Der Bieter hat grundsätzlich das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen Eingangs seines Angebots beim Auftraggeber zu tragen. Ein verspäteter Eingang des Angebots ist nur dann nicht dem Bieter zuzurechnen, wenn die Verspätung entweder der Auftraggeber oder niemand, z.B. Naturereignisse, zu vertreten haben. Eine andere Auslegung ist nicht vereinbar.1VK Nordbayern, Beschluss vom 01.04.2008, 21.VK – 3194 – 09 / 08.
Der Bieter wollte sein Angebot persönlich abgeben. Er fuhr auch mehr als rechtzeitig los, doch leider kosteten der Verkehrsstau und dann noch die lästige Parkplatzsuche mehr Zeit als geplant. Buchstäblich in der letzten Minute kommt der Bieter an der Pforte des Auftraggebers an.
Da nicht mehr genug Zeit ist, das in der Ausschreibung benannte Zimmer im 5. Stock rechtzeitig vor Abgabetermin zu erreichen, übergibt der Bieter sein Angebot im verschlossenen Umschlag an den Pförtner und bittet diesen den Übergabezeitpunkt zu dokumentieren.
Zwar hat der Bieter das Gebäude des Auftraggebers gerade noch rechtzeitig erreicht. Das Angebot ist aber nicht mehr rechtzeitig in das für die Ausschreibung genannte Zimmer gelangt. Das Angebot muss ausgeschlossen werden, da es nicht rechtzeitig am in den Ausschreibungsunterlagen genannten Ort abgegeben wurde.
Die Vergabekammer des Landes Brandenburg kam in einem ähnlichen Fall zu dem Beschluss, dass Pförtner keine Empfangsvertreter und auch keine Empfangsboten des Auftraggebers sind, wenn weder eine Weisung noch eine Vollmacht zur Annahme von Angeboten vorliegt. Eine verspätete Zustellung des Angebotes durch einen Pförtner beim Auftraggeber fällt in den Verantwortungsbereich der Bieter. Verspätet eingegangene Angebote sind auszuschließen.2VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2005, 81 / 04.
Bei Vergabeverfahren gemäß VOL/A gibt es keinen öffentlichen Eröffnungstermin. Der Termin zum Öffnen der Angebote kann deshalb vom Abgabetermin der Angebote entkoppelt sein.
Im vorliegenden Fall schaffte es ein Bieter nicht mehr rechtzeitig, das Angebot zum Abgabetermin abzugeben. Bis zum Öffnungstermin (Submission) der Angebote war dieses Angebot allerdings eingegangen.
Die Frage, ob dieses Angebot mit in die Wertung genommen werden darf, hat das OLG Jena mit Beschluss vom 22. April 2004 (6 Verg 2/04) wie folgt entschieden: „Setzt eine Vergabestelle im Rahmen einer Ausschreibung nach VOL/A eine Angebotsfrist fest, ist es den Bietern – anders als im Falle einer VOB/A-Ausschreibung – nicht gestattet, ein Angebot noch bis zum Beginn der Submission (Öffnung der Angebote) nachzureichen. Ein erst nach Ablauf der Angebotsfrist eingegangenes Angebot unterliegt zwingend dem Ausschluss vom Wettbewerb.“
Im vorliegenden Fall wurde vom Auftraggeber als Angebotsabgabetermin der 31. Juli um 10:00 Uhr MEZ veröffentlicht. Einer der Bieter rechnete die Zeitangabe 10:00 Uhr MEZ in 11:00 Uhr Sommerzeit um und gab sein Angebot am 31. Juli um 10:30 Uhr Sommerzeit beim Auftraggeber ab.
Die Vergabekammer Schleswig-Holstein (Az.: VK-SH 21/07) hat dazu festgestellt, dass während des Zeitraumes der Sommerzeit die Sommerzeit die gesetzliche Zeit ist. Der Bieter hätte also trotz falscher Schreibweise die aktuell gesetzliche Zeit annehmen müssen. Der Bieter ist folglich von der Ausschreibung wegen verspäteter Abgabe auszuschließen.
Erscheint Ihnen die Angebotsfrist unangemessen kurz, um ein vernünftiges wettbewerbsfähiges Angebot zu erstellen, sollten Sie unverzüglich die Möglichkeit einer Rüge prüfen.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.12.2011, VII–Verg 73/11: „Die Frist muss jedoch ausreichend bemessen sein. Ob dies der Fall ist, hängt von der Komplexität der Ausschreibung für die Bieter und der Dringlichkeit der Beschaffung für den Auftraggeber ab [...]
Insbesondere die Komplexität des Auftrages sprach für eine längere Frist. § 97 Abs. 1 GWB fordert die Beschaffung im Wettbewerb. Ein Wettbewerb konnte nur dann hergestellt werden, wenn auch Dritten die realistische Chance gewährt wurde [...]“
VK Sachsen , Beschluss vom 09.12.2002, 1/SVK/102-02: „[...] müssen aber auch die verkürzten Fristen ausreichend sein, um ordnungsgemäße Angebote abgeben zu können. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber nur dann von der Verkürzung der Angebotsfrist Gebrauch machen soll, wenn die Angebotsfrist für die teilnehmenden Unternehmen als ausreichend angesehen werden kann, [...]“
Versenden Sie Ihr Angebot oder Ihre Teilnahmeerklärung per Kurier- oder Expressdienst, sollten Sie die Unterlagen rechtzeitig genug absenden und die Online-Tracking-Möglichkeiten der Kurier- und Expressdienste für die Sendungsverfolgung nutzen. Bei einer frühzeitigen Absendung haben Sie dann die Möglichkeit noch rechtzeitig zu intervenieren.
Der Bieter trägt das Risiko für den rechtzeitigen Eingang des Angebotes oder der Teilnahmeerklärung auch dann, wenn der Versand per Kurier erfolgt.
Bei persönlicher Abgabe des Angebots sollten Sie sich den Empfang unbedingt bestätigen lassen.
Bereits beim Erhalt der Ausschreibungsunterlagen sollten alle wichtigen Daten zur Ausschreibung auf einem Blatt zusammengetragen werden. Das Datum und die Uhrzeit des Abgabetermins sowie der Ort des Abgabetermins sind dabei die Basis für das weitere Ausarbeiten des Angebots.
Denn aufgrund des Abgabetermins und des Abgabeortes ergibt sich, wann das Angebot spätestens fertiggestellt sein muss und wieviel Zeit für die Angebotserstellung bleibt.
Bereits beim Erhalt der Ausschreibungsunterlagen sollte geprüft werden, ob der Abgabeort eindeutig beschrieben ist. Wissen Sie, wo das Angebot genau abzugeben ist? Bei persönlicher Abgabe planen Sie genügend Zeit für die Anreise, eventuelle Verzögerungen durch Verkehrsprobleme sowie Parkplatzsuche ein.
Bei einer Ausschreibung war die Abgabe bis 24:00 Uhr an einem Fristenbriefkasten möglich. Das Angebot war allerdings sehr umfangreich und passte nicht in den Schlitz des Fristenbriefkastens.
Bei einer Ausschreibung war die Abgabe des Angebots bis 12:00 Uhr bei der Poststelle einer Universität möglich. Ein Bieter kommt rechtzeitig um 11:45 Uhr zur Poststelle, um sein Angebot abzugeben. Er ist leider nicht erfolgreich, da die Poststelle mit dem Hinweis geschlossen ist: „Mittagspause bis 12:30 Uhr“.
Dieses Risiko muss der Bieter nicht tragen. Die Verantwortung liegt hier eindeutig beim Auftraggeber.
Bei einer Ausschreibung gab der Bieter sein Angebot rechtzeitig persönlich bei der Poststelle des Auftraggebers ab und ließ sich den Empfang des Angebots quittieren. Auf dem internen Postweg des Auftraggebers von der Poststelle zum Büro des mit der Ausschreibung befassten Mitarbeiters ging das Angebot verloren.
Dieses Risiko muss der Bieter nicht tragen. Die Verantwortung liegt hier eindeutig beim Auftraggeber, sofern die Poststelle als Abgabeort genannt wurde. Mit der Abgabe des Angebots bei der Poststelle ist das Angebot in den Herrschaftsbereich des Auftraggebers gelangt. Durch die Quittierung der Angebotsabgabe kann der Bieter auch nachweisen, dass er sein Angebot fristgemäß abgegeben hat.