Stefan May
Die öAG haben die Beschaffungsvorgänge unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte im Land Mecklenburg-Vorpommern vorrangig auf der Grundlage der spezifischen Regelungen des Haushaltsrechts (LHO und GemHVO-Doppik) und nach dem zusätzlich geltenden Vergabegesetz M-V (VgG M-V) zu gestalten. Im Juli 2011 trat das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern (VgG M-V) - nunmehr seit 21.12.2015 entfristet - in Kraft.1VgG M-V, GVOBl. M-V 2011, S. 411 v. 7.7.2011, letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert durch Gesetz v. 21.12.2015, GVOBl. M-V, S. 587. Die Regelungen des VgG M-V konkretisieren die Anwendung von Vorschriften zur Durchführung von Beschaffungen unterhalb des Schwellenwertes. Sie gehen insbesondere und insoweit allen nachrangigen Vorschriften, die zusätzlich zur Anwendung im Land M-V (z.B. Verwaltungsvorschriften, Erlasse, Richtlinien, Rundschreiben, Hinweise verbindlich eingeführt worden sind, zwingend vor. Im Juni 2012 wurde das VgG°M-V u.a. um eine vergaberechtlich spezifische Mindestentgeltregelung (sog. Mindestlohn) ergänzt. Insoweit werden nach dem VgG M-V den öAG mit Ausnahme der Kommunen die besonderen vergabegesetzlichen Regelungen zur Einhaltung eines Mindestentgeltes und auch der ILO-Kernarbeitsnormen für Beschaffungen oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte ausdrücklich zur Anwendung vorgeschrieben.
Schema
Das VgG M-V erfasst alle Leistungen, also Liefer-(Waren-), (gewerbliche und freiberufliche) Dienstleistungen sowie Bauleistungen. Soweit Dienstleistungen zu beschaffen sind, macht das VgG M-V keinen Unterschied zwischen Dienstleistungen mit Blick auf die Erbringung solcher Dienstleistungen durch freiberuflich Tätige (FbT). Die Beschaffung von Dienstleistungen freiberuflich Tätiger wird zusätzlich durch eine Verwaltungsvorschrift zur Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des VgG M-V, nachfolgend VV „FbT“ genannt, ergänzt.2VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern" ). Diese Regelungen stellen eine Besonderheit zur Vergabe von Dienstleistungen freiberuflich Tätiger unterhalb der EU-Schwellenwerte dar. Die vor der Geltung des VgG°M-V im Land M-V geltende sog. haushaltsrechtliche Lösung für die Beschaffung von Dienstleistungen freiberuflich Tätiger unterhalb des Schwellenwertes wurde aufgegeben. Seinerzeit realisierten viele öAG des Landes M-V - wohl weniger die Beschaffungsstellen der Kommunen und/oder sonstiger Beschaffungsstellen - die Beschaffung von Dienstleistungen freiberuflich Tätiger unter sinngemäßer Anwendung der für Beschaffungen im Anwendungsbereich des Landes geltenden Richtlinie RLBau, Abschnitt K 12, Ziffer 5.3Vgl. auch RBBau, Abschnitt°K°12,°Ziffer°5. Mit der zwingenden Anwendung von Vergabegesetzdurchführungslandesverordnungen soll insbesondere das übergeordnete Ziel zur Einhaltung von besonderen vergabegesetzlichen Regelungen, u.a. zur Einhaltung eines Mindestlohnes und der ILO-Kernarbeitsnormen erreicht werden. Die öAG haben zur Förderung von mittelständischen Interessen auf das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge neben den Bestimmungen des VgG°M-V den
Abschnitt°1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil°A (VOB/A) und
Abschnitt°1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil°A (VOL/A)
zwingend anzuwenden. In diesem Zusammenhang haben die öAG bei Beschaffungen von Liefer-(Waren-), Dienst- und Bauleistungen weitere Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Richtlinien zu berücksichtigen, die u.a. die Vergabe öffentlicher Aufträge mit geringen Auftragswerten weiter ausgestalten. So übernimmt z.B. die Auftragsberatungsstelle Mecklenburg-Vorpommern e. V. (ABST M-V) eine wesentliche, begleitende und unterstützende Funktion bei der Realisierung von Beschaffungsvorgängen der öAG und der Unternehmen im Land Mecklenburg-Vorpommern. Die ABST M-V ist im Anwendungsbereich des VgG M-V und der weiteren nachrangigen vergabespezifischen Regelungen über den im Land Mecklenburg-Vorpommern verbindlich zur Anwendung eingeführten Zubenennungserlass bei vielen Beschaffungsvorgängen ab einem Auftragswert von 10.000 € ohne Umsatzsteuer von den öAG zur Bestimmung des Wettbewerbsteilnehmerkreises zwingend einzubeziehen. Bei der ABST M-V mit Sitz in Schwerin ist in einem Kooperationsverbund PQ-Nord eine gemeinsame Servicestelle (PQ-Nord-Servicestelle) eingerichtet. Darüber hinaus bündelt die ABST M-V - vergaberechtlich bedeutsame - Erklärungen und Nachweise von Unternehmen in einem speziellen Unternehmer-Lieferanten-Verzeichnis (ULV-MV). Ein regionales Register präqualifizierter Unternehmen, deren Eignung als Teilnehmer am Wettbewerb“ gemäß §§°6,°6°EG°VOL/A;°§§°6,°6°EG° VOB/A;°§§°4,°5°VOF°a.F. vorab geprüft wurde.4Die Präqualifizierung für den Liefer- und Dienstleistungsbereich (PQ-VOL) bringt sowohl für die Unternehmen als auch für die öAG erhebliche Kosten- und Zeitersparnisse. Die einzelnen Nachweise müssen nicht mehr in jedem Vergabeverfahren erneut beigebracht und infolgedessen kein Angebot wegen fehlender oder nicht aktueller Nachweise ausgeschlossen werden. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Auftragsberatungsstellen in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sich in einem Kooperationsverbund PQ-Nord VOL zusammengeschlossen und bieten ihren Mitgliedsunternehmen eine Prüfung und Zertifizierung von betriebsspezifischen Eignungsnachweisen in Form einer Präqualifizierung an. Zur Erleichterung des Umgangs mit dem Wirtschaftlichkeitsmaßstab in der Praxis soll der Zuschlag gemäß §°7°VgG°M-V, der den Maßstab der Wirtschaftlichkeit präzisiert, insbesondere bei einer Mehrheit von Zuschlagskriterien auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen.
LHO - Landeshaushaltsverordnung v. 10.4.2000; mit VV Stand: November 2012
GemHVO- Gemeindehaushaltsverordnung-Doppik v. 25.2.2010; geändert 13.12.2011
VgG M-V - Zweites Gesetz zur Änderung des Vergabegesetzes Mecklenburg-Vorpommern v. 21.12.2015
VgG M-V - Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern konsolidierte Fassung v. 30.6.2012
VgG M-V - 1. Gesetz zur Änderung des VgG M-V, 25.6.2012
VgG M-V - Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern v. 7.7.2011
VgGDLVO M-V - Vergabegesetzdurchführungslandesverordnung - v. 22.5.2012
VgGDLVO M-V - Erste Landesverordnung zur Änderung der Vergabegesetzdurchführungslandesverordnung, v. 5.9.2013
VgG M-V - Hinweise zur Umsetzung der §§ 9, 10 des VgG M-V v. 7.3.2016
VgG M-V - Hinweise zur Anwendung Mindestlohn v. 22.1.2015
VgG M-V - Rundschreiben WM für Leistungen v. 15.10.2014 - Handreichung zum Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot
Verwaltungsvorschrift - Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Vergabe- und Vertragsordnung v. 23.3.2016
Verwaltungsvorschrift Wertgrenzenerlass - VV zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit geringen Auftragswerten v. 19.12.2014
Verwaltungsvorschrift - Erste Verwaltungsvorschrift zur Änderung des Wertgrenzenerlasses v. 9.9.2015
Verwaltungsvorschrift - Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des VgG M-V v. 26.6.2015
Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums v. 8.12.2005 - IV 410 B 1003-9/01-, AmtsBl. M-V 2006, S. 57, geändert durch Verwaltungsvorschrift v. 21.9.2012, AmtsBl. M-V 2012, S. 730; S. 770, S. 788 ) zu den Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V),
Erlass über die Zubenennung von Unternehmen v. 20.1.2012
IFG - Rundschreiben des WM v. 27.6.2014
Hinweise der ABST M-V zur Anwendung der neuen VV Wertgrenzenerlass v. 20.1.2015
Anwendung der VOB - Ausgabe 2012 und der VOL Ausgabe 2009 v. 24.10.2012
RL VHB Bund - Einführung Vergabe- und Vertragshandbuch 2008 für die Vergabe von Bauleistungen v. 15.12.2008
Bekanntmachung der aktualisierten CPV-Nomenklatur v. 30.10.2008
RL für die stärkere Beteiligung mittelständischer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufzüge v. 30.6.2003
RL Behinderte- und Blindenwerkstätten - RL Land M-V v. 3.8.2001
Tarifregister für den räumlichen Geltungsbereich in M-V
Leitfaden zur Anwendung und Kontrolle der Einhaltung des geltenden Vergaberechts im Rahmen der Förderung aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ( EFRE) in Mecklenburg-Vorpommern, Stand Dezember 2014 - Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern
Praktischer Leitfaden zur Vermeidung der häufigsten Fehler bei Projekten, die aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden - European Commission, Directorate-General for Regional and Urban policy Competence centre Administrative Capacity Building; Solidarity Fund, Brussels
Vergabekammern in M-V, Anträge auf Nachprüfung v. 12.3.2014
Vergabekammern in M-V, Geschäftsordnung v. 12.3.2014
www.service.m-v.de/
Das VgG M-V ist ein gesetzliches Instrument und eine haushaltsrechtliche Spezialregelung im Bereich des Öffentlichen Auftragswesens zur Regelung der Durchführung von Beschaffungen unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte im Land Mecklenburg-Vorpommern. Das VgG M-V ist als sog. Spezialmaterie „eingepasst“, die u a. §°55°LHO im Wesentlichen unberührt lässt, und zwar außerhalb der LHO und der GemHVO-Doppik, da insoweit §°55°Abs.°3°LHO und °21°Satz°3°GemHVO-Doppik nur eine Verweisung auf das VgG M-V enthalten.
(1) Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
(2) Beim Abschluss von Verträgen ist nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren.
(3) Für das öffentliche Auftragswesen gilt im Übrigen das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern in seiner jeweiligen Fassung.
VV zu §°55 - Die VV zu §°55 sind bis zum 31. Dezember 2016 nicht anzuwenden.5Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern (LHO) - in der Fassung der Bekanntmachung v. 10.4.2000, GVOBl.M-V, S. 159, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes v. 22.6.2012, GVOBl.M-V, S. 210 und Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) v. 22.9.2005, AmtsBl.M-V, S. 1121, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums v. 1.11.2012, AmtsBl.M-V, S.778.
Der Vergabe von Aufträgen muss eine Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäftes oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Die allgemeinen Vergaberichtlinien der VOB/VOL sowie die dazu ergangenen Landesrichtlinien sind anzuwenden. Für das öffentliche Auftragswesen gilt im Übrigen das Vergabegesetz Mecklenburg‐Vorpommern in seiner jeweiligen Fassung.6Gemeindehaushaltsverordnung‐Doppik/ GemHVO‐Doppik v. 25.2.2008, GVOBl. M‐V 2008, S. 34, mehrfach geändert durch Verordnung vom 13.12.2011, GVOBl. M‐V, S. 1118.
Der Vorrang des Gesetzes entscheidet darüber, welche Vorschrift auf welcher Ebene anzuwenden ist. Die Richtschnur, die in §°2°Abs.°2°VgG°M-V normiert ist, bestimmt das Verhältnis der Regelungen zueinander. Auf gleicher Regelungsebene geht die speziellere Vorschrift der allgemeineren Vorschrift vor.
Beispiel: Bei der Anwendung der speziellen Verwaltungsvorschriften des Landes M-V gehen diese den Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (VOB/A,°Abschnitt 1 und VOL/A,°Abschnitt 1) inhaltlich vor. Das höherrangigere Recht, insbesondere das Recht der Europäischen Union sowie der Vierte Teil GWB und die darauf beruhenden weiteren vergaberechtlichen Bestimmungen bleiben aber unberührt.
Das VgG M-V soll die Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe in Mecklenburg-Vorpommern und die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe verbessern. Es dient einem gerechten Interessenausgleich zwischen öAG und Auftragnehmern einerseits und zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern andererseits.
Das VgG M-V bestimmt sowohl den persönlichen als auch den sachlichen Bereich der Anwendung.
In §°1°Abs.°2°VgG°M-V ist der persönliche Bereich zur Anwendung des VgG M-V normiert. Danach gelten die Bestimmungen für die folgenden Adressaten des VgG M-V: das Land, die Kommunen sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen. Mit dem VgG M-V gelten ein haushaltsrechtlicher und gleichzeitig ein erweiterter Begriff des öAG. Es werden also auch Eigenbetriebe der öffentlichen Hand und Sondervermögen7z.B. Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern als teilrechtsfähiges Sondervermögen des Landes M-V gemäß des Gesetzes zur Modernisierung der Liegenschaftsverwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie des Staatlichen Hochbaus v. 17.12.2001; novelliert mit Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung des Sondervermögens „Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern“, GVOBl. M-V 16.12.2013. unter Berücksichtigung der Grenzen staatlicher Beherrschung, wobei der Grad der organisatorischen und haushaltstechnischen Autonomie maßgeblich ist, erfasst. Auch die Industrie- und Handelskammern im Land M-V sind in den persönlichen Bereich der Anwendung des VgG M-V einbezogen.8im weitesten Sinne zu bejahen, ursprünglich jedoch keine Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber wegen §°4°Abs.°1°IHKG. Die Sparkassen sind jedoch keine Adressaten nach §1°Abs.°1°Sparkassengesetzes des Landes M-V.9Sparkassengesetz des Landes M-V v. 26.7.1994 (GVOBl. M-V, S. 761), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12.7.2010 (GVOBl. M-V, S. 366, 381) geändert. worden ist. Gleichermaßen sind die Landesgesellschaften des Landes sowie Kommunale Unternehmen und Einrichtungen keine Adressaten des VgG M-V.10vgl. §°75°Abs.°1°Satz°3°KV°M-V –Kommunalverfassung.
Die Zuwendungsempfänger haben die Bestimmungen des VgG M-V und darüber hinaus die weiteren vergaberechtlichen Bestimmungen des Landes M-V im Rahmen von Beschaffungsvorgängen bei einer überwiegend vorliegenden Fremdfinanzierung zu beachten. Die Zuwendungsempfänger werden insoweit über die Nebenbestimmungen der Zuwendungsbescheide (Verwaltungsakt) verpflichtet und damit zu Adressaten im persönlichen Bereich der Anwendung des VgG M-V gemacht.11§°44,°5.°Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid, 5.1 Allgemeine Nebenbestimmungen im Sinne des §°36VwVfG°M-V oder des §°32°SGB°X für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I), zur Projektförderung (ANBest-P) und zur Projektförderung von Baumaßnahmen (NBestBau) sind in den Anlagen 1, 2 und 4a enthalten. Sie sind grundsätzlich unverändert zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids zu machen. „Reine“ Zuwendungsempfänger, also u.a. diejenigen, die nicht ausdrücklich über den Zuwendungsbescheid mit den Nebenbestimmungen verpflichtet werden, sind grundsätzlich keine Adressaten des VgG M-V.
Der sachliche Bereich zur Anwendung der Bestimmungen des VgG M-V erfasst alle Leistungen, also Liefer-(Waren-), Dienst- und Bauleistungen. Insbesondere unterscheidet das VgG M-V bei der Beschaffung von Dienstleistungen nicht zwischen Dienstleistungen, die nicht von freiberuflich Tätigen erbracht werden, und solchen Dienstleistungen, die von freiberuflich Tätigen erbracht werden. Eine Abgrenzung zum Vorliegen einer Dienstleistung erfolgt insbesondere nicht anhand der Tatbestandsmerkmale, ob eine Dienstleitung vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar und nach den Regeln der nachrangig zum VgG M-V geltenden VOL/A,°Abschnitt°1 zu vergeben ist oder eben gerade eine Leistung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist und unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben nach der nachrangig zum VgG M-V geltenden Verwaltungsvorschrift zur Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des VgG M-V zu beschaffen ist.12VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern".
Wegen einer Erhöhung der Bürokratie- und Prozesskosten, vor allem bei Vergabeverfahren mit geringen Auftragsvolumina unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte enthält das VgG M-V eine sog. Wertgrenze, die den unmittelbaren sachlichen Bereich zur Anwendung des VgG M-V und der damit korrespondierenden vergaberechtlichen Regelungen bestimmt. Daher bestimmt §°1°Abs.°3°VgG°M-V, dass dieses Gesetz nur
für Bauleistungen ab einem Wert von mehr als 50.000 € und
für Liefer- und Dienstleistungen ab einem Wert von mehr als 10.000 €
gilt. Der Wert ist als sog. „Netto-Wert“, also ohne Umsatzsteuer zu bestimmen. Dieses Gesetz gilt nicht für die sog. Direktkäufe, die auch in der VOL/A,°Abschnitt°1 geregelt sind, mit einer sog. Bagatellgrenze von 500 € ohne Umsatzsteuer.13Bislang §°3°Abs.°6°VOL/A, Abschnit°1.
Die Regelungen des VgG M-V zu den §§ 9,°10,°11VgG°M-V gelten auch für Beschaffungen von Liefer-(Waren-), Dienst- und Bauleistungen, die nach den Bestimmungen mit Geltung oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte zu vergeben sind. Dies betrifft die besonderen Regelungen zur Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen, Kontrollen und Sanktionen und den Standards aus den ILO-Kernarbeitsnormen der WTO.14International Labour Organization der World Trade Organization.
Mit der VgGDLVO°M-V wurden die Grenzen zur Anwendung der §§°8°VgG°M-V und §°12°VgG°M-V festgesetzt. Für die in §°8°VgG°M-V geregelten Sicherheitsleistungen haben die öAG folgende Auftragssummen
bei Bauleistungen 250.000 € ohne Umsatzsteuer
bei allen sonstigen Leistungen 50.000 € ohne Umsatzsteuer
zu berücksichtigen.
Die Abrechnungssumme beträgt
bei Bauleistungen 250.000 € ohne Umsatzsteuer
bei allen sonstigen Leistungen 50.000 € ohne Umsatzsteuer.
Die öAG haben gemäß §°12°VgG°M-V eine Informationspflicht zur Erteilung des Zuschlages und zur Nichtberücksichtigung von Angeboten im Wettbewerb zu erfüllen. Dafür beträgt der Mindestbetrag
bei Bauleistungen 1.000.000 € ohne Umsatzsteuer und
bei allen sonstigen Leistungen 100.000 € ohne Umsatzsteuer.
Der Verwaltungsvorschrift (VV) liegt die Entscheidung des EuGH17EuGH mit Urteil in der Rechtssache C-549/13 v. 18.9.2014. zugrunde, dass die Anwendung der Mindestlohnregelung im Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen (TVgG NRW) v. 10.1.201218GV. NRW, S. 17. in bestimmten Fällen mit der Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht vereinbar ist. Infolge der Auswirkungen der Entscheidung für die Anwendung des VgG M-V haben die öAG für laufende und künftige Vergabeverfahren eine Zahlung des vergaberechtlichen Mindestlohns nicht zu verlangen, soweit Bieter oder vorgesehene Nachunternehmer mit Sitz im EU-Ausland beabsichtigen, die verfahrensgegenständliche Dienstleistung ganz oder teilweise im EU-Ausland zu erbringen. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob die Auftragswerte der Leistungen nach §°3°VgV oberhalb oder unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen.“ Der vergabespezifische Mindestlohn gilt für die Leistungserbringung in Deutschland uneingeschränkt fort.19Vgl. §°9°Absatz°7°Satz°1°VgG°M-V.
Auftragsvergaben wirken sich im Land M-V auf die Wertschöpfung und - je nach Sitz des ausführenden Unternehmens - auch auf die Steuereinnahmen aus. Wirtschaftskreisläufe können somit direkt durch ein entsprechendes Vergabeverhalten der öAG zulässig stimuliert werden.21Unterschiede in der Anwendung zu Beschaffungsmaßnahmen des Bundes sind zu beachten.
Die VV „Wertgrenzenerlass", nachfolgend Wertgrenzenerlass genannt, gestaltet daher den Bereich der Anwendung der Regelungen des höherrangigen VgG M-V aus. Und zwar im Wesentlichen mit Blick auf die Durchführung von Vergaben mit geringen Auftragswerten. Dies betrifft die Vergabearten der beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben im Bereich der VOB/A,°Abschnitt 1 und VOL/A,°Abschnitt 1. Der Wertgrenzenerlass ist vordergründig als Instrument bzw. Werkzeug zur Erleichterung der Wahl und Bestimmung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowohl für die öAG als auch für Wettbewerbsteilnehmer im geregelten Anwendungsbereich zu sehen. Der aktuelle Wertgrenzenerlass22Neue Regelung mit Sicherheit nach dem 31.12.2016 beabsichtigt. vereinfacht die Begründung der Zulässigkeit von beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben an Hand von kontingentgebundenen Auftragswertgrenzen (Teilauftragswerte/ Lose). Der Wertgrenzenerlass ist mit seinen Bestimmungen stets in Gänze anzuwenden. Eine isolierte Anwendung einzelner Regelungen ist nicht zulässig.23„Das Herauspicken von Rosinen ist nicht zulässig.“ Der persönliche Bereich zur Anwendung des Wertgrenzenerlasses oder der Kreis der verpflichteten Adressaten des VgG M-V ist §°1°VgG°M-V zu entnehmen. Der sachliche Bereich der Anwendung des Wertgrenzenerlasses ist nach dem zugrunde zu legenden Gesamtauftragswert einer Beschaffungsmaßnahme zu bestimmen. Die Umsatzsteuer bleibt dabei außer Betracht.24„Gilt §°3°Abs.°1°bis°6,°Absatz°7°Satz°1°bis°3°und°Absatz°9°VgV entsprechend“, und zwar in der Fassung v. 11.2.2003, BGBl., S. 169 i.V.m. v. 15.10.2013, BGBl., S. 3854.
Die Anwendung des Wertgrenzenerlasses ist bei einem Gesamtauftragswert einer Beschaffungsmaßnahme, der das sog. Kontingent von maximal 1.000.000 € ohne Umsatzsteuer überschreitet, grundsätzlich nicht zulässig und damit auch nicht möglich. Erst die Regelung zur Bildung von Teilauftragswerten/ Losen macht bei einer Überschreitung des Gesamtauftragswertes die Anwendung des Wertgrenzenerlasses möglich.
Weitestgehend ist der Wertgrenzenerlass also als sog. Kontingentregelung mit Wertgrenzen zur erleichterten Bestimmung und Wahl von beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben zu verstehen. Innerhalb dieses Kontingents, das zuvor von den öAG zu bestimmen und in der Vergabeakte zu vermerken ist, können die Beschaffungen bis zu einer festgelegten Höhe ohne Umsatzsteuer mit
beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben nach VOL/A,°Abschnitt°1 oder VOB/A,°Abschnitt°1
ohne Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes (sachlicher Grund)
nach Wertgrenzen gemäß Ziffer°1.1 und Ziffer°1.2 Wertgrenzenerlass
in Abweichung vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung
zulässig gewählt werden.
Folgende Wertgrenzen gelten für den Bereich VOB/A,°Abschnitt 1
beschränkte Ausschreibungen, wenn der voraussichtliche Auftragswert 1.000.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet und
freihändige Vergaben nach VOB/A,°Abschnitt 1, wenn der voraussichtliche Auftragswert 200.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet.
Folgende Wertgrenzen gelten für den Bereich VOL/A,°Abschnitt 1
beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben, wenn der voraussichtliche Auftragswert 100.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet.
Im Zusammenhang mit Leistungen zum Zwecke der Unterbringung, Sicherung, Versorgung oder Betreuung von Flüchtlingen können die öAG in Ergänzung des Wertgrenzenerlasses befristet bis zum 31.7.201625Eine Verlängerung der VV über den 31.7.2016 hinaus ist zu erwarten. folgende Wertgrenzen für die Bestimmung Vergabearten nach VOL/A, Abschnitt 1 oder VOB/A,°Abschnitt 1 zulässig wählen.26VV - Erste Verwaltungsvorschrift zur Änderung des Wertgrenzenerlasses v. 9.9.2015 ). Folgende Wertgrenzen gelten für den Bereich VOB/A,°Abschnitt°1
beschränkte Ausschreibungen sind zulässig, wenn der voraussichtliche Auftragswert 4.500.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet und
freihändige Vergaben sind zulässig, wenn der voraussichtliche Auftragswert 4.500.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet.
Folgende Wertgrenzen gelten für den Bereich VOL/A,°Abschnitt 1
beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben sind zulässig, wenn der voraussichtliche Auftragswert 200.000 € ohne Umsatzsteuer nicht überschreitet.
Nach dem gesetzgeberischen Willen ist im Verhältnis zur VOB/A,°Abschnitt 1 und VOL/A,°Abschnitt 1 gemäß Ziffer°7 eine Anwendung der Wertgrenzen-Regelungen in §°3°Absatz°3°Nr.°1,°Absatz°5°Satz°2 VOB/A,°Abschnitt 1 ausgeschlossen, soweit beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben nach dem Wertgrenzenerlass zulässig sind. Für den Bereich der VOL/A,°Abschnitt 1 ist dies nicht bedeutsam, da insoweit keine Wertgrenzen-Regelungen bestehen. Unabhängig davon bleibt im Anwendungsbereich des Wertgrenzenerlasses die Bestimmung oder Wahl einer Beschränkten Ausschreibung oder Freihändigen Vergabe anhand des Vorliegens eines sachlichen Grundes immer möglich und zulässig. „Ebenfalls unberührt bleibt“ die Möglichkeit zur Anwendung eines Direktkaufs bis zu einem Wert von 500 € ohne Umsatzsteuer im Sinne des §°3°Absatz°6°VOL/A. Die Bestimmungen des Wertgrenzenerlasses können bei EU-weiten Vergabeverfahren im sog. „20%-Kontingent“ vollständig angewendet werden. Soweit Zuwendungsempfänger die VOB/A oder die VOL/A zu beachten haben, ist diesen in Zuwendungsbescheiden die Anwendung des Wertgrenzenerlasses zu gestatten.
Die Verwaltungsvorschrift, nachfolgend „VV „FbT“ genannt, gilt in Ergänzung der Regelungen des VgG M-V mit den klarstellenden Hinweisen zur Anwendung der Vergabe von freiberuflichen Dienstleistungen im „haushalterischen“ Unterschwellenbereich des Vergaberechts.27VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern". Es handelt sich um eine Verwaltungsvorschrift zur Ausgestaltung der spezifischen Regelungen des VgG M-V, in dem die Beschaffung von freiberuflichen Leistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes vorgeschrieben ist. Die VV „FbT" stellt klarstellend fest, dass - nach dem VgG M-V - eine unmittelbare Verpflichtung zur Anwendung der VOL/A, Abschnitt 1 nicht besteht, sofern keine vorrangige Vorschrift dies bestimmt. Nach derzeitigem Stand ist eine insoweit vorrangige Vorschrift nicht gegeben. Eine „Orientierung" (Anlehnung) an den Regelungsinhalt der VOL/A,°Abschnitt 1 ist also möglich und ausreichend.28Vgl. Ziffer°3.3° Satz°1 mit Hinweis: „Die im Land eingeführte RLBau stellt insoweit keine vorrangige Vorschrift vor dem VgG M-V dar“. Darüber hinaus ist den öAG eine freihändige Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen, ob nun vorab eindeutig erschöpfend beschreibbar oder gerade nicht vorab eindeutig erschöpfend beschreibbar, grundsätzlich möglich, aber stets konkret zu begründen. Dabei sind die Grundsätze einer Streuung der Aufträge und die Vermeidung einer Zersplitterung von Aufträgen in kleinteilige Teilaufträge besonders zu berücksichtigen. Die Einholung von Vergleichsangeboten und gegebenenfalls der (mögliche) Verzicht auf eine derartige Einholung sind für die sog. Preisgebundenen Leistungen ausdrücklich geregelt. Die öAG haben die Beteiligung von „jungen Büros“ („Newcomern“) im Rahmen der Beschaffung zu ermöglichen, indem u.a. keine überhöhten Anforderungen an die Eignung der Bewerber/ Bieter gestellt werden sollen. Darüber hinaus ist mit der VV°“FbT“das Verhältnis zur Anwendung der Regelungen des VgG M-V klarstellend und ergänzend geregelt.29Vgl. §°4,°5°und°6°VgG°M-V.
Der Zubenennungserlass ist von den öAG als Instrument zur Förderung mittelständischer Interessen im Anwendungsbereich des VgG M-V und der nachgeordneten Regelungen, z.B. VV Wertgrenzenerlass und VV „FbT“ grundsätzlich im Rahmen von Beschaffungen im Bereich der VOB/A,°Abschnitt 1 und VOL/A,°Abschnitt 1 anzuwenden.31Inkrafttreten mit 21.1.2012 und Außerkrafttreten am 31.12.2016 Der Anwendungsbereich des Zubenennungserlasses erstreckt sich auf das Land, Kommunen, sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (unter Aufsicht des Landes), nicht jedoch auf Sparkassen und entspricht damit dem Geltungsbereich des VgG M-V. Grundsätzlich verlangt der Rahmen zur Anwendung des Zubenennungserlasses die Pflicht zur Einschaltung der Auftragsberatungsstelle Mecklenburg-Vorpommern e. V. (ABST M-V) ab einem Auftragswert von 10.000 € ohne Umsatzsteuer, und zwar insbesondere diese zur Benennung von geeigneten Unternehmern zur Abgabe eines Angebotes innerhalb der vom öAG vorgesehenen Frist aufzufordern.
Mit der Verwaltungsvorschrift wird den Vergabestellen die Umsetzung der Maßgaben der §§°9°bis°11°VgG°M-V mit einschlägigen Texten empfohlen. Dies betrifft insbesondere die Eigenerklärungen von Bewerbern/ Bietern nach §°9°VgG°M-V, insbesondere zu einem Auftrag im SPNV ÖPNV mit Pflicht zur Entlohnung nach einschlägigem und repräsentativem Tarifvertrag in M-V, die Eigenerklärung zum Mindestlohn mit Verpflichtung zur Zahlung eines Stundenentgelts in Höhe von mindestens 8,50 € brutto der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (ohne Auszubildende) und die Vereinbarungen nach §°10°VgG°M-V zur Kontrolle und Sanktionen von Verstößen gegen die Mindestarbeitsbedingungen und die Vereinbarungen einer Vertragsstrafe für den einfachen oder wiederholten Verstoß gegen die Mindestarbeitsbedingungen sowie die Vereinbarung zur Berechtigung einer fristlosten Kündigung durch den öAG bei Verstößen gegen die genannten Obliegenheiten von Auftragnehmern.
Mit dem Rundschreiben konkretisiert das WM M-V den praxisrelevanten Umgang der öAG mit dem Maßstab der Wirtschaftlichkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, insbesondere zur Anwendung des §°7°VgG°M-V zum Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot.33Rundschreiben WM v. 15.10.2014, AZ: V-611-00020-2013/076-011, „Handreichung zur Anwendung von §°7°VgG°M-V - Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot“. Die Handreichung ist im Wesentlichen wortgleich mit der Begründung zu §°7°VgG°M-V in der Landtags-Drucksache 5/419034Dort Seite 14 f. und spiegelt damit auch den Willen des Gesetzgebers wieder. Zur Erleichterung des Umgangs mit dem Wirtschaftlichkeitsmaßstab in der Praxis soll der Zuschlag gemäß §°7°VgG°M-V, der den Maßstab der Wirtschaftlichkeit präzisiert, insbesondere bei einer Mehrheit von Zuschlagskriterien auf das auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen.
Mit dem Rundschreiben erteilt das WM M-V den öAG Hinweise zur Beachtung. Danach sind von den öAG Sicherheiten in Vergabeverfahren nur sparsam und wohl begründet zu verlangen.35Drs. 5/4190 in Begründung zum VgG M-V, S. 15 ff. Damit soll eine unnötige, insbesondere wirtschaftliche Belastung der Vertragspartner der öffentlichen Hand durch Sicherheitsleistungen vermieden werden. Insbesondere die Vertragspartner vor zusätzlichen Verbindlichkeiten bewahren, damit eine Entlastung kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen entsteht.36„Belange der mittelständischen Wirtschaft sind besonders in den Blick zu nehmen“.
Die zusätzliche Regelungsebene mit den im VgG M-V vorgesehenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften enthält einige Regelungen, die gemäß §°2°Abs.°1°VgG°M-V anzuwenden sind und die inhaltlich nicht vollständig deckungsgleich mit denen der Vergabe- und Vertragsordnungen (VOB/A,°Abschnitt°1 und VOL/A,°Abschnitt°1) sind.37Vgl. u.a. §°16°Abs.°6°VOL/A. Dies sind insbesondere die Regelungen zu
§°5°VgG°M-V - Eignung („FLZG“)
§°6°VgG°M-V - Angemessenheit des Preises
§°7°VgG°M-V - Wirtschaftlichkeit
§°9°VgG°M-V - Mindestarbeitsbedingungen
§°10°VgG°M-V - Kontrolle und Sanktionen
§°11°VgG°M-V - ILO-Kernarbeitsnormen
§°12°VgG°M-V - Informationspflicht38Ähnlich wie nach §°134°GWB°.
§°13°VgG°M-V - Ermittlung des Auftragswerts.
Die öAG haben die Angemessenheit der Angebots(end)preise einschließlich aller Einzelpreise nach dem Willen des Gesetzgebers „sorgfältig“ zu prüfen und bei bestehenden Zweifeln diese Zweifel auszuräumen.39Vgl. auch Richtlinie für die verstärkte Beteiligung mittelständischer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge - Erlass des Wirtschaftsministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium v. 30.6.2003 - V 330-611-20-03.06.20/007 -, AmtsBl. M-V 2003, S. 790. Die sog. Aufgreifschwelle für Zweifel an der Angemessenheit des Preises (Zweifelsregelung) wurde im Jahr 2016 erhöht. Maßgeblich ist nunmehr eine Abweichung von mindestens 20 % von den Preisen anderer Bieter im Wettbewerb und der aktuellen, sachgerechten Preisermittlung des öAG.40Ursprünglich 10 %, vgl. §°6°Absatz°2,°Satz°2°VgG°M-V ). Das entspricht im Wesentlichen der ständigen Spruchpraxis der Vergabekammern und der Rechtsprechung im Bereich der europaweiten Vergaben. Zweifel an der Angemessenheit sind damit grundsätzlich41Vgl. dazu OLG Düsseldorf v. 30.4.2014, OLG München v. 21.05.2010, OLG Frankfurt v. 6.3.2013. bei einer Abweichung von 20 % oder mehr der Angebote der engeren Wahl im Verhältnis untereinander - im konkreten Wettbewerb - und zusätzlich zur Kostenschätzung/ Preisermittlung gegeben.42Die Vorgaben der VHB Bund mit einer Aufgreifschwelle von 10 % sind nachrangig nicht anzuwenden. Bestehende Zweifel an der Angemessenheit müssen unter Beteiligung des jeweiligen Bieters nachvollziehbar - dokumentiert - vor Erteilung eines Auftrags ausgeräumt werden.
Gemäß §°7°VgG°M-V haben die öAG den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Das wirtschaftlichste Angebot ist dasjenige mit dem günstigsten Verhältnis von angebotener Leistung und den zu erwartenden Kosten für den öAG. Die öAG haben dabei das Verständnis des Gesetzgebers zum Begriff der Wirtschaftlichkeit eines Angebotes hinsichtlich der Kosten, welche sich aus dem Angebotspreis und weiteren Kosten für die Leistung zusammensetzen, nach den Verhältnissen des Einzelfalles im Zusammenhang mit der zu erbringenden Leistung zu berücksichtigen.43Vgl. dazu Rundschreiben WM v. 15.10.2014, AZ: V-611-00020-2013/076-011, „Handreichung zur Anwendung von §°7°VgG M-V - Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot“. Weiterhin ist jede angebotene Leistung ungeachtet der Angebotssumme und des Beschaffungsgegenstandes mit gewichteten Zuschlagskriterien zu bewerten. Das Hauptkriterium bleibt neben mindestens einem weiteren zu benennenden Zuschlagskriterium der Preis. Nur in Ausnahmefällen, bei Vorliegen keines Unterschiedes der zu erwartenden Kosten eines Angebotes darf der Preis das alleinige Zuschlagskriterium sein.
In §°9°VgG°M-V haben die Unternehmen im Rahmen der Erbringung von Leistungen bei einer Beschaffung bestimmte Mindestarbeitsbedingungen zu erfüllen. Danach dürfen die öAG bei einer Auftragsvergabe im Bereich SPNV und sonstiger ÖPNV im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 379/2007 v. 23.10.2007 nur an Unternehmen in Abhängigkeit einer bestimmten Eigenerklärung zur Einhaltung von im Bundesgebiet geregelten Entgeltzahlungen für ihre Branche nach tarifrechtlichen Bestimmungen vergeben. Die Maßgaben gelten für Arbeitsverhältnisse, die § 24 MindestlohnG v. 11.8.2014 bis zum 31.12.2016 unterfallen, und zwar „unbeschadet weitergehender Anforderungen“ nach Abs.°1°Satz°1°VgG°M-V und nach Bundesrecht. Dabei ist von den Unternehmen die Maßgabe einzuhalten, bei einer Vergabe von (öffentlichen) Aufträgen den Beschäftigten ein Stundenentgelt in Höhe von mindestens 8,50 € brutto zu zahlen.44Vgl. Abs.°4 Nr.°1°VgG°M-V. Die Kommunen haben die Wahl, nach §°9°Abs.°4°Nr.°1°VgG°M-V zu verfahren. Die Regelung soll jedoch nach der gesetzgeberischen Vorgabe in den einschlägigen Förderrichtlinien zum grundsätzlichen Verfahren nach Nummer 1 für vom Land geförderte kommunale Verfahren berücksichtigt werden.
In Zuwendungsbescheiden wird den Zuwendungsempfänger mit den Nebenbestimmungen die Einhaltung der Mindestarbeitsbedingungen bei Beschaffungen verpflichtend auferlegt.45Abs.°4°Nr.°2°Satz°1°und°Satz°2°VgG°M-V.
Nach dem 31.12.2016 gilt §°9°Abs.°4°Nummer°1°und°2°VgG°M-V für alle Arbeitsverhältnisse, soweit der Mindestlohn nach dem MindestlohnG 8,50 € brutto je Zeitstunde unterschreitet.46Vgl. Abs.°5°VgG°M-V.
Die öAG kontrollieren die Einhaltung der Obliegenheiten von Unternehmen, die nach Maßgabe von §°9°Absatz°1°und°4°VgG°M-V zur Beachtung von Mindestarbeitsbedingungen verpflichtet sind. In Ermangelung anderer gesetzgeberischer Vorgaben müssen die öAG die Kontrollen zur Einhaltung der Bestimmungen gemäß § 9 VgG M-V nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen vornehmen. Die Dokumentation der Kontrollen ist von den öAG zweckmäßigerweise aktenkundig zu machen. Die öAG haben eine Besonderheit dieser Regelung zu beachten. Die Vorgaben des §°10°VgG°M-V gelten ohne Einschränkungen auch für europaweite Vergaben. Die öAG sollen in §°10°Abs.°2°Nr.°1°bis°Nr.°4°VgG°M-V näher konkretisierte vertragliche Regelungen mit dem (späteren) Auftragnehmer zur Umsetzung der Kontrollen und Sanktionen sowie der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung und der Durchsetzung einer Vertragsstrafe in den Vergabeunterlagen aufnehmen.47Vgl. §°10°Abs.°3°VgG°M-V. Bei schuldhafter Verletzung der Obliegenheiten droht dem Auftragnehmer eine „Auftragssperre“ wegen mangelnder Eignung für die Dauer von bis zu drei Jahren von der Teilnahme am Wettbewerb um Aufträge.48Vgl. §°10°Abs.°6°VgG°M-V. Die Einzelheiten zum Vollzug der Auftragssperre und der insoweit auch bestehenden Rechte eines Auftragnehmers sind § 10°VgG°m-V geregelt.49Vgl. §°10°Abs.°6°VgG°M-V.
Die öAG haben bei der Vergabe von Leistungen darauf hinzuwirken, dass Gegenstand der Leistung keine Waren sind, die unter Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen oder hergestellt worden sind.50International Labour Organization festgelegte Mindeststandards der Kernarbeitsnormen. Die Mindeststandards sind in den ILO-Kernarbeitsnormen mit den Nummern°29,°87,°98,°100,°105,°111,°138°und°182 enthalten. Die öAG haben eine Besonderheit dieser Regelung zu beachten. Die Vorgaben des §°10°VgG°M-V gelten ohne Einschränkungen auch für Beschaffungen bei europaweiten Vergaben. Den öAG ist ein Spielraum zur selbstständigen Entscheidung eröffnet, „welchen Aufwand sie treiben wollen“. Vielfach verlangen die öAG daher lediglich die Abgabe einer entsprechenden Eigenerklärung eines potentiellen Auftragnehmers.
Die öAG haben die Pflicht, die Bieter,
deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen,
über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und
über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes
und über den Begünstigten des Zuschlages zu informieren. Die öAG geben die Information in Textform spätestens sieben Kalendertage vor dem Vertragsabschluss ab. Die Informationspflicht entfällt, wenn der Auftragswert einen Mindestbetrag nicht überschreitet. Die Festlegung der Höhe des Mindestbetrages erfolgte mit der Vergabegesetzdurchführungslandesverordnung (VgGDLVO M-V) vom 22.5.2012.51VgGDVLO M-V, GVOBl. M-V 2012, S. 149; letzte berücksichtigte Änderung v. 5.9.2013, GVOBl. M-V, S. 547. Der Mindestbetrag beträgt danach
bei Bauleistungen 1.000 000 € ohne Umsatzsteuer und
bei allen sonstigen Leistungen 100.000 € ohne Umsatzsteuer.
Zur Ermittlung des Auftragswerts verweist §°13°VgG°M-V auf die relevanten Bestimmungen des §°3°VgV.52§°3°Abs.°1°bis°6,°Abs.°7°Satz°1°bis°3,°Abs.°8°und°Abs.°9°VgV. Die öAG haben zu beachten, dass unter dem Begriff des Auftragswerts nach dem Verständnis des Gesetzgebers der Gesamtauftragswert einer Beschaffungsmaßnahme zu verstehen ist.
Bei der Beschaffung von Bauleistungen ist mindestens der gesamte Wert aller Fachbauleistungen (Teilauftragswerte) einer Maßnahme, die der öAG beschaffen möchte, zu addieren und als Gesamtauftragswert einer Beschaffungsmaßnahme zugrunde zu legen. Dies bedeutet, dass der (spätere) Wert eines einzelnen Auftrags einer Fachbauleistung nicht mit dem Wert der Gesamtmaßnahme gleichzusetzen ist. Die aktuelle Schätzung des Auftragswertes der öAG muss auf einer sachgerechten Berechnungsmethode beruhen, die ein entsprechendes Ergebnis erwarten lässt. Sämtliche Erwägungen und Feststellungen haben die öAG vor Einleitung eines Vergabeverfahrens zwingend zu dokumentieren.
Die vergaberechtlichen Regelungen gewähren den Wettbewerbsteilnehmern bei Beschaffungen des öAG in Mecklenburg-Vorpommern keinen besonderen Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte. Vor den Zivilgerichten hat sich jedoch ein rechtzeitig erwirkter Einstweiliger Rechtsschutz der Bewerber/ Bieter gegen Verstöße des geltenden Vergaberechts durch die öAG durchgesetzt.