Nach § 4 Abs. 1 S. 1 VgV können mehrere öffentliche Auftraggeber bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam vergeben.
„Gemeinsame Vergabe“ bedeutet, dass das Vergabeverfahren ganz oder teilweise gemeinsam im Namen oder im Auftrag aller öffentlichen Auftraggeber durchgeführt wird. In Abgrenzung zur zentralen Beschaffung kommt durch den Begriff „gelegentlich“ zum Ausdruck, dass es sich um keine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit handelt.
Den öffentlichen Auftraggebern steht im Rahmen der kartellrechtlichen Grenzen ein freies Wahlrecht zu, ob eine Auftragsvergabe gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern durchgeführt wird.
Nicht unter den Begriff der „gemeinsamen Auftragsvergabe“ fallen Vereinbarungen oder Beschlüsse zwischen öffentlichen Auftraggebern, die keine Vergütung der (Beschaffungs-) Dienstleistung vorsehen.1Art. 1 Abs. 6 RL 2014/24/EU. Mangels Entgeltlichkeit der Beschaffungsdienstleistung liegt insoweit von vornherein kein „öffentlicher Auftrag“ im Sinne von § 103 GWB vor.
Erforderlich sind mindestens zwei verschiedene öffentliche Auftraggeber. Eine gemeinsame Beschaffung liegt nicht vor, wenn die Beschaffung lediglich von einer anderen Verwaltungseinheit desselben öffentlichen Auftraggebers durchgeführt wird. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Angelegenheit der internen Organisation des betreffenden öffentlichen Auftraggebers.
Durch die Formulierung „bestimmte“ kommt zum Ausdruck, dass es sich immer um eine punktuelle, auf eine oder mehrere konkrete Auftragsvergaben bezogene Zusammenarbeit handelt.2Verordnungsbegründung, BR-Drs. 87/16, 159. Die dauerhafte oder institutionalisierte Zusammenarbeit erfolgt im Rahmen einer zentralen Beschaffungstätigkeit durch eine zentrale Beschaffungsstelle im Sinne von § 120 Abs. 4 GWB.
Für die Zusammenarbeit ist eine „Vereinbarung“ der öffentlichen Auftraggeber erforderlich. Mangels Formvorgaben kann die Vereinbarung in Textform abgeschlossen werden. Die Vereinbarung sollte insbesondere regeln, wer im Innenverhältnis für die Einhaltung der Bestimmungen des Vergabeverfahrens verantwortlich ist. Die Zusammenarbeit kann eine Beschaffung insgesamt, bestimmte Abschnitte des Vergabeverfahrens oder dessen Vorbereitung umfassen.
Mit § 4 Abs. 1 S. 2 VgV wird die gemeinsame Auftragsvergabe mit anderen öffentlichen Auftraggebern aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausdrücklich zugelassen.
Neben der gelegentlichen gemeinsamen Beschaffung können öffentliche Auftraggeber gemäß § 120 Abs. 4 GWB auch zentrale Beschaffungsstellen nutzen, was durch § 4 Abs. 1 S. 3 VgV deklaratorisch klargestellt wird. Davon umfasst ist auch die Möglichkeit, zentrale Beschaffungsstellen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu nutzen. Die Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen kann dabei auf zwei Wegen3Erwägungsgrund 69 RL 2014/24/EU. erfolgen:
Die zentrale Beschaffungsstelle kann als „Großhändler“ agieren, der selbst Waren oder Dienstleistungen beschafft und an andere öffentliche Auftraggeber weiterveräußert.
Die zentrale Beschaffungsstelle führt im Auftrag und auf Rechnung anderer öffentlicher Auftraggeber Vergabeverfahren durch. Dabei kann sie sowohl eigenverantwortlich handeln als auch auf Grundlage detaillierter Anweisungen seitens des öffentlichen Auftraggebers, für den die Beschaffung durchgeführt wird.
Bei beiden Alternativen kann die zentrale Vergabestelle auch mit Beratungs- oder Planungsleistungen sowie mit der Vorbereitung und Verwaltung von Vergabeverfahren beauftragt werden, ohne dass ein Vergabeverfahren durchgeführt werden muss.4§ 120 Abs. 4 S. 4 GWB. Ein Vergabeverfahren ist hingegen dann erforderlich, wenn die Beratungs- und Unterstützungsleistungen ohne jeden Bezug zu einer zentralen Beschaffungstätigkeit beauftragt werden sollen.5Erwägungsgrund 70 RL 2014/24/EU. In diesem Fall kann jedoch gegebenenfalls die Ausnahme des § 108 GWB Anwendung finden.