Nach § 58 Abs. 2 S. 3 VgV kann der öffentliche Auftraggeber auch Festpreise oder Festkosten vorgeben, sodass das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien nach § 58 Abs. 2 S. 1 VgV bestimmt wird.
Sie geht auf die unionsrechtliche Vorgabe in Art. 67 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2014/24/EU zurück, wonach das Kostenelement auch die Form von Festpreisen oder Festkosten annehmen kann, auf deren Grundlage die Wirtschaftsteilnehmer nur noch mit Blick auf Qualitätskriterien miteinander konkurrieren.1Verordnungsbegründung, BR-Drs. 87/16, 213.
Die Regelung ist neu durch die VergRModVO in die VgV eingefügt worden. Bereits zur alten Rechtslage war es nach der Rechtsprechung2VK Sachsen, Beschluss v. 20.6.2014 – 1/SVK/017-14; VK Münster, Beschluss v. 15.5.2007 – VK 11/07; siehe auch OLG Naumburg, Beschluss v. 5.12.2008 – 1 Verg 9/08; VK Hessen, Beschluss v. 3.2.2012 – 69d VK-48/2011. zulässig, die Angebotswertung ausschließlich nach leistungsbezogenen Kriterien vorzunehmen und den Preis oder die Kosten außen vor zu lassen (sog. Budgetausschreibung).
Der Anwendungsbereich der Regelung erfasst nach der Verordnungsbegründung3Verordnungsbegründung, BR-Drs. 87/16, 213. insbesondere die Vergabe von Leistungen, bei denen die Vergütung oder die Festpreise durch nationale Vorschriften im Sinne von § 127 Abs. 2 GWB festgelegt sind. Solche Vorschriften enthalten beispielsweise das BuchPrG4Vgl. VK Münster, Beschluss v. 15.5.2007 – VK 11/07; VK Düsseldorf, Beschluss v. 14.7.2003 – VK-19/2003-L. oder die HOAI. § 58 Abs. 2 S. 3 VgV ist nicht auf diesen Anwendungsbereich beschränkt.5A.A. Burgi, Vergaberecht, § 17 Rn. 5, der eine solche Einschränkung aus § 127 Abs. 2 GWB ableitet. Eine Einschränkung lässt sich weder dem Wortlaut der Regelung noch der Verordnungsbegründung entnehmen. Der öffentliche Auftraggeber kann den Preis und die Kosten bei der Angebotswertung daher auch außen vor lassen, wenn sie nicht von Gesetzes wegen (weitestgehend) vorbestimmt sind.6Kritisch zu der Regelung im Hinblick auf das haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot Gnittke/Hattig zu Rn. 215.
Ausweislich der Wortlauts der Bestimmung („kann“) steht die Vorgabe von Festpreisen oder Festkosten im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers. Der öffentliche Auftraggeber ist daher nicht verpflichtet, Festpreise oder Festkosten vorzugeben, selbst wenn der Spielraum der Bieter bei der Preis- bzw. Kostengestaltung aufgrund anderer nationaler Bestimmungen gering ist.
Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber für die Vorgabe von Festpreisen oder Festkosten, ist er verpflichtet, qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien nach § 58 Abs. 2 S. 1 VgV bei der Angebotswertung zu berücksichtigen. Die Verordnungsbegründung7Verordnungsbegründung, BR-Drs. 87/16, 213 f. benennt – etwas beliebig – als Beispiele Liefer- und Zahlungsbedingungen, Kundendienstaspekte (etwa den Umfang von Beratungs- und Ersatzteilleistungen), ökologische (etwa den Druck von Büchern auf Recyclingpapier oder Papier aus nachhaltigem Holz) oder soziale Eigenschaften.
Keine Regelung trifft § 58 Abs. 2 S. 3 VgV darüber, an welcher Stelle der öffentliche Auftraggeber die Festpreise oder Festkosten vorgibt. Der Festpreis und die Festkosten sind keine Zuschlagskriterien, sodass § 127 Abs. 5 GWB nicht einschlägig ist. Da sie für die Beteiligung eines Unternehmens am Vergabeverfahren ausschlaggebend sein können, müssen die Festpreise oder Festkosten aus Gründen der Verfahrenstransparenz nach § 97 Abs. 1 S. 1 GWB bereits in der Auftragsbekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Interessensbestätigung oder den Vergabeunterlagen angegeben sein.