Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  VgV/UVgO-Kommentar  UVgO – Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte  §§ 8–48 Abschnitt 2 Vergabeverfahren  §§ 41–48 Unterabschnitt 7 Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge und Angebote; Zuschlag  § 41 UVgO Prüfung der Teilnahmeanträge und Angebote; Nachforderung von Unterlagen 

Werk:
VgV-Kommentar
Herausgeber:
Malte Müller-Wrede
Autor:
Lutz Horn
Stand:
Oktober 2017
Thema:
Leistungen (VgV)
Auflage:
5. Auflage

B. Sachliche Angebotsprüfung (Abs. 1)

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Nach § 41 Abs. 1 UVgO sind die Teilnahmeanträge und Angebote auf Vollständigkeit und fachliche Richtigkeit, Angebote zudem auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen.

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Der Wortlaut des § 41 Abs. 1 UVgO ist gegenüber § 16 Abs. 1 VOL/A entscheidend erweitert worden. Terminologisch sind Teilnahmeanträge neu in den Normtext eingeflossen.

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Teilnahmeanträge und Angebote sind vor der Wertung einer sachlichen Prüfung zu unterziehen, wobei die Prüfung sich darauf bezieht, ob sie vollständig eingereicht sowie fachlich richtig sind; bei Angeboten auch, ob die Angebote rechnerisch richtig sind. Die Prüfung dient der Vorbereitung des Wertungsvorganges und ist Voraussetzung für eine mögliche Nachforderung durch den Auftraggeber.

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Vollständig sind Teilnahmeanträge oder Angebote, wenn sie komplett ausgefüllt sind, die vom Auftraggeber geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten und die vom Bieter oder Bewerber im Teilnahmeantrag bzw. im Angebot benannten Anlagen, Bescheinigungen, Nachweise, Muster und Proben beigefügt sind. Erweist sich ein Teilnahmeantrag oder Angebot nach der Prüfung durch den Auftraggeber als unvollständig, kann die Vergabestelle unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 UVgO Erklärungen und Nachweise nachfordern. Kommt der Bewerber oder Bieter einem Nachforderungsverlangen nicht oder nicht rechtzeitig nach, so werden i.d.R. die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 2 UVgO vorliegen, sodass der Teilnahmeantrag oder das Angebot zwingend von der Vergabestelle ausgeschlossen werden muss.

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Die Überprüfung der rechnerischen Richtigkeit von Angeboten soll aufzeigen, ob die einzelnen vom Bieter angeführten Zahlen mathematisch korrekt sind. Die Überprüfung dient demnach zunächst nur dem Ziel, Rechen- und Übertragungsfehler aufzudecken und gegebenenfalls zu berichtigen. Eine Überprüfung der Angemessenheit der Preise ist damit nicht verbunden. Diese findet vielmehr erst im Rahmen des eigentlichen Wertungsvorgangs statt. Rechnerische Fehler führen für sich genommen nicht stets zum Ausschluss des Angebots, da eine Berichtigung durch die Vergabestelle grundsätzlich möglich ist.1Vgl. VK Bund, Beschlüsse v. 4.6.2007 – VK 1-44/07 und VK 1-47/07; Beschluss v. 1.6.2007 – VK 1-41/07, wonach den Auftraggeber sogar die Pflicht trifft, rechnerische Unrichtigkeiten zu berichtigen. Allerdings müssen die Rechenfehler offensichtlich sein, da andernfalls die Gefahr von unzulässigen Manipulationen von Angeboten besteht.2In diesem Sinne VK Bund, Beschlüsse v. 4.6.2007 – VK 1-44/07 sowie VK 1-47/07; Kratzenberg, in: Ingenstau/Korbion, VOB, § 16 VOB/A Rn. 90; Lischka, in: Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, 1. Aufl., Kap. 19 Rn. 28. Ein Fall der offensichtlichen Unrichtigkeit kann etwa vorliegen, wenn der Bieter die Höhe der gesetzlichen Abgaben in seinem Angebot falsch berechnet hat.3VK Arnsberg, Beschluss v. 29.1.2009 – VK 34/08. Enthält das Angebot offensichtliche Rechenfehler, so kann sich die Vergabestelle nicht auf § 42 Abs. 1 Nr. 2 UVgO berufen und das Angebot ausschließen. Denn die Berichtigung von offenkundigen Rechenfehlern ist gegenüber dem zwingenden Ausschluss nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 UVgO vorrangig.4Vgl. VK Bund, Beschluss v. 4.6.2007 – VK 1-44/07.

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Die Überprüfung der fachlichen Richtigkeit umfasst insbesondere technische Inhalte. Es wird regelmäßig eine Prüfung vorgenommen, ob die Angebote oder Teilnahmeanträge den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.5 Lischka, in: Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 19 Rn. 29. Dieser Maßstab kann freilich dann nicht zur Anwendung kommen, wenn sich auf dem fraglichen Gebiet noch keine allgemein anerkannten Regeln herausgebildet haben, was vor allem bei neuesten Entwicklungen im Bereich der Hochtechnologie der Fall sein dürfte.