Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  Bauvertragsrecht nach BGB und VOB/B  Teil 2 VOB/B  § 17 VOB/B Sicherheitsleistung  D. § 17 Abs. 4 VOB/B: Sicherheitsleistung durch Bürgschaft 

Werk:
Bauvertragsrecht nach BGB und VOB/B
Herausgeber:
Mark von Wietersheim
Autor:
Ioannis Lazos
Stand:
Januar 2018
Thema:
Bauleistungen (VOB)
Auflage:
4. Auflage

I. Allgemeines

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Eine der häufigsten Formen der Sicherheitsleistungen ist die Sicherheit durch eine Bürgschaft. Die gesetzlichen Regelungen zur Bürgschaft finden sich in den §§ 765 ff. BGB. Die Bürgschaft ist dadurch charakterisiert, dass der Bürge (normalerweise eine Bank oder ein Versicherungsunternehmen) eine eigene Schuld gegenüber dem Auftraggeber übernimmt, sodass der Auftraggeber mit der Bürgschaft auch einen eigenen Anspruch gegen den Bürgen erhält. Deshalb hat sie im Bauwesen eine recht große Bedeutung erhalten, zumal der Auftraggeber mit dem Bürgen einen wirtschaftlich starken und mit guter Bonität versehenen Schuldner erlangt. Trotz des eigenen Anspruchs gegen den Bürgen ist der Inhalt und der Umfang der Schuld des Bürgen von der Hauptschuld, also von demjenigen Anspruch abhängig, den der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer besitzt (juristisch wird dieses Akzessorietät genannt). Ist also beispielsweise ein Mangelanspruch des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer verjährt, kann dieser Anspruch auch nicht mehr aus der Bürgschaft befriedigt werden.

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Praxistipp:

Um den Inhalt und den Umfang der Bürgenhaftung von vornherein genau festzulegen, empfiehlt es sich, dieses im Vertrag ausführlich zu regeln und Mustertexte für Bürgschaften als Anlage dem Vertrag beizufügen. Dadurch wird erreicht, dass der Auftragnehmer gegenüber seinem Bankinstitut oder seiner Versicherung eben dieses Musterexemplar verwendet und nicht eine von dem Bürgen selbst erstellte Version vorlegt, die üblicherweise bürgenfreundliche Regelungen enthält.

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Im Bauwesen wird üblicherweise zwischen der Vertragserfüllungsbürgschaft und der Bürgschaft für Mängelansprüche (früher: Gewährleistungsbürgschaft) unterschieden.

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Die Vertragserfüllungsbürgschaft sichert die vertragsgemäße Erfüllung des Bauvertrags, d.h. die dem Auftraggeber zustehenden Ansprüche bis zur Abnahme der Leistungen. Dazu gehören beispielsweise Ansprüche auf Erstattung von Verzugsschäden, auf Zahlung einer Vertragsstrafe oder auf Erstattung von Mehrkosten, die dem Auftraggeber nach Kündigung des Vertrags durch die Fertigstellung durch Drittunternehmen entstehen.

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Die Bürgschaft für Mängelansprüche sichert demgegenüber die in § 13 VOB/B geregelten Mängelansprüche des Auftraggebers nach Abnahme der Leistungen. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Auftraggeber die Mängel bereits im Abnahmeprotokoll vorbehalten oder erst nach der Abnahme entdeckt und gerügt hat (etwas anderes gilt nur für diejenigen Mängel, die bereits vor Abnahme gerügt wurden: diese werden durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesichert).

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Ein weiteres häufiges Sicherungsmittel ist die sogenannte Vorauszahlungsbürgschaft, die häufig bei Verträgen zum Tragen kommt, in denen der Auftragnehmer durch den Erwerb und/oder die Erstellung ganzer Anlagen vor deren Einbau in das Bauwerk in Vorleistung geht, beispielsweise im Falle der Errichtung einer Aufzugsanlage. Der Auftragnehmer verlangt in solchen Fällen zur Deckung seiner vorlaufenden Aufwendungen eine Vorauszahlung. Die Vorauszahlungsbürgschaft sichert dann etwaige Rückzahlungsansprüche des Auftraggebers für den Fall, dass der Auftragnehmer seine Leistungen nicht oder nicht vollständig erfüllt. Anders als bei der Vertragserfüllungsbürgschaft und der Bürgschaft für Mängelansprüche kann eine Vorauszahlungsbürgschaft auch auf erste Anforderung ausgestellt werden, allerdings ist bei der Formulierung einer solchen Bürgschaft große Vorsicht geboten, da diese Ausnahme nur für eine „echte“ Vorauszahlungsbürgschaft gilt, die also nur den Rückzahlungsanspruch sichert. Enthält sie auch Elemente einer Vertragserfüllungsbürgschaft, wäre das Verlangen einer Sicherheit auf erstes Anfordern unzulässig, eine entsprechend gestaltete und vom Auftraggeber gestellte Vertragsklausel unwirksam.