vom 28. August 2018 (MBl. NRW. 479, 497),
zuletzt geändert durch Runderlass vom 29. März 2019 (MBl. NRW. S. 168) m.W.v. 26.04.2019
Gemäß § 26 Absatz 2 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 708) werden die nachfolgenden Grundsätze festgelegt, die von den Gemeinden bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb der durch die Europäische Union vorgegebenen Schwellenwerte anzuwenden sind:
1
Geltungsbereich
1.1
Öffentliche Auftraggeber, die diese Vergabegrundsätze anzuwenden haben, sind Gemeinden und Gemeindeverbände sowie deren Einrichtungen nach § 107 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 759, ber. 2019 S. 23) geändert worden ist, die wie Eigenbetriebe geführt werden (eigenbetriebsähnliche Einrichtungen).
1.2
Keine Anwendung finden diese Vergabegrundsätze auf:
Eigenbetriebe,
kommunal beherrschte Unternehmen,
Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts und
Zweckverbände, deren Hauptzweck der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens ist.
Für Anstalten des öffentlichen Rechts im Sinne des § 114 a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Kommunalunternehmen) und gemeinsame Kommunalunternehmen gemäß § 27 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1979 (GV. NRW. S.621), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Januar 2018 (GV. NRW. S. 90) geändert worden ist, gilt hinsichtlich der Vergabegrundsätze die Regelung des § 8 der Kommunalunternehmensverordnung vom 24. Oktober 2001 (GV. NRW.S. 773), die zuletzt durch Verordnung vom 19. September 2014 (GV. NRW. S. 616) geändert worden ist.
1.3
Die Vergabegrundsätze gelten ausschließlich bei öffentlichen Aufträgen, deren geschätzte Auftragswerte die gemäß § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist, festgelegten Schwellenwerte (EU-Schwellenwerte) ohne Umsatzsteuer nicht erreichen. Zur Bestimmung des geschätzten Auftragswertes wird auf § 3 der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1117) geändert worden ist, verwiesen.
2
Bundes- und landesgesetzliche Vorschriften
2.1
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gelten die Regelungen der §§ 97 bis 184 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, sofern im Einzelfall die gemäß § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geltenden EU-Schwellenwerte ohne Umsatzsteuer erreicht oder überstiegen werden.
2.2
Öffentliche Auftraggeber im Land Nordrhein-Westfalen im Sinne von § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen den Bestimmungen des Tarif treue-und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2018 (GV. NRW. S. 172).
3
Allgemeine Vergabeprinzipien
3.1
Auch unterhalb der EU-Schwellenwerte sind die europarechtlichen Grundprinzipien der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz zu beachten. Die Auftragsvergabe muss im Einklang mit den Vorschriften und Grundsätzen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfolgen. Wenn für den Auftrag ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse im Sinne einer Binnenmarktrelevanz besteht, ist eine angemessene Veröffentlichung der Auftragsvergabe sowie der gleichberechtigte Zugang für Wirtschaftsteilnehmer aus allen Mitgliedstaaten sicherzustellen.
3.2
Mittelständische Interessen sind vornehmlich zu berücksichtigen. Kleinere und mittlere Unternehmen sind angemessen bei der Angebotsaufforderung einzubeziehen. Auf einen Wechsel der Bieter bei den nicht förmlichen Verfahren ist zu achten.
3.3
Der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, des Ministeriums des Innern, des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „Präqualifikationsrichtlinie“ vom 28. August 2018 (MBl. NRW. S. 504) in der jeweils geltenden Fassung wird den Kommunen zur Anwendung empfohlen.
Der Nachweis der Eignung für Bauleistungen kann mit der Eintragung in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) erfolgen. Unternehmen, die entsprechend § 6b der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 2016 (BAnz AT 01.07.2016 B4) registriert sind, gelten hinsichtlich der erfassten Kriterien als geeignet. Dies gilt auch für Verfahren nach den §§ 8 bis 48 der Unterschwellenvergabeordnung vom 2. Februar 2017 (BAnz AT 07.02.2017 B1).
Bei Lieferungen und Dienstleistungen gilt die Eintragung eines Unternehmens in das amtliche Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen zum grundsätzlichen Nachweis der Eignung des Bewerbers oder Bieters und zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen unabhängig von einem konkreten Einzelauftrag. Das nach Eintragung ins amtliche Verzeichnis erstellte Zertifikat ist als Eignungsnachweis anzuerkennen. Unternehmen, die im amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen registriert sind, gelten hinsichtlich der erfassten Kriterien auch in Bauverfahren als geeignet.
3.4
Der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und des Ministeriums der Finanzen „Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen und von Inklusionsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ vom 29. Dezember 2017 (MBl. NRW. 2018 S. 22) in der jeweils geltenden Fassung wird den Kommunen zur Anwendung empfohlen.
3.5
Der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und des Ministeriums des Innern „Anwendung einer Schutzklausel zur Abwehr von Einflüssen der Scientology-Organisation und deren Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Beratungs- und Schulungsleistungen“ vom 28. August 2018 (MBl. NRW. S. 504) in der jeweils geltenden Fassung wird den Kommunen zur Anwendung empfohlen.
4
Vergabe von Bauleistungen
4.1
Zur Vermeidung rechtlicher Risiken bei Aufträgen über Bauleistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes sollen die Teile A (Abschnitt 1), Bund C der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der jeweils geltenden Fassung angewendet werden.
4.2
Bauleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 5 000 Euro ohne Umsatzsteuer können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (Direktauftrag). Der Auftraggeber soll zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln.
5
Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen
5.1
Zur Vermeidung rechtlicher Risiken bei Aufträgen über Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte soll die Unterschwellenvergabeordnung angewendet werden.
5.2
Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 5 000 Euro ohne Umsatzsteuer können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (Direktauftrag). Der Auftraggeber soll zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln.
6
Wahl der Vergabeart
Gemäß 26 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen muss der Vergabe von Aufträgen eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der kommunalen Praxis halte ich nachfolgende, vereinfachte Möglichkeit zur Wahl der Vergabeart für vertretbar. Die allgemeinen Vergabeprinzipien nach Nummer 3, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfallen bleiben dabei unberührt.
6.1
Bei Aufträgen über Liefer- und Dienstleistungen kann der öffentliche Auftraggeber bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 100 000 Euro ohne Umsatzsteuer wahlweise eine Verhandlungsvergabe oder eine Beschränkte Ausschreibung (jeweils auch ohne Teilnahmewettbewerb) durchführen.
6.2
Bei Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne von § 130 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen steht dem Auftraggeber bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 250 000 Euro ohne Umsatzsteuer abweichend von § 49 der Unterschwellenvergabeordnung neben der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb stets auch die Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und die Verhandlungsvergabe mit und ohne Teilnahmewettbewerb nach seiner Wahl zur Verfügung.
6.3
Bei Bauleistungen können die Vergabestellen bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 100 000 Euro ohne Umsatzsteuer eine Freihändige Vergabe (auch ohne Teilnahmewettbewerb) durchführen. Bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 1 000 000 Euro ohne Umsatzsteuer können sie bei Bauleistungen eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb durchführen.
6.4
Die Ausnahmetatbestände für eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder einer Verhandlungsvergabe/ Freihändigen Vergabe (mit und ohne Teilnahmewettbewerb) im Sinne von § 3a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A sowie § 8 Absatz 3 und 4 der Unterschwellenvergabeordnung oberhalb der in Nummer 6.1 bis 6.3 genannten Wertgrenzen bleiben hiervon unberührt.
7
Elektronische Vergabe
Bei Aufträgen über Liefer- und Dienstleistungen sowie bei Aufträgen über Bauleistungen können Vergabeverfahren bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 25 000 Euro ohne Umsatzsteuer mittels E-Mail abgewickelt werden. In diesen Fällen kommen § 7 Absatz 4, §§ 39 und 40 der Unterschwellenvergabeordnung und§§ 11a und 14 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A nicht zur Anwendung.
8
Korruptionsverhütung
8.1
Bei öffentlichen Aufträgen sind die Vorschriften des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. 2005 S. 8), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. März 2018 (GV. NRW. S. 172) geändert worden ist, zu beachten. Zur Vermeidung von Manipulationen sind entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen.
8.2
Auf die zwischen dem Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmten Erläuterungen zum Korruptionsbekämpfungsgesetz mit Stand 20. Juni 2005, in denen die Anwendung des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und aller Landesministerien, "Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung" vom 20. August 2014 (MBl. NRW. S. 486) empfohlen wird, weise ich besonders hin.
9
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Der Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales "Kommunale Vergabegrundsätze" vom 6. Dezember 2012 (MBl. NRW. S. 725), der durch Runderlass vom 25. November 2013 (MBl. NRW. S. 552) geändert worden ist, wird aufgehoben. Dieser Runderlass tritt am 15. September 2018 in Kraft und am 31. Dezember 2024 außer Kraft.