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Werk:
Bauvertragsrecht nach BGB und VOB/B
Herausgeber:
Mark von Wietersheim
Autor:
Dina Westphal
Stand:
Januar 2018
Thema:
Bauleistungen (VOB)
Auflage:
4. Auflage

III. Übertragung auf einen Dritten (§ 4 BaustellV)

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Häufig werden die Pflichten aus der Baustellenverordnung in Bauverträgen einem Dritten, meist dem Auftragnehmer, übertragen. Die Einschaltung eines Koordinators nach § 3 Abs. 1 BaustellV ist hiervon zu unterscheiden:

Bestellt der Bauherr einen Koordinator nach § 3 Abs. 1 BaustellV, so hat der Koordinator nur die ihm nach § 3 Abs. 2 und 3 BaustellV auferlegten Pflichten zu erfüllen. Die Pflichten des Bauherrn gehen jedoch darüber hinaus und sind vom Bauherrn weiterhin zu erfüllen.

Bei der Übertragung der Bauherrenpflichten auf den Auftragnehmer darf auch nicht übersehen werden, dass sich für den Bauherrn schon bei der Planung Pflichten aus der Baustellenverordnung ergeben können, also im Vorfeld des Bauvertrages mit dem Auftragnehmer, die somit beim Bauherrn verbleiben.

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Auch bei der Übertragung der Verpflichtungen des Bauherrn auf einen Dritten ist der Bauherr nicht gänzlich entlastet. Bei ihm verbleibt zumindest die Verantwortung dafür, dass er einen geeigneten Dritten ausgesucht hat und diesen bei der Erfüllung der Bauherrenverpflichtungen ausreichend überwacht.

Hinsichtlich der Eignung des Dritten und der Ausgestaltung der Überwachungspflicht des Bauherrn enthält die BaustellV keine Regelungen. Sicherlich haben vor allem Architekten, Meister und Ingenieure die nötige Fachkunde, die Bauherrenverpflichtungen zu erfüllen. In jedem Falle sollte der Dritte Kenntnisse des Arbeitsschutzes, von Bauabläufen und Baustellenorganisation haben; bei komplexen Bauvorhaben oder bei der Durchführung von gefährlichen Arbeiten gemäß Anhang II zur BaustellV sollten einschlägige Erfahrungen vorhanden sein1V. Wietersheim in: Korbion, Baurecht, Teil 28, Rn. 59..

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Der Bauherr muss die Eignung des Dritten überprüft haben und die Tätigkeit des Dritten überwachen. Da er regelmäßig seine Aufgaben aufgrund fehlender eigener Fachkunde auf einen fachkundigen Dritten überträgt, dürfen an die Überwachungspflicht keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; der Bauherr kann nicht kompetenter sein als der Dritte, also allenfalls auf offensichtliche oder grobe Fehler sowie darauf achten, dass der Dritte seine Aufgaben überhaupt wahrnimmt2V. Wietersheim in: Korbion, Baurecht, Teil 28, Rn. 26..

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Die Übertragung der Bauherrenverpflichtungen auf den Bauunternehmer könnte wie folgt aussehen:

Formulierungsvorschlag:

§ Arbeits- und Gesundheitsschutz

Pflichten nach der Baustellenverordnung

(1) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bezüglich seiner Beschäftigten nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten.

(2) Der Bauherr/Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer darüber hinaus sämtliche Verpflichtungen des Bauherrn nach der Baustellenverordnung.

Der Auftragnehmer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die am Bau Beteiligten die Vorschriften zum Arbeits-, Sicherheits- und Gesundheitsschutz einhalten und die Anweisungen und Aussagen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators bzw. des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes befolgen. Solche Anweisungen sind als Weisungen des Bauherrn/Auftraggebers zu verstehen und zu befolgen. Dies gilt auch im Falle einer Übertragung der Bauherrenpflichten auf einen Dritten für Anweisungen des Dritten.

(3) Die Parteien sind sich einig, dass dem Bauherrn/Auftraggeber durch Weisungen keine Mehrkosten entstehen.

Entstehen dem Auftragnehmer durch eine solche Weisung oder durch die Anweisungen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators oder des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans Mehrkosten oder entstehen Widersprüche zu anderen Weisungen, so hat der Auftragnehmer unverzüglich Bedenken und Mehrkosten anzuzeigen bzw. den Bauherrn/Auftraggeber unverzüglich auf Widersprüche hinzuweisen. Unterlässt er eine Bedenkenanzeige oder einen Hinweis, haftet er für die Folgen und kann keine Mehrkosten beanspruchen.

(4) Im Falle einer Pflichtverletzung stellt der Auftragnehmer den Bauherrn/Auftraggeber von den Rechtsfolgen frei.

(5) Darüber hinaus hat der Bauherr/Auftraggeber das Recht zur fristlosen Vertragskündigung aus wichtigem Grund, wenn eine dem Auftragnehmer gesetzte Frist zur Abstellung der Pflichtverletzung fruchtlos abgelaufen ist oder nach einer Pflichtverletzung der Auftragnehmer in gleicher Weise erneut seine Pflichten in gleicher Weise verletzt.