Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  Bauvertragsrecht nach BGB und VOB/B  Teil 1 BGB  Werkvertragsrecht  Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften  § 631 BGB Vertragstypische Pflichten  A. Anwendungsbereich Werkvertragsrecht  III. Werkvertrag: Hauptpflichten der Vertragspartner 

Werk:
Bauvertragsrecht nach BGB und VOB/B
Herausgeber:
Mark von Wietersheim
Autor:
Mark von Wietersheim
Stand:
Januar 2018
Thema:
Bauleistungen (VOB)
Auflage:
4. Auflage

1. Erbringung Werkleistung

a. Allgemeines zur Werkleistung

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Das Typische am Werkvertrag ist, dass der Auftragnehmer einen bestimmten Erfolg herbeiführen muss, das Gesetz spricht vom „versprochenen Werk“. Diese Ausrichtung auf einen bestimmten Erfolg und die damit verbundene Erfolgshaftung des Auftragnehmers prägen das gesamte Werkvertragsrecht.

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Die Erfolgshaftung kommt beispielsweise bei der Gewährleistung zum Tragen. Der Auftragnehmer muss ein mangelfreies Ergebnis erbringen, um seine Erfolgspflicht zu erfüllen. Um dieses mangelfreie Ergebnis herzustellen, muss er z.B. von der Leistungsbeschreibung abweichen, wenn diese eine mangelhafte Leistung beschreibt. Auf diese und andere Folgen der Erfolgshaftung wird bei den einzelnen Vorschriften eingegangen. Bei der Erläuterung zu § 631 BGB wird u.a. auf Fristen und Sicherheiten eingegangen, die Gewährleistung ist in den §§ 633 ff. BGB erläutert. An dieser Stelle soll es zuerst einmal nur um die grundsätzliche Frage gehen, wann ein Werkvertrag vorliegt und wann eine andere Vertragsart des BGB. Weil sich die verschiedenen Vertragsarten in ihren rechtlichen Folgen unterscheiden, ist dies die erste und entscheidende Einstiegsüberlegung bei rechtlichen Überlegungen.

Abbildung 1: Hauptleistungspflichten der Vertragspartner

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Ein wichtiger Bereich von eigentlich klassischen Werkleistungen ist bereits 2002 von der Praxis weitgehend unbemerkt durch einen Federstrich des Gesetzgebers aus dem Werkvertragsrecht herausgefallen. Es geht um die Herstellung von beweglichen Gegenständen: Diese Leistung ist nach der gesetzlichen Definition in § 650 BGB nunmehr nach Kaufvertragsrecht abzuwickeln. Dies betrifft beispielsweise die Herstellung (ohne Einbau) von Fenstern, Einbautreppen, Teilen von Einbauschränken, Zaunteilen etc.

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Aber noch viele andere Verträge sind von dieser bisher wenig bemerkten Änderung betroffen. Das BGB definiert den „beweglichen Gegenstand“ in einer für Laien manchmal schwer nachvollziehbaren Weise. Denn nach dem BGB können auch Bestandteile eines Hauses bewegliche Gegenstände sein. Bei den Bestandteilen eines Hauses kommt es darauf an, ob sie dauerhaft mit dem Gebäude verbunden werden. Eine dauerhafte Verbindung zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass der Bestandteil nicht ohne Zerstörung entfernt werden kann. Leider gibt es keine ganz eindeutige und endgültige Festlegung, die Rechtsprechung hat nur eine Reihe von Einzelfällen entschieden. Eine Einbauküche beispielsweise lässt sich regelmäßig ausbauen, ohne dass sie zerstört werden muss1OLG Frankfurt/Main v. 9.4.2008, 19 U 280/07.. Gleiches gilt für nicht geklebte Teppiche. Aber auch andere Gewerke können betroffen sein, so lassen sich beispielsweise Armaturen, aber auch Heizungen meist zerstörungsfrei entfernen, sodass insoweit an die Anwendung von Kaufvertragsrecht zu denken ist. Die Lieferung einer Treppe fällt auch dann unter das Kaufvertragsrecht, wenn der Lieferant einen Montagehelfer stellt2OLG Koblenz v. 3.1.2008, 5 U 685/07..

Das Kaufvertragsrecht ist oben in einem eigenen Abschnitt erläutert. Die wichtigsten Unterschiede und Grundzüge des Kaufvertragsrechts sind unten bei § 650 BGB zusammengefasst.

b. Einseitige nachträgliche Änderungen nur ausnahmsweise

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Bei Bauvorhaben kommt es immer wieder während der Ausführung zu Änderungen. Manche sind technisch bedingt, andere beruhen aber auch nur auf geänderten Vorstellungen des Bestellers. Das BGB enthält nur für BGB-Bauverträge i.S.d. § 650a BGB Regeln dazu, dass der Auftragnehmer solche Änderungswünsche beachten muss und welche Folgen sich für die Vergütung ergeben. Die VOB/B geht auf diese Punkte in § 1 Abs. 3, 4 VOB/B und § 2 Abs. 5, 6 VOB/B ein.

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Ganz im Gegenteil geht das BGB (außer bei BGB-Bauverträgen i.S.d. § 650a BGB) sogar davon aus, dass der Auftragnehmer seine Leistung nur so schuldet, wie sie ursprünglich vereinbart war! In § 631 BGB wird dies dadurch deutlich, dass vom „versprochenen“ Werk gesprochen wird. Der Auftraggeber hat daher nach dem Gesetz keine Möglichkeit, nachträglich dem Auftragnehmer Änderungen vorzugeben. Wenn der Auftragnehmer Änderungswünsche des Auftraggebers missachtet und seine Leistung so ausführt wie ursprünglich bestellt, verhält er sich sogar vertragsgerecht (außer die Leistung wäre mangelhaft).

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Grundsätzlich muss jede Änderung des Vertrages einvernehmlich vereinbart werden. Bei der Preisfindung kommt es allein auf diese Vereinbarung an, anders als bei der VOB/B ist die Kalkulation des Auftragnehmers nicht von vorneherein als Grundlage für die Preisfortschreibung vereinbart.

VOB

BGB

Abbildung 2: Unterschied von leistungsändernden Anweisungen bei VOB/B und BGB (außer BGB-Bauvertrag)

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Nur in Ausnahmefällen darf der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer eine zusätzliche notwendige Leistung einseitig und für den Auftragnehmer verbindlich anordnen3Kniffka/Koeble, Kompendium, 5. Teil, Rn. 112..

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Um die Realität auf Baustellen berücksichtigen zu können, muss der Auftraggeber daher unbedingt im Vertrag vom BGB abweichen und sich ein Änderungsrecht vorbehalten, da die Regelungen in §§ 650b, 650c BGB nur für BGB-Bauverträge gelten.

Formulierungsvorschlag:

§ Änderungsanordnung

(1) Der Auftraggeber hat das Recht, Änderungen der beauftragten Leistung zu verlangen. Dies umfasst auch das Recht, Änderungen des Bauablaufes anzuordnen.

(2) Der Auftraggeber hat das Recht, zusätzliche Leistungen zu beauftragen, sofern sie für die Ausführung der bereits beauftragten Leistungen erforderlich sind.

(3) Der Auftragnehmer muss den Verlangen des Auftraggebers nachkommen, außer wenn sein Betrieb für die geänderten oder zusätzlichen Leistungen nicht eingerichtet ist und die bereits beauftragten Leistungen keine vergleichbaren Leistungen enthalten.

(4) Die Vergütung des Auftragnehmers ist auf sein Verlangen hin den geänderten und zusätzlichen Leistungen anzupassen. Grundlage für die Preisanpassung sind die Mehr- und Minderkosten des Auftragnehmers unter Berücksichtigung der Grundlagen der Preisermittlung für die bereits beauftragte Leistung.

(5) Einigen sich die Vertragspartner nicht vor Ausführung der geänderten oder zusätzlichen Leistungen auf die Anpassung der Vergütung, berechtigt dies den Auftragnehmer nicht, die Ausführung seiner Leistungen zu verweigern.