1.1 Wirkung und Nutzen
Von einer Vergabedatei profitieren sowohl die Prävention als auch die Repression und die Kontrolle.
Die Präventivwirkung wird schon mit der Einrichtung erreicht, indem Transparenz hergestellt wird und die Bediensteten zu einer korrekten Bearbeitung der Vergabevorgänge angehalten werden. Die Erfüllung der folgenden Bedingungen ist dafür notwendig:
Jeder erfassungspflichtige Vorgang muss hinreichend sicher in den Datenbestand gelangen. Dies kann über eine technische Umsetzung (siehe unten) erreicht werden. Ersatzweise kann mit einer Erfassungspflicht gearbeitet werden, deren Einhaltung der Kontrolle unterliegt.
Es muss Pflichten zur Auswertung des Bestandes geben, diese müssen allen Beteiligten – Sachbearbeitung und Auswertung - bekannt sein. Derartige Kontrollen müssen dann auch tatsächlich durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollten unabhängig von positiver oder negativer Tendenz rückgekoppelt werden, auch um das Einhalten der Kontrollpflicht zu bestätigen. Im Ergebnis müssen alle mit der Bearbeitung von Vergaben betrauten Bediensteten wissen, dass die eigenen Vorgänge einer realen Prüfwahrscheinlichkeit unterliegen, ohne dass sie die Zeitpunkte, Methoden, Tiefe etc. der Prüfung abschätzen können.
Beim Auftreten von Verdachtsfällen der Korruption oder anderer pflichtwidriger Handlungen im Zusammenhang mit Vergaben profitiert die Repression von der Vergabedatei durch verbesserte Aufklärungsmöglichkeiten. Auch wird eine Ermittlung von Schadensbeträgen etc. durch die Informationen aus der Vergabedatei unterstützt.
Die Kontrollen im Datenbestand können sich auf einzelne Vorgänge beziehen, die beispielsweise nach einem Zufallsprinzip ausgewählt werden, sich vor allem aber Selektionsverfahren bedienen, um das Vorkommen von auffälligen Konstellationen in Einzelvorgängen zu erkennen. Im zweiten Fall ist die Vergabedatei ein qualifiziertes Hilfsmittel, um kritische Einzelfälle aus dem Gesamtbestand herauszufiltern. Diese können dann weiteren Prüfmaßnahmen unterzogen werden, beispielsweise in der Form einer Nachschau des Verwaltungsvorgangs und / oder einer Ortsbesichtigung zum Abgleich der dokumentierten und der tatsächlich ausgeführten Maßnahmen.
Eine Sonderform der Kontrolle sind Monitoring-Verfahren, die sich mathematisch-statistischer MethodenHierzu zählen auch die im Fachbeitrag „Prüfroutinen“ behandelten Verfahren Benford-Gesetzmäßigkeit und Chi-Quadrat-Test. bedienen. Diese können zur wiederkehrenden Analyse des gesamten Datenbestandes herangezogen werden bzw. auch für den Bereich von Ausschnitten. Sie erlauben eine Einschätzung, ob die Daten zu bestimmten Kriterien nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit schlüssig sind oder aber auffällige Abweichungen zur erwarteten Konstellation zeigen, sodass sich eine Suche nach den Ursachen zum Zweck eines Ausschlusses u.a. pflichtwidriger Handlungen anschließt.
In der Praxis entfaltet eine Vergabedatei einen weiteren Nutzen auch außerhalb der Korruptions- und Unregelmäßigkeitsvorbeugung. Immer dann, wenn zu operativen Zwecken, zur Deckung politischer Informationsinteressen etc. Daten zum Vergabewesen der Organisation benötigt werden, kann sie diese liefern.
Allerdings sollte zur Sicherung der Funktionalität für Zwecke der Korruptions- und Manipulationsprävention eine Härtung des Systems erfolgen. Anderen Zwecken dienende Datenfelder sollten nur eingeführt werden, wenn sie dem eigentlichen Zweck der Vergabedatei nicht zuwiderlaufen.