Fachliteratur  Kommentare und Handbücher  VgV/UVgO-Kommentar  Kommentar zur VgV, UVgO und VergStatVO  VgV – Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge  §§ 14–63 Abschnitt 2 Vergabeverfahren  §§ 52–55 Unterabschnitt 6 Einreichung, Form und Umgang mit Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträgen und Angeboten  § 52 VgV Aufforderung zur Interessensbestätigung, zur Angebotsabgabe, zur Verhandlung oder zur Teilnahme am Dialog  B. Teilnahmewettbewerb (Abs. 1) 

Werk:
VgV-Kommentar
Herausgeber:
Malte Müller-Wrede
Autoren:
Katja Gnittke/Oliver Hattig
Stand:
Oktober 2017
Thema:
Leistungen (VgV)
Auflage:
5. Auflage

II. Auswahlverfahren

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Der öffentliche Teilnahmewettbewerb, an dem sich jeder nach Veröffentlichung des Beschaffungsvorhabens im Europäischen Amtsblatt als Bewerber beteiligen kann, legt den Kreis derjenigen Unternehmen fest, die vom öffentlichen Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

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Die Auswahl der Unternehmen, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden sollen, ist anhand der vorgelegten Eignungsbelege im Sinne von § 122 GWB i.V.m. § 48 Abs. 1 VgV zu treffen,1VK Schleswig-Holstein, Beschluss v. 28.11.2006 – VK-SH 25/06, ZfBR 2007, 206; VK Niedersachsen, Beschluss v. 25.8.2003 – 203-VgK-18/2003; VK Bund, Beschluss v. 6.5.2003 – VK 2-28/03. Daher dürfen z. B. in der Auftragsbekanntmachung geforderte Kautionen und Sicherheiten bei der Wertung des Teilnahmewettbewerbs nicht berücksichtigt werden, da sie sich nicht auf den Teilnahmewettbewerb beziehen (VK Thüringen, Beschluss v. 24.11.2010 – 250-4004.20-4381/2010-009-NDH). mit denen Bewerber ihre Eignung gemäß §§ 43 bis 47 VgV und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß §§ 123, 124 GWB zu belegen haben.2Vgl. die Kommentierung dort. Sie erfolgt in zwei Schritten. Zunächst werden die geeigneten Bewerber von den nicht geeigneten Bewerbern unterschieden. Dabei werden zunächst formell fehlerhafte (z. B. verspätete oder unvollständige) Teilnahmeanträge aussortiert – sie werden nicht weiter berücksichtigt, ohne dass insoweit ein Ermessen besteht.3BGH, Beschluss v. 18.2.2003 – X ZB 43/02; VK Baden-Württemberg, Beschluss v. 26.8.2009 – 1 VK 43/09. Dann erfolgt die inhaltliche Bewertung der Eignung der im Wettbewerb verbliebenen Bewerber auf der Grundlage der mit dem Teilnahmeantrag jeweils vorgelegten bzw. ggf. nachgeforderten Unterlagen. In einer dritten Stufe wählt der öffentliche Auftraggeber – sofern der öffentliche Auftraggeber die Höchstzahl der einzuladenden Bewerber in der Auftragsbekanntmachung festgelegt hat – unter den geeigneten Bewerbern diejenigen aus, die er zur Angebotsabgabe auffordert.4OLG München, Beschluss v. 11.6.2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684 (689). Hierzu kann er ein internes Ranking5Zur vorherigen Veröffentlichung einer Bewertungsmatrix siehe Rn. 21. aufstellen und die vorgelegten bzw. ggf. nachgeforderten Unterlagen z. B. mit einem Punktsystem bewerten. Bestehen etwa bei vorgelegten Referenzen gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Teilnehmern, sollte dies selbstverständlich in der Bewertung Niederschlag finden.6OLG München, Beschluss v. 11.6.2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684 (689).

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Die im Teilnahmewettbewerb zu treffende Entscheidung erfolgt also allein unternehmensbezogen – leistungs- oder produktbezogene Fragen des (späteren) Angebots sind davon zu trennen.7OLG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 19.2.2007 – 1 Verg 14/06. Insofern kann die Anforderung des öffentlichen Auftraggebers, bereits mit dem Teilnahmeantrag ein Konzept für den Auftrag oder Ähnliches einzureichen, wie sie insbesondere bei komplexen Aufträgen regelmäßig von öffentlichen Auftraggebern gefordert wird, rechtlich zweifelhaft sein.

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Fordert der öffentliche Auftraggeber mit dem Teilnahmeantrag bestimmte Unterlagen und werden diese Unterlagen nicht vorgelegt, war der Teilnahmeantrag nach der bisherigen Rechtsprechung zwingend auszuschließen.8OLG Celle, Beschluss v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394; VK Schleswig-Holstein, Beschluss v. 28.1.2009 – VK-SH 18/08; VK Bund, Beschluss v. 19.10.2004 – VK 3-191/04. Unvollständige Nachweise durften demnach auch nicht – etwa im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs – ergänzt werden.9VK Bund, Beschluss v. 19.10.2004 – VK 3-191/04. Insoweit stehe der Vergabestelle kein Beurteilungsspielraum zu. Ein Auswahlermessen habe die Vergabestelle nur unter den Bewerbern, die vollständige Unterlagen einreichen. Anderenfalls würde die Eignungsprüfung auf reiner Spekulation basieren.10VK Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 11.4.2005 – VK 2-LVwA LSA 6/05. § 56 Abs. 2 VgV, nach dem fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen nachgefordert werden dürfen, gilt nunmehr aber ausdrücklich für die Nachforderung von Unterlagen zur Eignung im Teilnahmewettbewerb. Die Überschrift des § 56 VgV bezieht sich auf die Prüfung von Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträgen und Angeboten. § 56 Abs. 1 VgV regelt die Prüfung der Vollständigkeit auch von Teilnahmeanträgen. § 56 Abs. 2 VgV regelt die Nachforderung von Unterlagen bei Bewerbern und Bietern. Sinn und Zweck von § 56 Abs. 2 VgV ist es, übertriebenen Formalismus zu vermeiden. Im Verfahren mit Teilnahmewettbewerb ist die Eignungsprüfung nur vorverlagert, weicht aber inhaltlich nicht von derjenigen in offenen Verfahren ab.11A.A. zum früheren Recht Jürschik, in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 10 EG VOL/A Rn. 7. § 56 Abs. 2 VgV geht zugleich in einem wesentlichen Punkt über die bisherige Vorschrift in § 19 EG Abs. 2 VOL/A hinaus: Während diese Vorschrift nach der bisherigen Rechtsprechung lediglich ermöglichte, dass die Bieter „fehlende“ Erklärungen und Nachweise oder formal fehlerhafte Unterlagen nachreichen konnten, sich also das Recht zur Nachforderung nach der VOL/A allein auf Nachweise erstreckte, die entweder überhaupt nicht vorgelegt wurden, unvollständig waren oder formale Mangel aufwiesen,12Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.12.2012 – VII-Verg 47/12; Beschluss v. 12.9.2012 – VII-Verg 108/11; Beschluss v. 17.3.2011 – VII-Verg 56/10; OLG München, Beschluss v. 15.3.2012 – Verg 2/12. enthält § 56 Abs. 2 VgV diese Einschränkung gerade nicht, sondern erweitert die Möglichkeiten zur Nachforderung unternehmensbezogener Unterlagen erheblich. Der öffentliche Auftraggeber kann demnach den Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen – das sind insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen, oder sonstige Nachweise – nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren. Die Regelungen in § 56 Abs. 2 VgV geht zurück auf Art. 56 Abs. 3 RL 2014/24/EU. Hiernach können die öffentlichen Auftraggeber, sofern in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist, „Wirtschaftsteilnehmer“, deren Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder unvollständig oder fehlerhaft zu sein scheinen oder bei denen spezifische Unterlagen nicht vorhanden sind, auffordern, die jeweiligen Informationen oder Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu übermitteln, zu ergänzen, zu erläutern oder zu vervollständigen, sofern diese Aufforderung unter voller Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgt. Art. 56 Abs. 3 RL 2014/24/EU differenziert damit ausdrücklich nicht zwischen Bewerbern und Bietern, sondern spricht allgemein nur von „Wirtschaftsteilnehmern“.13Vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 bzw. Art. 2 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 12 RL 2014/24/EU. Dies lässt allein den Schluss zu, dass die erweiterten Nachforderungsmöglichkeiten nicht nur für Bieter bzw. für unvollständige Angebote gelten sollen, sondern dass sie auch Bewerbern bzw. unvollständigen Teilnahmeanträgen zugutekommen sollen. Auch die amtliche Begründung zur VgV geht davon aus, dass die Regelung in § 56 Abs. 2 VgV auch für Bewerber gelten soll, da sie u.a. deutlich macht, dass der öffentliche Auftraggeber die Nachforderung auf diejenigen Bieter „oder Bewerber“ beschränken kann, deren „Teilnahmeanträge“ oder „Angebote“ in die engere Wahl kommen. Der öffentliche Auftraggeber sei demnach nicht verpflichtet, von allen Bietern „oder Bewerbern“ gleichermaßen Unterlagen nachzufordern. Es spricht im Übrigen nichts dagegen, wenn ein öffentlicher Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung eine § 56 Abs. 2 VgV entsprechende Regelung ausdrücklich aufnimmt, wonach er sich vorbehält, ggf. in dem Teilnahmeantrag fehlende Eignungsnachweise nachzufordern, ohne dass den Bewerbern hierauf ein Anspruch zustehen soll. Das Ermessen zum Nachfordern der Unterlagen kann daran ausgerichtet werden, welche und/oder wie viele Unterlagen in dem Teilnahmeantrag fehlen,14Siehe hierzu zum Beispiel VK Berlin, Beschluss v. 8.6.2012 – VK-B2-09/12. oder auf die Bewerber beschränkt werden, deren Teilnahmeanträge in die engere Wahl kommen.15Verordnungsbegründung zu § 56 Abs. 2 VgV, BR-Drs. 87/16, 209. Unabhängig davon können die öffentlichen Auftraggeber die Bewerber gemäß § 48 Abs. 7 VgV auffordern, die bereits vorgelegten Nachweise zu erläutern.

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Bei der Auswertung der Teilnahmeanträge und der Auswahl unter den Bewerbern steht dem öffentlichen Auftraggeber wie bei der Wertung von Angeboten ein weiter und nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu.16 OLG München, Beschluss v. 11.6.2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684 (689); BayObLG, Beschluss v. 20.4.2005 – Verg 26/04, VergabeR 2005, 532; VK Sachsen, Beschluss v. 9.2.2009 – 1/SVK/071-08. Die Nachprüfungsinstanzen dürfen nur kontrollieren, ob die rechtlichen Grenzen dieses Spielraums eingehalten worden sind, also ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, die Vergabestelle von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, in die Wertung keine willkürlichen oder sonst unzulässigen Erwägungen eingeflossen sind, ob der Beurteilungsmaßstab sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung hält, also ob insbesondere alle bekannt gemachten Kriterien bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt wurden17VK Nordbayern, Beschluss v. 3.5.2011 – 21.VK-3194-07/11. bzw. ob die einzelnen Wertungsgesichtspunkte nicht objektiv fehlgewichtet wurden, und ob bei der Entscheidung über den Zuschlag ein sich im Rahmen des Gesetzes und der Beurteilungsermächtigung haltender Beurteilungsmaßstab zutreffend angewendet wurde.18OLG München, Beschluss v. 11.6.2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684 (689). Nur ausnahmsweise, wenn eine bestimmte Wertung zwingend ist, dürfen die Nachprüfungsinstanzen ihre Wertung an die Stelle der Wertung der Vergabestelle treten lassen. Dem entspricht, dass ein im Teilnahmewettbewerb beteiligtes Unternehmen grundsätzlich nicht die Berücksichtigung am nachfolgenden Angebotsverfahren beanspruchen kann, selbst wenn es seine grundsätzliche Eignung für den Auftrag nachgewiesen hat.

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Der öffentliche Auftraggeber darf die Unternehmen, die er zur Abgabe eines Angebotes auffordern, will, nicht willkürlich auswählen.19BayObLG, Beschluss v. 20.4.2005 – Verg 26/04, VergabeR 2005, 532 (534). Er muss sich bei der Auswahl an sachbezogene und nachvollziehbare Gesichtspunkte halten, die vor allem die Art der zu vergebenden Leistung in den Vordergrund stellen. Er muss das Diskriminierungsverbot und die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz beachten. Der öffentliche Auftraggeber kann im Vorfeld auch Kriterien festlegen, bei deren Nichterfüllung die Teilnahme ausgeschlossen ist (z.B. Mindestumsatz, Mindestmitarbeiterzahl etc.), solange auch diese objektiv und nicht diskriminierend sowie auftragsbezogen sind20Vgl. Nachweise bei Butler, in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch des Vergaberechts, § 9 Rn. 39. und den besonderen Vorgaben in Abschnitt 2 Unterabschnitt 5 VgV genügen. Alle bekannt gegebenen Kriterien sind bei der Auswahlentscheidung zwingend zu beachten.21VK Nordbayern, Beschluss v. 3.5.2011 – 21.VK-3194-07/11. Bei der Auswahl der geeigneten Bewerber für die Ausschreibung im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Kenntnisse muss der öffentliche Auftraggeber sicherstellen, dass auch die Gefahr einer Beschränkung des Geheimwettbewerbes ausgeschlossen wird.22VK Brandenburg, Beschluss v. 21.2.2007 – 2 VK 58/06. Die Gründe für die Auswahl müssen dokumentiert werden, sonst hat der öffentliche Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.23VK Sachsen, Beschluss v. 9.2.2009 – 1/SVK/071-08 mit Verweis auf BayObLG, Beschluss v. 20.4.2005 – Verg 26/04. Die Begründung einer Bewertung muss zumindest so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar ist und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabestelle den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat.24OLG München, Beschluss v. 17.9.2015 – Verg 3/15.

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Der öffentliche Auftraggeber hat durch seine Auswahl der geeigneten Bewerber nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs festgelegt, von welchen Unternehmen er Angebote erwartet und von welchen nicht. Das Angebot eines nicht aufgeforderten Bieters darf er nicht berücksichtigen oder gar in die Wertung einbeziehen. Angebote von Bietern, die nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs nicht zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert wurden bzw. zuvor keinen Teilnahmeantrag gestellt haben, müssen deshalb zwingend ausgeschlossen werden. Das stellt § 51 Abs. 3 S. 3 VgV jetzt ausdrücklich klar. Denn auch die anderen Bieter haben ein Recht darauf, sich im Wettbewerb nur mit Unternehmen messen zu müssen, die zuvor die Kriterien des Teilnahmewettbewerbs durch Vorlage der geforderten Nachweise erfüllt haben und dann auch als geeignet ausgewählt wurden.25Vgl. OLG München, Beschluss v. 17.9.2015 – Verg 3/15; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 15.10.2008 – 15 Verg 9/08, VergabeR 2009, 164 (169); VK Bund, Beschluss v. 22.2.2008 – VK 1-4/08; VK Nordbayern, Beschluss v. 25.11.2005 – 320.VK-3194-38/05. Dem entspricht, dass die rechtliche Identität des Bewerbers nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs und Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht verändert werden darf.26Vgl. z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 15.10.2008 – 15 Verg 9/08, VergabeR 2009, 164 (169).

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Hat der öffentliche Auftraggeber nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs die Eignung eines Bewerbers ermessensfehlerfrei bejaht und ihn zur Verhandlung aufgefordert, so ist der öffentliche Auftraggeber an seine Auswahlentscheidung grundsätzlich gebunden.27VK Südbayern, Beschluss v. 9.9.2014 – Z3-3-3194-1-35-08/14. Auch nach einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens zur Behebung eines anderen Vergabeverstoßes ist die Vergabestelle nach fehlerfreier Bewerberauswahl daran gehindert, ihre Bewerberauswahl erneut zu treffen.28VK Südbayern, Beschluss v. 9.9.2014 – Z3-3-3194-1-35-08/14. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch seine Auswahlentscheidung aufgrund neu eingetretener Umstände ändern. Das betrifft etwa Fälle, in denen nach Abschluss der Auswahlentscheidung bestimmte Eignungsmerkmale eines Bewerbers wegfallen oder Besonderheiten auftreten – zum Beispiel bei einem Wechsel in der Person des Teilnehmers aufgrund einer Verschmelzung.29VK Münster, Beschluss v. 19.6.2007 – VK 12/07; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.8.2011 – VII-Verg 16/11, sowie die Kommentierung zu § 15 Abs. 5 VgV. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt und verpflichtet, auch nach dem Abschluss der Eignungsprüfung – durch die Bekanntgabe des Ergebnisses des Teilnahmewettbewerbs – neue tatsächliche Umstände, von denen er vor der Zuschlagserteilung Kenntnis erlangt und die – bezogen auf den zu vergebenden Auftrag – geeignet sind, nunmehr Zweifel an der Eignung eines ausgewählten Bewerbers zu begründen, zu berücksichtigen und erneut in die Eignungsprüfung einzutreten.30OLG Naumburg, Beschluss v. 22.9.2014 – 2 Verg 2/13; a.A. OLG Hamm, Urteil v. 12.9.2012 – 12 U 50/12. In die Eignungsprüfung eines Bewerbers muss der öffentliche Auftraggeber nach Abschluss des vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs wieder eintreten, wenn er die Eignung in dem Teilnahmewettbewerb vergaberechtswidrig bejaht hat, die Voraussetzungen für einen zwingenden Ausschluss nicht vorliegen und eine weitere Prüfung, bei der der Vergabestelle ein Ermessens- und Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, erforderlich ist.31
OLG München, Beschluss v. 17.9.2015 – Verg 3/15.