Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  VOL/B Praxishandbuch  B. Auswirkungen des Vergabe- und Vertragsrechts auf die Vertragsbedingungen 

Werk:
VOL/B Praxishandbuch
Autor:
Otmar Walter

IV. Die Einbeziehung der VOL/B in den Vertrag

Die VOL/B ist ein allgemein zugängliches und im Bundesanzeiger veröffentlichtes Regelwerk, von dessen Inhalt in zumutbarer Weise Kenntnis erlangt werden kann. Deshalb ist es nicht erforderlich, die VOL/B den Vergabeunterlagen beizufügen. Es ist ausreichend, in den Vergabeunterlagen auf ihre Verwendung hinzuweisen. Damit erreicht der Auftraggeber jedoch noch nicht, dass die VOL/B rechtssicher in den Vertrag einbezogen wird. Gemäß § 305 Abs. 2 BGB werden AGB nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Auftraggeber als Verwender

Diese Vorschrift findet gemäß § 310 Abs. 1 BGB jedoch keine Anwendung auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Der Auftraggeber muss hier also nicht die Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB erfüllen, um die VOL/B in den Vertrag einzubeziehen. Vergaberechtlich hat der Auftraggeber jedoch dafür zu sorgen, dass die VOL/B Vertragsbestanteil wird, wenn keine Ausnahme von dem Verwendungsgrundsatz vorliegt.

Ist die VOL/B aufgrund der vergaberechtlichen Vorschriften in den Vertrag einzubeziehen, sollte der Auftraggeber mit der notwendigen Klarheit dafür sorgen, dass die VOL/B vertragsgegenständlich wird. Die VOL/B wird immer dann wirksamer Vertragsbestandteil, wenn der Auftraggeber ihre Geltung in den Vergabeunterlagen ausdrücklich vorschreibt.

Tipp

Ein Hinweis auf die Geltung der VOL/B im Aufforderungsschreiben zur Angebotsabgabe allein reicht nicht aus, da dieses Schriftstück nicht Vertragsbestandteil wird und es offen bleibt, ob der Bieter mit der Anwendung der VOL/B auf das Vertragsverhältnis einverstanden ist. Es ist daher sinnvoll, dass der Auftraggeber die Geltung der VOL/B in einem vorformulierten Angebotsschreiben, welches der Bieter für die Angebotsabgabe zu verwenden hat, festschreibt

Mit der Geltung der VOL/B erklärt sich der Bieter dadurch einverstanden, dass er die vom Auftraggeber für die Angebotsabgabe vorgeschriebenen Vergabeunterlagen (Angebotsschreiben) verwendet. Durch das unterschriebene Angebotsschreiben, in dem die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen als Angebotsbestandteil angegeben werden, macht der Bieter sich die VOL/B zu eigen.1VK Nordbayern, Beschl. v. 17.8.2016, 21.VK-3194-28/16.

Verlangt der Auftraggeber, dass die VOL/B als Vertragsbestandteil anerkannt wird und fehlt es an einer entsprechenden Erklärung des Bieters, ist das Angebot gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen.2VK Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.2.2015, 1 VK LSA 32/14.

Die Einbeziehung der VOL/B in den Vertrag muss nicht zwingend ausdrücklich vorgenommen werden; sie kann auch stillschweigend erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, dass Auftraggeber und Auftragnehmer in ihren Willensbekundungen insoweit übereinstimmen, dass die VOL/B Vertragsgegenstand sein soll. Im Falle einer stillschweigenden Vereinbarung dürfte es aber nur schwer möglich sein, darzulegen, dass übereinstimmende Willensbekundungen vorliegen und die VOL/B deshalb Vertragsbestandteil geworden ist. Im Streitfall muss auf der Grundlage von Anhaltspunkten – z.B. unter Heranziehung des Schriftverkehrs der Vertragsparteien – festgestellt werden, ob inhaltsgleiche Willensbekundungen vorliegen und die VOL/B deshalb Vertragsgegenstand geworden ist. Übereinstimmender Wille kann dagegen in der Regel immer dann angenommen werden, wenn die Regelungen der VOL/B ohne Widerspruch zum Einsatz kommen.

Wird die Leistung mündlich in Auftrag gegeben, ist es schwierig, nachzuweisen, dass die Geltung der VOL/B vereinbart wurde. Der öffentliche Auftraggeber kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihn Vorschriften zur Anwendung der VOL/B verpflichten und sie schon deshalb Bestandteil des Vertrags ist. Eine derartige Privilegierung sieht das Vergaberecht nicht vor und ist im Übrigen auch mit den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts nicht vereinbar. Behauptet der Auftraggeber, dass die VOL/B in den Vertrag einbezogen wurde, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast.