Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  VgV/UVgO-Kommentar  UVgO – Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte  §§ 8–48 Abschnitt 2 Vergabeverfahren  §§ 8–14 Unterabschnitt 1 Verfahrensarten  § 9 UVgO Öffentliche Ausschreibung 

Werk:
VgV-Kommentar
Herausgeber:
Malte Müller-Wrede
Autoren:
Katja Gnittke/Oliver Hattig
Stand:
Oktober 2017
Thema:
Leistungen (VgV)
Auflage:
5. Auflage

C. Aufklärung und Verhandlungsverbot (Abs. 2)

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§ 9 Abs. 2 UVgO regelt in S. 1 das Recht des Auftraggebers, von dem Bieter Aufklärung über das Angebot, das Vorliegen von Ausschlussgründen und die Eignung des Bieters zu verlangen, und in S. 2 ein Verhandlungsverbot insbesondere bezüglich der Angebote und Preise.

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Der Regelungsgehalt entspricht im Wesentlichen dem des vorherigen § 15 VOL/A, welcher durch § 9 Abs. 2 UVgO ersetzt wird. Für Vergaben im Baubereich enthält die VOB/A mit § 15 weiterhin eine eigenständige Norm zur Aufklärung des Angebots. Hiernach darf der Auftraggeber von einem Bieter Aufklärung verlangen, um sich über seine Eignung, das Angebot selbst, etwaige Nebenangebote, die geplante Art der Durchführung, etwaige Ursprungsorte oder Bezugsquellen von Stoffen oder Bauteilen und über die Angemessenheit der Preise zu unterrichten. Eine dem Verhandlungsverbot in § 9 Abs. 2 S. 2 UVgO entsprechende Regelung statuiert § 15 Abs. 3 VOB/A. Nach § 15 Abs. 3 VOB/A sind ausnahmsweise Verhandlungen statthaft, wenn sie bei Nebenangeboten oder Angeboten aufgrund eines Leistungsprogrammes nötig sind, um unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs und daraus sich ergebende Änderungen der Preise zu vereinbaren. § 9 Abs. 3 UVgO enthält keine derartige Einschränkung. Die Aufklärung muss sich also auch bei Nebenangeboten und bei Angeboten aufgrund funktionaler Leistungsbeschreibung in den Grenzen des § 9 Abs. 2 S. 1 UVgO bewegen. Dies schließt eine Aufklärung nicht aus, unterwirft sie aber engen Grenzen.1Vgl. § 15 VgV Rn. 131.

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§ 15 VOL/A bezog sich allgemein auf Ausschreibungen. Wie auch in der VgV ist die Regelung inhaltlich unverändert jetzt bei den Normen zu den einzelnen Verfahrensarten zu finden. Aufgrund der Verweise in §§ 10 Abs. 3 und 11 Abs. 3 UVgO gelten das Recht zur Aufklärung und das Verhandlungsverbot auch bei Beschränkten Ausschreibungen mit und ohne Teilnahmewettbewerb, aufgrund der fehlenden Verweisung in § 12 UVgO hingegen nicht bei der Verhandlungsvergabe mit und ohne Teilnahmewettbewerb.

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Nach § 9 Abs. 2 S. 1 UVgO darf der Auftraggeber von den Bietern nur Aufklärung über ihre Eignung, das Vorliegen von Ausschlussgründen oder das Angebot verlangen. Die Bezugnahme auf das Vorliegen von Ausschlussgründen war in § 15 S. 1 VOL/A nicht enthalten. Nach der VOL/A war die Zuverlässigkeit Gegenstand der Eignung. Nach § 31 UVgO ist die Zuverlässigkeit kein Eignungskriterium mehr. Inhaltlich ist sie in den Ausschlussgründen aufgegangen, die sich aus den nach § 31 Abs. 1 UVgO entsprechend anzuwendenden §§ 123 und 124 GWB ergeben. Insofern ist mit der Ergänzung der Aufklärungsmöglichkeit bezüglich des Vorliegens von Ausschlussgründen keine inhaltliche Veränderung verbunden.

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§ 9 Abs. 2 S. 2 UVgO enthält gegenüber § 15 VOL/A die Ergänzung, dass Verhandlungen „insbesondere über Änderungen der Angebote oder Preise“ unzulässig sind. Daraus ergibt sich keine inhaltliche Änderung gegenüber der Vorgängernorm: Der Einschub macht nur deutlicher, auf was sich das Verhandlungsverbot bezieht:

Nach den Erläuterungen des BMWi2Amtliche Erläuterungen zu § 9 UVgO, BAnz AT 07.02.2017 B2. entspricht § 9 UVgO in Teilen dem § 15 VgV, der das offene Verfahren bei einer Vergabe oberhalb der Schwellenwerte regelt. Vergleicht man § 15 Abs. 5 VgV mit § 9 Abs. 2 UVgO, so sind diese ihrem Wortlaut nach nahezu identisch. Der einzige Unterschied ist die ausdrückliche Bezugnahme auf die Aufklärung über das Vorliegen von Ausschlussgründen in § 9 Abs. 2 S. 1 UVgO. Dies führt jedoch zu keinem inhaltlichen Unterschied, da die Abweichung in § 15 Abs. 5 VgV auf einem Redaktionsversehen beruhen dürfte.3Vgl. § 15 VgV Rn. 85. Mithin kann vollumfänglich auf die Kommentierung zu § 15 Abs. 5 VgV verwiesen werden.

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Die Beschränkung des Auftraggebers auf Aufklärung und der Ausschluss von Verhandlungen entsprechen dem Wesen der Öffentlichen und Beschränkten Ausschreibung. § 10 Abs. 3 und § 11 Abs. 3 UVgO sehen daher die entsprechende Anwendung von § 9 Abs. 2 UVgO für die Beschränkte Ausschreibung mit und ohne Teilnahmewettbewerb vor. Auf die Verhandlungsvergabe nach § 12 UVgO findet § 9 Abs. 2 UVgO hingegen keine Anwendung.