Sobald der Auftrag einmal erteilt ist und die Preise vertraglich vereinbart sind, liegt ein Festpreisvertrag für die Dauer der vereinbarten Bauzeit vor.1Reister, Nachträge beim Bauvertrag, Kapitel VII, 8.3.1 (S. 517). Das gilt für die kalkulierten Kosten als Bestandteile der Vertrags- und Festpreise genauso. Verbreitet ist in der Praxis daher die Meinung, dass Preisänderungen nach Ablauf der vereinbarten Bauzeit immer Berücksichtigung finden müssten, wie umgekehrt Lohn- und Preissteigerungen innerhalb der vereinbarten Bauzeit nie angesetzt werden dürften. Beides stimmt in dieser Allgemeinheit nicht.
Denn Anspruch auf Änderung der Vertragspreise wegen Lohn- und Preissteigerung selbst nach Ablauf der vereinbarten Bauzeit hat der Auftragnehmer nach allen denkbaren Anspruchsgrundlagen (§ 2 VOB/B, § 642 BGB und § 6 VOB/B) nur, wenn die Überschreitung der Bauzeit durch Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers verursacht ist. Für Umstände, die vom Auftragnehmer selbst zu vertreten oder durch höhere Gewalt verursacht sind, trägt er bei der Abwicklung von Leistungsverträgen weiterhin das Preisrisiko, bleibt also an einmal kalkulierte Kosten gebunden.2W/G/S-Sundermeier, Nachtragsmanagement, Rdn. 2123.
Während der vereinbarten Bauzeit gilt nichts anderes. Der Auftragnehmer trägt das Preisrisiko, darf also eine Anpassung der Vertragspreise insbesondere nicht schon deshalb verlangen, nur weil Lohn- oder Materialkosten während der Bauzeit steigen.3R/V/L, Handbuch Bauzeit, Rdn. 978. Steigen Lohn- oder Materialkosten während der Bauzeit aber auf Grund von Umständen aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers, gilt dasselbe wie nach Ablauf der vereinbarten Bauzeit: Der Auftragnehmer hat im Falle von dem Auftraggeber zuzurechnenden Änderungen oder Störungen des Bauablaufes – auch ohne vereinbarte Lohn- und Preisgleitklauseln – Anspruch auf Ausgleich der Mehrkosten infolge von Lohn- und Preissteigerung. Das gilt für alle Kostenarten, also Erhöhung von Lohnkosten, Materialpreissteigerung, Erhöhung der Gerätekosten und Preise für Nachunternehmerleistungen.4W/G/S-Sundermeier, Nachtragsmanagement, Rdn. 2122.
Einigkeit besteht, dass, wenn sich die Preise auf Grund von Änderungen oder Störungen auf Grund von Umständen aus dem Auftraggeberbereich erhöhen, der Auftraggeber dann eine Preiserhöhung hinnehmen muss. Nur besteht keine Einigkeit darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Auftragnehmer dem Grunde nach ein Anspruch auf Preiserhöhung zusteht, und ebenso wenig darüber, wie der Anspruch der Höhe nach berechnet werden soll.