Voraussetzung für die Anwendung des § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 ist ferner ein unvorhergesehenes Ereignis, das die Ursache für die nun erforderlichen Zusatzleistungen ist. Maßgebend ist, ob das Ereignis bei verständiger Würdigung hätte vorhergesehen werden können, mithin vorhersehbar war. Andernfalls würde die Regelung des § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 selbst bei gröbster Sorgfaltswidrigkeit der Vertragspartner die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Vergabebekanntmachung ermöglichen. Damit würde aber der Zweck der Bestimmungen des § 3 EG und der Hierarchie der Vergabearten unterlaufen.
Nach den alternativen Voraussetzungen des § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 lit. a und b ist weiterhin entweder die fehlende Trennbarkeit aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen oder die unbedingte Erforderlichkeit für die Vollendung der im ursprünglichen Auftrag beschriebenen Leistung notwendig.
In der ersten Alternative ist erforderlich, dass bei einer Trennung der zusätzlichen Leistung vom ursprünglichen Auftrag wesentliche Nachteile entstehen können, womit nicht lediglich reine Unannehmlichkeiten oder geringfügige Erschwernisse gemeint sind. Aus technischer Sicht kann dies beispielsweise in Schwierigkeiten beim Bauablauf, insbesondere wegen des Einsatzes anderer Unternehmen oder darin begründet sein, dass spezielle Geräte oder Techniken zum Einsatz kommen. In wirtschaftlicher Hinsicht kommen vor allem Kosteneinsparungen durch eine aus einer Hand kommende Bauausführung und -betreuung in Betracht. Allerdings müssen die potenziellen Einsparungen von gewisser Erheblichkeit sein; nur geringfügige Einsparungen dürften das Absehen von einem größtmöglichen Wettbewerb in aller Regel nicht rechtfertigen.
In der zweiten Alternative müssen die Zusatzleistungen für die Vollendung der im ursprünglichen Auftrag beschriebenen Leistung unbedingt erforderlich sein, auch wenn sie getrennt vergeben werden könnten. Dass die Vollendung der Hauptleistung irgendwie vorteilhaft oder ratsam ist, ist nicht von Bedeutung. Vielmehr muss die Zusatzleistung zwingend erforderlich sein, was regelmäßig nur dann der Fall sein wird, wenn dadurch die Funktionalität der Hauptleistung sichergestellt wird (vgl. Stickler/Kallmayer in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teile A und B, 3. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 139).
Der vor Erteilung des Zusatzauftrages geschätzte Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Bauleistungen darf nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 a. E. die Hälfte des Wertes des ursprünglichen Auftrages nicht überschreiten.
Davon zu unterscheiden ist die Regelung des § 3 EG Abs. 5 Satz 2, wonach die Bestimmung des § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 nur Anwendung bei der Vergabe von Aufträgen mit einem Auftragswert nach § 1 EG Abs. 2 Nr. 2 finden soll, die für Lose gilt. Da bei zusätzlichen Leistungen nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 aber nicht Lose eines Gesamtauftrags, sondern vielmehr eigenständige Leistungen betroffen sind, ist § 3 EG Abs. 6 Satz 2 hier unbeachtlich (vgl. Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 36 m.w.N.; a.A. wohl Bauer in: Heiermann/Riedl/Rusam, 12. Auflage 2011, § 3a VOB/A Rn. 35).
Nach § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 kann das Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung durchgeführt werden, wenn gleichartige Bauleistungen wiederholt werden, die durch denselben Auftraggeber an denjenigen Auftragnehmer vergeben werden, der den ersten Auftrag erhalten hat. Der Auftragswert der Wiederholungsleistung ist schon bei der Schwellenwertberechnung der Hauptleistung nach § 1 EG VOB/A einzubeziehen (vgl. Hausmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, 1. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 137).
Die Anwendung dieser Bestimmung knüpft an vier Bedingungen an, die kumulativ vorliegen müssen: Auftraggeber und Unternehmen sind identisch; die zu wiederholenden Leistungen müssen einem Grundentwurf entsprechen, der schon Gegenstand des ersten Auftrages war und nach § 3 EG vergeben wurde; auf die geplanten Wiederholungsleistungen wurde bereits bei der ersten Ausschreibung hingewiesen; die Beauftragung der wiederholenden Leistung erfolgt innerhalb der Drei-Jahres-Frist.
Zu beachten ist, dass „Grundentwurf“ nicht voraussetzt, dass die zu wiederholende Bauleistung in allen Einzelheiten absolut identisch ist. Geringfügige Änderungen, etwa in technischer oder nutzungsbezogener Hinsicht sind – vor allem mit Blick auf den Drei-Jahres-Zeitraum – zulässig (Kulartz in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, 1. Auflage 2010, § 3a Rn. 137). Die zu wiederholenden Leistungen sind bereits bei der Schätzung des ursprünglichen Schwellenwertes zu berücksichtigen, weil der Auftraggeber bereits im Zeitpunkt der Vergabe des Hauptauftrages mit der Beauftragung der wiederholenden Leistung rechnet. Für den Beginn der Drei-Jahres-Frist, innerhalb derer das Verhandlungsverfahren nur zulässig ist, ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptauftrages abzustellen (EuGH, Urteil vom 14.09.2004 – C-385/02, Rn. 34).
Die Absenkung des Schwellenwertes nach § 3 EG Abs. 5 Nr. 6 Satz 2 ist unbeachtlich (Müller-Wrede in: Ingenstau/Korbion, VOB, Teile A und B, 18. Auflage 2013, § 3 EG VOB/A Rn. 36; a. A. Stickler/Kallmayer in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teile A und B, 3. Auflage 2010, § 3a VOB/A Rn. 147).
§ 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 7 enthielt einen weiteren Tatbestand, wonach das Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung bei Leistungen des bisherigen Auftragnehmers zur Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen zulässig war. Diese Ausnahmeregelung ist in der Neufassung der VOB/A 2012 ersatzlos weggefallen.