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Werk:
Bieterstrategien im Vergaberecht
Autor:
Ferber
Stand:
Dezember 2014
Thema:
Vergabe
Auflage:
1. Auflage

8.1.8. Mindestanforderungen an Nebenangebote

Bei Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte besteht für den Auftraggeber keine Pflicht Mindestanforderungen für Nebenangebote aufzustellen.1BGH, Beschluss vom 30.08.2011, X ZR 55 / 10.

Bei Ausschreibungen ab Erreichen der EU-Schwellenwerte müssen für die Zulässigkeit von Nebenangeboten vom Auftraggeber Mindestanforderungen an die Nebenangebote festgelegt werden und diese in der Vergabebekanntmachung oder den Vergabeunterlagen veröffentlicht werden. Wurden die Mindestanforderungen nicht veröffentlicht, dürfen eventuell abgegebene Nebenangebote nicht gewertet werden.

BEISPIEL

In der Ausschreibungsbekanntmachung veröffentlicht der Auftraggeber: „Nebenangebote sind zulässig!“

Weder in der Vergabebekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen wird eine Mindestanforderung veröffentlicht.

Trotzdem abgegebene Nebenangebote dürfen vom Auftraggeber nicht gewertet werden.

BGH, Beschluss vom 07.01.2014, X ZB 15 / 13, Rn. 21: Das Gebot, für Nebenangebote Mindestanforderungen festzulegen, dient der Transparenz, die die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten soll (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – C-421/01, VergabeR 2004, 50 Rn. 29 – Traunfellner). Öffentliche Auftraggeber sollen sich von vornherein auf bestimmte Vorgaben für Nebenangebote festlegen müssen, damit erschwert ist, Nebenangebote mit der vorgeschobenen Begründung zurückzuweisen, sie seien gegenüber Ausführungen nach dem Amtsvorschlag (Hauptangebot) minderwertig oder wichen davon unannehmbar ab.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2005, VII – Verg 23 / 05:Nebenangebote sind nur wertbar, wenn der öffentliche Auftraggeber für sie Mindestanforderungen festgelegt hat.

VK Brandenburg, Beschluss vom 01.03.2005, VK 8 / 05:Hat der Auftraggeber [...] keine Angaben zu Mindestanforderungen gemacht, können folglich Änderungsvorschläge nicht berücksichtigt werden.

Es ist die Verantwortung des Bieters, sein Nebenangebot so klar und deutlich zu formulieren, dass der Auftraggeber ohne größere Hürden feststellen kann, dass die aufgestellten Mindestanforderungen erfüllt sind.

OLG Koblenz, Beschluss vom 02.02.2011, 1 Verg 1 / 11:Es ist Sache des Bieters, sein Nebenangebot so klar und deutlich abzufassen, dass der Auftraggeber allein aufgrund dieser Angaben nachprüfen kann, ob die Leistungsvariante den Mindestanforderungen [...] genügt. Unklare oder widersprüchliche Angaben gehen zu Lasten des Bieters; der Auftraggeber ist nicht zu einer Aufklärung verpflichtet.

PRAXISTIPP

Nebenangebote müssen klar und deutlich auf die Mindestanforderungen Bezug nehmen.

Fehlende Mindestbedingungen/Mindestanforderungen für Nebenangebote müssen rechtzeitig gerügt werden. Ansonsten hat der Bieter sein Recht auf Nachprüfung für diesen Sachverhalt verwirkt.

OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010, 13 Verg 16 / 09:Mit ihrer erstmals in ihrem Nachprüfungsantrag vom 31. August 2009 erhobenen Rüge der fehlenden Mindestbedingungen für Nebenangebote, die ihre Wertbarkeit ausschließe, ist die Antragstellerin dagegen gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert. Nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber zu rügen.