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Werk:
Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte
Autor:
Christopher Zeiss
Stand:
Dezember 2015
Auflage:
3. Auflage

b) Umgang mit Preisnachlässen

Unbedingte Preisnachlässe

Unbedingte Preisnachlässe, die an der entsprechenden Stelle des Angebotsvordrucks ausgewiesen sind, können und müssen berücksichtigt werden (vgl. § 16 Abs. 9 Satz 1 VOB/A 2012, § 13 Abs. 4 VOB/A 2012).

Beispiel

Unbedingter Preisnachlass

Lfd. Nr.
Leistung
Menge
Einheit
Preis pro Einheit in €
Gesamtbetrag in €
1
Baustelleneinrichtung
Pauschal
Pauschal
Pauschal
15.000,00
2
Erdaushub (Bodenklasse …) für das Fundament
350
m3
6,00
2.100,00
Summe netto (ohne MwSt.)
178.000,00
Preisnachlass
22.000,00
Summe netto (ohne MwSt.) nach Preisnachlass
156.000,00
MwSt. (19 %)
29.640,00
Endbetrag
185.640,00
Bedingte Preisnachlässe, Skonti

Vorsicht ist bei bedingten Preisnachlässen geboten. Hierher gehören insbesondere auch Skonti. Bei der Skontoabrede handelt es sich um einen aufschiebend bedingten Teilerlass der Forderung für den Fall der fristgerechten Zahlung.1BayObLG, Beschl. v. 9.9.2004 – Verg 18/04.

Beispiel

„3 % Skonto für den Fall der Zahlung binnen eines Monats“;

„5 % Preisnachlass bei Zuschlag bis zum …“2Letztere Klausel ist bei Verträgen über den Kauf gebrauchter Software zu finden.

Ob bedingte Preisnachlässe bei der Wertung berücksichtigt werden dürfen, war umstritten.3Vgl. BayObLG, Beschl. v. 9.9.2004 – Verg 18/04.

Keine bedingten Preisnachlässe werten!

Richtigerweise dürfen bedingte Preisnachlässe niemals gewertet werden. Weder bei Ausschreibungen, bei denen allein nach dem niedrigsten Preis, noch bei Ausschreibungen, bei denen nach dem wirtschaftlichsten Angebot gewertet werden soll, darf der Preisnachlass in die Wertung eingehen. Zum Zeitpunkt der Angebotswertung ist nämlich objektiv unsicher, ob die Bedingung eintritt und daher der Preisnachlass gewährt werden wird. Es wäre also rein spekulativ, wenn beim Angebotspreis der Preisnachlass berücksichtigt würde. Spekulative Umstände dürfen jedoch in einer Wertung nicht berücksichtigt werden.

Beispiel

Schließlich ist etwa bei der Skontoabrede objektiv nicht abzusehen, ob die Überweisung des Geldes rechtzeitig erfolgt, sodass tatsächlich die 3 % abgezogen werden können.

Skonti grds. nicht werten

Die VOB/A stellt seit 2009 klar (§ 16 Abs. 9 Satz 2 VOB/A):

Unaufgefordert angebotene Preisnachlässe mit Bedingungen für die Zahlungsfrist (Skonti) werden bei der Wertung der Angebote nicht berücksichtigt.

Nur bei Transparenz

Damit wird klargestellt, dass Skonti nur dann bei der Wertung berücksichtigt werden dürfen, wenn der Auftraggeber die Bieter (in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen) aufgefordert hatte, Preisnachlässe anzubieten.4Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A 2012, Rn. 510. In der Praxis bedeutet dies in der Regel, dass im Angebotsvordruck ein Feld „Skonto“ vorgesehen ist. Nur diese Transparenz stellt sicher, dass jeder Bieter erkennt, dass angebotene Skontoabzüge in die Wertung einbezogen und als weiteres Kriterium im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogen werden sollen.5BGH v. 11.3.2008 – X ZR 134/05; Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A 2012, Rn. 510.

Praxistipp
Voraussetzungen für die Zulässigkeit bedingter Preisnachlässe

Bedingte Preisnachlässe dürfen bei der Wertung nur berücksichtigt werden, wenn6Nach Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A 2012, Rn. 519.

der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ausdrücklich dazu aufgefordert hat, bedingte Preisnachlässe anzubieten;

der Auftraggeber die Voraussetzungen für die Berücksichtigung mitgeteilt hat;

die Bedingung allein an ein Verhalten des Auftraggebers (und nicht des Bieters oder eines Dritten) anknüpft;

bei der Wertung vom Eintritt der Bedingung ausgegangen werden kann.

Niedrigster Preis gilt

Wichtig für Auftraggeber und Auftragnehmer ist Folgendes: Auch bedingte Preisnachlässe bleiben rechtsverbindlicher Teil des Angebots. Wenn ein Auftragnehmer den Zuschlag erhalten hat, gelten die zugesagten Preisnachlässe auch dann, wenn diese in der Wertung nicht berücksichtigt wurden.7Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A 2012, Rn. 506. Der Auftragnehmer darf sich also nicht darauf berufen, dass er den Zuschlag auf den Grundpreis, ohne Preisnachlass, erhalten hat. Mit dem Zuschlag ist sein vollständiges Angebot angenommen, auch wenn bei der Wertung die angebotenen Preisnachlässe nicht berücksichtigt wurden.

2. Wertungssysteme

In der Regel reicht eine Bewertung allein nach dem niedrigsten Preis nicht aus, um jedenfalls komplexen Leistungsgegenständen gerecht zu werden. Kugelschreiber und Papier kann man sicher allein nach dem niedrigsten Preis beschaffen. Aber ein Dienstfahrzeug, einen Anbau an das Rathaus, eine individuelle Softwarelösung? Hier wird eine Vielzahl von Wertungskriterien benötigt. Wie das Beispiel der Energieeffizienz zeigt, sind weitere Wertungskriterien – neben dem Preis – teilweise sogar vorgeschrieben (dazu oben I.2.). Dabei gilt, dass diese auch unterhalb der Schwellenwerte in ein Bewertungssystem – in der Regel mit Gewichtung – eingebunden sein müssen (dazu sogleich unten). Wie mit den Gewichtungen bei der Wertung umzugehen ist, wird später anhand bewährter Bewertungsmethoden vorgestellt (dazu IV.).

Regelfall oberhalb der Schwellenwerte

Auf den ersten Blick scheint es, als gäbe es zwischen dem Anwendungsbereich der VOL/A und demjenigen der VOB/A Unterschiede hinsichtlich der Transparenzanforderungen. Im Anwendungsbereich der VOL/A wird auch für den Bereich unterhalb der Schwellenwerte ausdrücklich festgelegt, dass die Zuschlagskriterien den Bietern vor Angebotsabgabe transparent gemacht werden müssen (§ 16 Abs.7 VOL/A 2009):

„Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.“

Transparenz VOB/A

Anders hingegen im Anwendungsbereich der VOB/A. Hier gibt es eine entsprechende Vorschrift nur oberhalb der Schwellenwerte (§ 16 EG Abs. 8 VOB/A 2012):

„Bei der Wertung der Angebote dürfen nur Kriterien und deren Gewichtung berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.“

… auch unterhalb der Schwellenwerte

Jedoch gelten die vorgenannten Transparenzanforderungen für Bauleistungen auch unterhalb der Schwellenwerte: Bereits mit der Vergabebekanntmachung, spätestens aber mit den Verdingungsunterlagen, müssen die Zuschlagskriterien einschließlich aller Unterkriterien, ihrer Gewichtung und der Bewertungsmatrix transparent gemacht werden.8OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.7.2009 – VII-Verg 10/09. Dies gebieten auch unterhalb der Schwellenwerte schon das Transparenzprinzip und das Diskriminierungsverbot.9Summa, in: Heiermann/Zeiss, juris-PK VergR, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A Rn. 438. So hat der BGH schon im Jahr 1998 – also vor Einführung des Bieterschutzes durch das Vergaberechtsänderungsgesetz! – Folgendes ausgeführt:

„Es liegt auf der Hand, dass die Bieter der Willkür der Vergabestelle ausgeliefert wären, wenn diese nach Abgabe der Angebote im Wertungsverfahren die Zuschlagskriterien beliebig wählen könnte. Schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, ist es deshalb unabdingbar, dass die Zuschlagskriterien vorher (…) bekannt gemacht werden, damit sich interessierte Unternehmen hierauf einstellen können.“10BGH, Urt. v. 8.9.1998 – X ZR 109/96.

Auch gesunder Menschenverstand gebietet Transparenz

Eigentlich sollte dies aber auch der gesunde Menschenverstand gebieten. Der Auftraggeber muss dem Bieter die Ziele der Ausschreibung deutlich aufzeigen, um ein passgenaues Angebot zu erhalten. Will der Auftraggeber Geld sparen? Das wird deutlich, wenn der Preis bei der Wertung hoch gewichtet wird. Soll eine qualitativ hochwertige Leistung beschafft werden? Dann wird die Qualität hoch gewichtet. Ein Bauprojekt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ansprüchen des Auftraggebers nicht entsprechen, wenn dieser sich nur darauf beschränkt, in der Leistungsbeschreibung Mindestvorgaben zu machen. Erst die Angaben zu Energieeffizienz, Lebensdauer, Reinigungs- und Wartungsfreundlichkeit in den Wertungskriterien ermöglichen es dem Auftragnehmer, das Angebot passgenau auf die Wünsche des Auftraggebers auszurichten. Erst die Angabe der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung zeigen dem Auftragnehmer die Prioritätensetzung des Auftraggebers.

Beispiel

Wenn ein Auftraggeber „Bürostühle“ ausschreibt, ohne Zuschlagskriterien anzugeben, so wird er billige Bürostühle erhalten. Wenn der Auftraggeber aber Zuschlagskriterien bekanntmacht, aus denen sich ergibt, dass Ergonomie und Komfort eine Rolle spielen, so werden dem Auftraggeber auch ergonomische und komfortable Bürostühle angeboten.

Änderung, Untergliederung

Die nachträgliche Änderung der Kriterien oder eine Untergliederung in weitere Unterkriterien ist nicht zulässig.11EuGH, Urt. v. 24.1.2008 – C-532/06; VK Sachsen, Beschl. v. 17.6.2005 – 1 VK 58/05. Daher müssen bereits in der Vergabebekanntmachung, spätestens aber mit den Vergabeunterlagen alle Zuschlagskriterien und Unterkriterien genannt werden.

Beispiel

Transparenz von Zuschlagskriterien und Unterkriterien

Lfd. Nr.
Leistungskriterien
1.
Preis
 
Lfd. Nr.
Unterkriterien
1.1.
Preis Einmalzahlung (z.B. Lizenz)
1.2.
Preis wiederkehrende Zahlungen (z.B. Pflegeleistungen)
2.
Verbrauchskosten
 
2.1.
Energieverbrauch
2.2.
Wasserverbrauch
3.
Qualität
 
3.1.
Materialqualität
 
3.1.1.
Korrosionsbeständigkeit
3.1.2.
Resistenz gegen Kratzer
3.1.3.
Reinigungsfreundlichkeit
 
3.1.3.1.
Selbstreinigungsfähigkeit (z.B. Lotuseffekt oder vergleichbar)
3.1.3.2.
Nassreinigungsfähigkeit (insbesondere feuchtes Aufwischen und Nasskehrroboter)
 
 

Es sind alle Zuschlagskriterien und Unterkriterien anzugeben. Die nachträgliche Änderung der Kriterien oder eine Untergliederung in weitere Unterkriterien ist nicht zulässig.

Wie eine bessere Bewertung erreichen?

Bei allen komplexen Wertungssystemen (insbesondere bei Gewichtung/Multiplikator) muss in der Vergabebekanntmachung oder den Vergabeunterlagen auch angegeben werden, wie eine bessere Bewertung erreicht werden kann. Daher muss nicht nur die Gewichtung der Wertungskriterien selbst, sondern auch die Umrechnungsformel (Angebot in Punkte), auf der die Wertung basiert, angegeben werden. Dies gilt insbesondere für die Umrechnung der Angebotspreise in Punkte.12Vgl. VK Schleswig, Beschl. v. 22.1.2010 – VK-SH 26/09.

Formulierungsbeispiel
Umrechnung Preis

„Für die Bewertung gilt: Je besser ein Bieter die geforderten Leistungen erfüllt, desto mehr Punkte werden vergeben. Zu den Kriterien im Einzelnen:

1. Preis

Das Angebot mit dem niedrigsten Preis soll die Höchstpunktzahl (100 Punkte) erhalten. Für höhere Preise gibt es Punktabzüge, die prozentual der Preisdifferenz entsprechen. Zur Erläuterung ein Beispiel: Liegt das zweitgünstigste Angebot 5% über dem niedrigsten Preis erhält dieses Angebot 95 Punkte.

…“

Praxistipp

Um den Preis nicht in Punkte umrechnen zu müssen, empfiehlt sich die Richtwertmethode nach UfAB (dazu unten Seite 372 ff.).

Transparenz der Kriterien für Punktevergabe

Die Pflicht zur Bekanntgabe umfasst alle Informationen, die kalkulationserheblich sein können.13Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A, Rn. 439. Daher müssen auch die Kriterien für die Vergabe von Punkten umfassend transparent gemacht werden. Dabei dürfen auch Punktekorridore gebildet werden.

Formulierungsbeispiel
Punktekorridore

„0 bis 3 Punkte = Geringer Zielerfüllungsgrad; die Darstellung ist nicht oder schlecht nachvollziehbar und/oder die aufgestellten Anforderungen werden nicht oder nur im geringen Maße erfüllt.

4 bis 7 Punkte = Durchschnittlicher Zielerfüllungsgrad; die Darstellung ist grundsätzlich unter Umständen mit geringen Schwächen nachvollziehbar und die aufgestellten Anforderungen werden teilweise erfüllt; die Darstellung ist durchschnittlich nutzbar, um die aufgestellten Zielvorstellungen zu erreichen/zu fördern.

8 bis 10 Punkte = Hoher Zielerfüllungsgrad; die Darstellung ist umfangreich, detailliert und uneingeschränkt nachvollziehbar und die aufgestellten Anforderungen werden vollumfänglich erfüllt; gegebenenfalls enthält die Darstellung über die Anforderungen hinausgehende gewinnbringende Ansätze.“

Bewertungsmethode

Anzugeben ist ferner die Bewertungsmethode. Soll nach Scoring-System, Gewichtung mit Multiplikatoren oder nach UfAB gewertet werden?

Folgen fehlender Bekanntmachung

Hat der Auftraggeber die Bekanntmachung der Zuschlagskriterien versäumt, so hat dies nicht notwendig zur Folge, dass die Ausschreibung aufgehoben werden muss. Vielmehr dürfen alle nicht bekannt gemachten Kriterien nicht berücksichtigt werden. Im Einzelfall kann dann die Zuschlagsentscheidung nach dem niedrigsten Preis getroffen werden.14OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.4.2001 – 11 Verg 1/01. Der öffentliche Auftraggeber darf keinesfalls nachträglich Gewichtungskoeffizienten und Unterkriterien für die bekanntgegebenen Zuschlagskriterien bestimmen.15EuGH, Urt. v. 24.1.2008 – C-532/06 – Lianakis.

Mindestgewichtung, Preis

Der Preis sollte – auch in Anbetracht der Vielzahl von möglichen Zuschlagskriterien – eine bestimmte Mindestgewichtung nicht unterschreiten. Dies folgt aus dem Transparenz- und Wettbewerbsprinzip. Der Preis ist schließlich das transparenteste Zuschlagskriterium. Abzuleiten ist dies aber auch aus dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Danach darf der Preis nicht völlig bedeutungslos werden.16OLG Dresden, Beschl. v. 5.1.2001 – W Verg 11/00 und 12/00.

Praxistipp
Preis nicht unter 30 %

Zwar ist es zwischen einzelnen Vergabenachprüfungsinstanzen umstritten, ob der Preis zumindest mit 30 % gewichtet sein muss oder hier ein weitergehender Gestaltungsspielraum besteht.17Für 30 %: OLG Dresden, Beschl. v. 5.1.2001 – W Verg 11/00 und 12/00; gegen schematische Grenze: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.12.2001 – Verg 22/01. Wir raten jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit dringend dazu, den Preis nicht unter 30 % zu gewichten.

Ausnahmsweise keine Angebotsdifferenzierung über den Preis

Geringer kann der Preis dann zu gewichten sein, wenn keine Angebotsdifferenzierung über den Preis zu erwarten ist (z.B. im Bereich der HOAI oder bei preisgebundenen Büchern) oder qualitative Aspekte wegen der damit verbundenen Rechtsgüter eine so herausragende Rolle spielen (z.B. bei der Beschaffung von schusssicheren Westen wegen des Schutzes von Leben und Gesundheit), dass der Preis demgegenüber ausnahmsweise von nachrangiger Bedeutung ist.

Preis 90 %?

Problematisch ist es, wenn der Preis so dominiert, dass eine schlechte Bewertung im Kriterium Preis kaum durch ein gutes Abschneiden in einem anderen Wertungsbereich ausglichen werden kann, z.B. weil der Preis mit 90 % gewichtet wird. Ein weiteres Kriterium neben dem Preis hat damit faktisch nur noch Alibifunktion. Ein derartiges Vorgehen ist vergaberechtswidrig.18OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.11.2013 – VII-Verg 20/13 – dreigleisiger Ausbau der Bahnstrecke Freilassing – Salzburg; Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A, Rn. 426, 426.1.

Praxistipp
Anforderungen aus dem Oberschwellenbereich gelten 1:1 auch unterhalb der Schwellenwerte

Dem Auftraggeber ist dringend zu raten, bei der Wertung unterhalb der Schwellenwerte die gleichen Regeln zu beachten, die auch oberhalb der Schwellenwerte gelten, also „die EU-Vorgaben zur Angebotswertung 1:1“ umzusetzen.19Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A, Rn. 445. Daher muss auch unterhalb der Schwellenwerte mit transparenten Wertungsmatrizen und gewichteten Kriterien gearbeitet werden. So wird die Vergabeentscheidung für unterlegene Bieter nachvollziehbar und Manipulationsvorwürfen wird die Grundlage entzogen.20Summa in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOB/A, Rn. 445.