Fachliteratur  Weitere Fachbücher  Praxisratgeber  Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte (3. Aufl.)  Kapitel 6 Wann darf auf die Öffentliche Ausschreibung verzichtet werden?  III. Ausnahmen für Liefer- und Dienstleistungen  3. Beschränkte Ausschreibung ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb 

Werk:
Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte
Autor:
Christopher Zeiss
Stand:
Dezember 2015
Auflage:
3. Auflage

a) Kein wirtschaftliches Ergebnis

Nach § 3 Abs. 4 lit. a VOL/A 2009 ist eine Beschränkte Ausschreibung ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb zulässig, wenn eine Öffentliche Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis hatte.

Kein wirtschaftliches Ergebnis im Sinne des § 3 Abs. 4 lit. a VOL/A 2009 hat eine Öffentliche Ausschreibung insbesondere, wenn zuvor die Ausschreibung gemäß § 17 Abs. 1 VOL/A 2009 aufgehoben wurde, wobei damit besonders § 17 Abs. 1 lit. c VOL/A 2009) in Bezug genommen wird. Danach kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis hat.

Kein wirtschaftliches Ergebnis hat die Ausschreibung, wenn nur Angebote eingehen, die erheblich oberhalb des zuvor angenommenen Preises liegen. Dies kommt in Frage, wenn ein Ausschluss der Angebote wegen ungewöhnlich hoher Preise geboten ist. Dies ist in der Regel gegeben, wenn die Angebotspreise den prognostizierten Preis um mehr als 20 % übersteigen. Dabei muss aber die Preisprognose methodisch korrekt ermittelt sein. Empfohlene Methode dafür ist eine Markterkundung bzw. eine dokumentierte Preisrecherche.

Beispiel

Es sollen Tische für eine Schule beschafft werden. Vor der Öffentlichen Ausschreibung wurde von einem Preis von 25.000 € ausgegangen. Es wurden jedoch nur Angebote oberhalb von 75.000 € eingereicht. Wenn der prognostizierte Preis i.H.v. 25.000,– € auf einer ordnungsgemäßen Markterkundung beruht, durfte hier die Ausschreibung gemäß § 17 Abs. 1 lit. c VOL/A 2009 aufgehoben werden. Nach der Aufhebung der Ausschreibung darf auf die Beschränkte Ausschreibung ausgewichen werden.

Kein „wirtschaftliches Ergebnis“ hat eine Öffentliche Ausschreibung aber auch dann, wenn sie gemäß § 17 Abs. 1 lit. a VOL/A 2009 aufgehoben wurde, weil nur solche Angebote eingegangen sind, die nach § 16 Abs. 3 VOL/A 2009 aufgrund formeller Mängel ausgeschlossen werden mussten.

Beispiel

Bei einem Auftrag zum Transport von radioaktivem Material haben alle Bieter unzureichende Nachweise über die Befähigung zum Umgang mit radioaktivem Material beigelegt. In diesem Fall darf die Öffentliche Ausschreibung aufgehoben werden. Dies ist aus folgendem Gedankengang abzuleiten: Bei fehlenden Nachweisen von derart grundlegender Bedeutung handelt es sich um einen formalen Mangel, der gemäß § 16 Abs. 3 lit. a VOL/A 2009 den Ausschluss des Angebots rechtfertigt. Wenn alle Bieter auszuschließen sind, ist die Ausschreibung § 17 Abs. 1 lit. a VOL/A 2009 aufzuheben. Es darf nun gemäß § 3 Abs. 4 lit. a VOL/A 2009 eine Beschränkte Ausschreibung durchgeführt werden. Denkbar ist eine Aufhebung auch, wenn zu wenige Bieter verbleiben.1EuGH, Urt. v. 11.12.2014 – C-440/13 – Croce Amica One – Transportleistungen für Organtransplantationen.

Dabei darf die Aufhebung der Ausschreibung aber nicht dazu dienen, unliebsame Auftragnehmer zu meiden. Merke: Keine Flucht in die Aufhebung, weil dem Auftraggeber der verbleibende Bieter nicht „passt“.