Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.
Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.
§ 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.
Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.
Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.
Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Für die Praxis: Durch den durch die Reform des Bauvertragsrechts neu gefassten § 648a BGB-RegE regelt der Gesetzgeber ein weiteres Problem, welches bisher im Bauvertragsrecht bestanden hat, nämlich das beiderseitige Recht der Vertragsparteien zur fristlosen Kündigung.
1. „Wichtiger Grund“. Die Rechtsprechung hatte schon immer eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund beim Werkvertrag ermöglicht. Allerdings, so scheint es, hat der Gesetzgeber den Vertragsparteien keine Handlungsanleitung gegeben, wann von einem „wichtigen Grund“ auszugehen ist. Denn § 648a Abs. 1 BGB-RegE bestimmt nur, dass beide Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund kündigen können, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden kann.
Der Gesetzgeber hat sehr wohl überlegt, ob er einzelne Kündigungsgründe aufführen soll, dann aber davon abgesehen, weil die möglichen Fallkonstellationen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, zu vielgestaltig sind. Der Kündigungstatbestand wurde der Vorschrift des § 314 BGB nachgebildet, also der fristlosen Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen. Der Bauvertrag ist zwar kein Dauerschuldverhältnis im Rechtssinne, diesem aber deshalb angenähert, weil die Vertragsparteien für längere Zeit miteinander verbunden sind.
Eine fristlose Kündigung ist immer dann möglich, wenn die Parteien Kardinalvertragspflichten verletzen. Der Bauherr beschafft z.B. eine Baugenehmigung nicht, er zahlt nicht oder er kommt seinen Mitwirkungspflichten mehrfach in keiner Weise nach. Das Gleiche gilt, wenn der Bauunternehmer trotz mehrfacher Aufforderung beispielsweise nicht mit der Bauausführung beginnt oder trotz Abmahnung und Fristsetzung nur unzureichend Arbeitskräfte, Geräte oder Baustoffe zur Verfügung stellt, so dass die Termine, insbesondere der Baufertigstellungstermin, nicht eingehalten werden können, oder der Bauunternehmer führt die Arbeiten wiederholt mangelhaft aus. Auch dann, wenn der Bauunternehmer keine Löhne mehr zahlt oder eine Insolvenz eintritt, kann eine fristlose Kündigung erfolgen.
2. Frist zur Abhilfe. Jede fristlose Kündigung ist erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig.
3. Feststellung des Leistungsstandes. Durch die Kündigung wird zwar das Vertragsverhältnis beendet, aber es muss noch abgewickelt werden. Daher bestimmt § 648a Abs. 4 BGB-RegE, dass nach der Kündigung eine gemeinsame Leistungsfeststellung zu erfolgen hat. Die Leistungsfeststellung ist keine Abnahme, sondern dient ausschließlich dazu, den tatsächlich erbrachten Leistungsstand festzuhalten, um Streitigkeiten über die Höhe des Werklohnes zu vermeiden. Denn wenn eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund vorliegt, hat der Unternehmer gemäß § 648a Abs. 5 BGB-RegE nur Anspruch auf den Teil des Werklohnes, der den tatsächlich erbrachten, mangelfreien Leistungen entspricht.
Der Bauherr soll den gekündigten Unternehmer zur Leistungsfeststellung auffordern, um die Grundlage für dessen Werklohanspruch festzulegen. Die Aufforderung an den Unternehmer muss nachweisbar zugehen. Gekündigte Bauunternehmer sind verärgert und ziehen es vor, „abzutauchen“.
Der Gesetzgeber hat auch geregelt, wie es weitergeht, wenn eine Vertragspartei ihre Mitwirkung an der Leistungsfeststellung verweigert oder dem Termin unentschuldigt fernbleibt. Dann kann die andere Vertragspartei den Leistungsstand bestimmen. Die Beweislast dafür, dass diese Leistungsbestimmung unrichtig ist, trifft dann die Vertragspartei, welche die Mitwirkung verweigert hat (§ 648a Abs. 4 Satz 2 BGB-RegE).
4. Abnahme des Werkes. Der BGH hat schon vor längerer Zeit festgestellt, dass beim gekündigten Werkvertrag die Abnahmepflicht fortbesteht. Auch die Gewährleistungsrechte des Bauherrn bestehen fort.
Wichtig: Der gekündigte Bauvertrag erfordert – trotz Leistungsfeststellung – eine Abnahme.