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Werk:
Einführung in die öffentliche Beschaffung
Autor:
Stefan May
Thema:
Vergabe

Vergabe von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen unterhalb der Schwellenwerte

Stefan May

1. Rechtsgrundlagen

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Die rechtlichen Grundlagen für die Beschaffung und die Vergabe von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen durch öAG finden sich im europäischen Recht, im Bundesrecht sowie regelmäßig in den spezifischen Regelungen der Länder und Kommunen/ Gemeinden. Bei der Vergabe von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer den jeweils geltenden, einschlägigen EU-Schwellenwert nicht erreicht, also unterhalb der EU-Schwellenwerte liegt, sind allerdings weder die Bestimmungen des GWB (VergRModG), der VgV (VergRModVO) noch der VSVgV anzuwenden.1Vgl. auch §°1°VOF, §°1°VSVgV, §°1°VOL/A, §°1°EG VOL/A°a.F. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die öAG die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen ohne die Durchführung eines Wettbewerbs beschaffen dürfen. Dies wiederum bedeutet, dass die öAG die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen nicht ohne die Einhaltung von Spielregeln, z.B. durch bloßes „Handauflegen“ nach dem Muster „bekannt und bewährt“ gewinnen bzw. „einkaufen“ dürfen. Das Öffentliche Auftragswesen (Vergaberecht) ist - historisch betrachtet - durch die Grundsätze des Haushaltsrechts geprägt, d. h. es gelten gerade im Bereich der Beschaffungen unterhalb der EU-Schwellenwerte die jeweiligen Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder sowie der Kommunen/ Gemeinden. Diese wurden inzwischen weitestgehend durch höherrangiges Recht der Vergabegesetze der Länder ersetzt. Damit haben die öAG vor jeder Beschaffung - also auch vor der Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen - sorgfältig zu prüfen, ob der Bedarf einer Beschaffung tatsächlich gegeben ist und in welchem Umfang dieser besteht sowie zu welchem Zweck dieser eingesetzt werden soll. Die öAG haben unter den von ihnen zu beachtenden Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit für gleichartige Zwecke grundsätzlich gleichartige Leistungen, ob nun Waren oder gewerbliche oder freiberufliche (Dienst-)Leistungen, zu verwenden.2Vgl. §°55°BHO, §°55°LHO°M-V, §°21°GemHVO-Doppik° M-V; §°58°LHO°HH. Danach erfolgt die Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen grundsätzlich in einem wettbewerblichen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren. Der Zuschlag ist auch bei freiberuflichen (Dienst-)Leistungen auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Die öAG sollen mit den Verfahren der Beschaffung stets gewährleisten, dass die verfügbaren Haushaltsmittel im Rahmen einer gesicherten Gesamtfinanzierung wirtschaftlich und sparsam verwendet werden. Öffentliche Aufträge sind daher an fachkundige, leistungsfähige und (gesetzestreue) zuverlässige, mithin geeignete (spätere) Auftragnehmer zu vergeben. Soweit andere Anforderungen an Bewerber/ Bieter bzw. spätere Auftragnehmer von den öAG gestellt werden sollen, muss dies ausdrücklich durch Bestimmungen des Bundes- oder Landesrechtes vorgesehen sein.

2. Bereich der Anwendung

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Die haushalts- und vergabegesetzlichen Bestimmungen des Bundes und der Länder (Kommunen/ Gemeinden) gelten sowohl für vorab nicht eindeutig als auch vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbare Leistungen (ggf. Aufgaben/ Lösungen) zur Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen. Dies gilt insbesondere für die Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Auf der Rechtsgrundlage des Haushaltsrechts des Bundes, der Länder und der Kommunen/ Gemeinden sind also in erster Linie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit maßgebend. Deren Nachweis können die öAG regelmäßig nur über eine Beschaffung von gewerblichen und freiberuflichen (Dienst-)Leistungen im Wettbewerb führen, da das Haushaltsrecht keine weitergehenden Vorgaben und Bedingungen stellt. Also haben die öAG die Grundsätze des EU-(Primär-)Rechts, mithin das Diskriminierungsverbot, den Gleichheitsgrundsatz, das Transparenzgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Sicherstellung eines neutralen Verfahrens auch bei Beschaffungen der öAG unterhalb der EU-Schwellenwerte anzuwenden. Bei Verstößen der öAG gegen diese Grundsätze können sich Schadensersatzansprüche der am Wettbewerb Beteiligten und/oder auch nicht - im Vertrauen darauf getäuschten - nicht am Wettbewerb Beteiligten ergeben. Bei allen Beschaffungen von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen haben die öAG deshalb - unabhängig von der vorab eindeutigen oder nicht eindeutigen Beschreibbarkeit der Leistungen - die haushalts- und vergaberechtlichen Grundsätze zur Gestaltung eines Vergabeverfahrens anzuwenden.

Soweit Maßnahmen mit EU-Mitteln gefördert werden, ist die Beschaffung und Vergabe von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen im Unterschwellenbereich u.a. an einer Binnenmarktrelevanz des öffentlichen Auftrags auszurichten.

Beispiel

Dazu finden sich für die öAG in bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften und Richtlinien, z.B. der RBBau und RLBau Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) - 19. Austauschlieferung aktualisiert, Runderlass des BMVBS - B 10 - 8111.1/0 - vom 19.3.2009 - Onlinefassung, Stand: 30.3.2016; Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V), Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums v. 8.12.2005 - IV 410 B 1003-9/01-, AmtsBl. M-V 2006, S. 57, geändert durch Verwaltungsvorschrift v. 21.9.2012, AmtsBl. M-V 2012, S. 730; S. 770, S. 788 sowie internen Handbüchern und Leitfäden3Vgl. beispielhaft VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern"; VHF Bayern, Stand November 2015; Handbuch für die Vergabe und Durchführung von Freiberuflichen (Dienst-)Leistungen durch die Staatsbau- und die Wasserwirtschaftsverwaltung des Freistaates Bayern, herausgegeben von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern; HmbVgG und die Beschaffungsordnung (BO); Freie und Hansestadt Hamburg Finanzbehörde - Leitfaden für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen (außer Bauleistungen), 6. Auflage, Stand 1.7.2015. verfahrensrechtliche Hinweise, die teilweise jedoch noch zwischen den vorab eindeutig beschreibbaren und vorab nicht eindeutig beschreibbaren freiberuflichen (Dienst-)Leistungen unterscheiden. Insoweit konnten bis zum 18.04.2016 daher entweder die Regelungen der §§°2,°4,°5°VOF a.F. oder die Regelungen der §§°2,°6°VOL/A,°Abschnitt°1 sinngemäß angewendet werden.4Ausnahme bei Maßnahmen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit; insoweit sind die entsprechenden Vorschriften der VSVgV analog anzuwenden.

3. Begriff der freiberuflichen (Dienst-)Leistung

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Der Begriff der „freiberuflichen (Dienst-)Leistung“ ist in den nationalen und europäischen vergaberechtlichen Bestimmungen nicht unmittelbar (legal) definiert. Daher wird häufig - beispielhaft für eine Definition einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung - auf die steuerrechtliche Definition des §°18°Abs. 1 Nr.°1°Satz 2°EStG zurückgegriffen. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit, u.a. eine solche Dienstleistung der Rechtsanwälte, Vermessungsingenieure, Architekten und Ingenieure Wirtschaftsprüfer, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer und ähnlicher Berufe.5§°18°Abs.°1°Nr.°1°EStG; amtliche Fußnote zu §°1°VOL/A,°Abschnitt°1. In der Anwendung bedeutet dies, dass das Vergaberecht im Gegensatz zur steuerrechtlichen Definition nicht die Person des freiberuflich Tätigen betrachtet, sondern allein die freiberufliche (Dienst-)Leistung selbst. Daher können sowohl Gewerbetreibende bzw. gewerbliche Unternehmen, in denen auch freiberuflich Tätige tätig sind, Dienstleistungen als auch freiberuflich Tätige freiberufliche (Dienst-)Leistungen erbringen.6Für diesen Fall unterliegen auch diese Freiberuflichen (Dienst-)Leistungen oberhalb der EU-Schwellenwerte den Regelungen des GWB und der VgV. Des Weiteren haben die öAG vertragsrechtliche Erfordernisse maßgeblich im Rahmen der Beurteilung zum Vorliegen einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung zu berücksichtigen. Das EU-Recht verbietet in Art.°56°AEUV die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Art.°57°AEUV beschreibt Dienstleistungen als Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Insofern gelten freiberufliche Tätigkeiten als freiberufliche (Dienst-)Leistungen. Der Leistende kann seine Tätigkeit demgemäß nach den Voraussetzungen des jeweiligen Mitgliedsstaates ausüben, die dieser für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.7OLG München v. 28.4.2006, Verg 6/06, EuGH v. 11.10.2001 Rs C-267/99. Das nationale Vergaberecht definiert den Dienstleistungsauftrag in §°103°Abs.°4°GWB i.V.m. §°103°Abs.°1°GWB als einen öffentlichen Auftrag, der weder Liefer- noch Bauauftrag gemäß §°103°Abs.°2°und°3°GWB ist. Die Besonderheiten bei Verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Aufträgen haben die öAG zu beachten.

4. Begriff der „geistig-schöpferischen Leistung“

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Des Weiteren ist eine freiberufliche (Dienst-)Leistung durch die Erbringung einer „geistig-schöpferischen Leistung“ charakterisiert. Die geistig-schöpferische Leistung unterscheidet sich nach ihrem Wesen grundlegend vom Herstellen eines Bauwerks, der Lieferung von Waren, z.B. Aktenordner, Uniformen, KFZ u.ä.) oder dem Erbringen gewerblicher Leistungen oder gewerblicher Dienstleistungen, z.B. Gebäudereinigung, Umzugsleistungen u.ä.. Die geistig-schöpferische Leistung verlangt die Entwicklung einer noch nicht existenten Lösung für eine - vom öAG - gestellte Aufgabe und ist daher das vorab nicht bekannte und konkret darstellbare bzw. beschreibbare Ergebnis eines Denkprozesses. Es liegt in der Natur der Sache, dass für die Lösung einer solchen Aufgabe die geistig-schöpferische Leistungsfähigkeit eines Bewerbers/Bieters zu suchen ist. Daher können die öAG die (Leistungs-)Anforderungen für eine solche Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend, also nicht hinreichend genau mit einer detaillierten, positionsbezogenen Leistungsbeschreibung beschreiben und festlegen, die gleichermaßen von einem Bieter „verpreist“ werden kann. Das Ergebnis solcher geistig-schöpferischen Leistungen ist also regelmäßig ein Unikat, häufig also vom Leistungs-/ Aufgabenerbringer mit sog. Alleinstellungsmerkmalen gekennzeichnet. Die öAG können deshalb die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften zu den Vergabearten einer Öffentlichen Ausschreibung oder Beschränkten Ausschreibung (mit oder ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb) unterhalb der EU-Schwellenwerte beschaffen.8Dies gilt grundsätzlich auch für Beschaffungen von freiberuflichen Dienstleistungen über offene oder nicht offene Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte, vgl. dazu VergRModVO - VgV ab 18.4.2016. Mithin können die öAG beanstandungsfrei die Vorschriften zu der (weitestgehend) formell- und gestaltungsfreien freihändigen Vergabe (mit oder ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb) unterhalb der EU-Schwellenwerte - oder die des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb oberhalb der EU-Schwellenwerte - anwenden. Danach und insoweit müssen die öAG die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen nach individuellen Gesichtspunkten, jeweils mit konkretem Bezug zum einzelnen Beschaffungsgegenstand beschaffen. Dies erfordert regelmäßig eine am konkreten Einzelfall ausgerichtete Beschreibung einer Aufgabenstellung, weniger eine durch ein konkretes Leistungssoll vorab bestimmte und erschöpfend beschriebene Leistung. Soweit dazu auch notwendige, beschreibbare Tätigkeiten, z.B. Erstellen von Zeichnungen, Aufmaß, Berechnungen usw. zur Aufgabenerfüllung erbracht werden müssen, haben diese dabei gegenüber den Merkmalen einer geistig-schöpferischen Leistung lediglich einen untergeordneten Charakter. Dadurch wird die Leistung bzw. Aufgabe nicht zu einer vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbaren freiberuflichen (Dienst-)Leistung.

Beispiel

Tätigkeiten, wie die eng vorgegebenen, baurechtlichen Rahmenbedingungen (Satzungen zu einem Bebauungsplan) verändern nicht den Charakter einer überwiegend geistig-schöpferischen Leistungserbringung. Diese beschreibbaren Leistungen sind nur (Hilfs-)Mittel auf dem Weg zum Erreichen des Ziels als ablesbares Ergebnis eines gestalterisch-schöpferischen Gedankenprozesses, dass die öAG eine Möglichkeit zur Umsetzung einer optimalen, von ihnen erwarteten Lösung erlangen. Insbesondere ein Blick auf das Urheberrechtsgesetz unterstreicht bei freiberuflichen (Dienst-)Leistungen von Architekten und Ingenieuren den Charakter solcher Leistungen. Werk im Sinne des Urheberrechts ist ein nicht näher definiertes, aber „nur persönliche geistige - geschützte oder schützbare - Schöpfung“.9Vgl. §°2°Abs.°2°UrhG.

Im Sinne des Urheberrechtsgesetzes sind z.B. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst danach solche Leistungen, die eine persönliche, geistige Schöpfung des (späteren) Auftragnehmers darstellen und einen so hohen Grad wahrnehmbarer Gestaltung mit geistigem Gehalt aufweisen, die eine hohe Individualität zum Ausdruck bringt.

5. Begriff der vorab „eindeutig und erschöpfend oder nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbaren Leistung“

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Die vergaberechtliche Einordnung einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung, z.B. einer Planungsaufgabe von Architekten und Ingenieuren, ist für den öAG schwierig, Der öAG kann nicht anhand von Leistungsmerkmalen, die zur Erbringung der Leistung erforderlich sind, eindeutig und konkret beschreiben, da er das Ergebnis der Leistung, bzw. den beschreibbaren Weg zur Leistung nicht kennt. Daher kann der öAG nur eine Aufgabe stellen, die das Ergebnis der Leistung, bzw. den Weg zur Leistung beschreibt, welche er im Rahmen der freiberuflichen (Dienst-)Leistung erwartet. orientiert sich nicht an der Beschreibbarkeit der Leistungserbringung, sondern an der Beschreibbarkeit der Aufgabenstellung oder (erwarteten) Lösung, die den öAG allerdings nicht bekannt ist.

Beispiel

Der öAG möchte einen Neubau einer Grundschule mit Kindergarten und Kinderhort errichten lassen. Er hat keine weiteren Vorstellungen und sucht einen Planer, der ihm die Lösung zum Neubau einer Grundschule mit Kindergarten und Kinderhort von den zu erwartenden Kosten einer Errichtung bis zur Herstellung der Bezugs-/ Nutzungsfähigkeit aufzeigt. Diese Erwartung kann der öAG nicht mit allen dazu erforderlichen Leistungsmerkmalen in einer Leistungsbeschreibung in einzelnen Leistungs-/ Ordnungspositionen eindeutig und erschöpfend beschreiben, sodass daraufhin ein Bieter diese Leistungsbeschreibung mit seinem Angebot verpreisen kann. Der öAG kann daher an die Erbringung der freiberuflichen (Dienst-)Leistung nur eine Aufgabe stellen, die den Weg von der Planung bis zur erwarteten Lösung, den Neubau einer Grundschule mit Kindergarten und Kinderhort von den zu erwartenden Kosten einer Errichtung bis zur Herstellung der Bezugs-/ Nutzungsfähigkeit aufzeigt. Diesen Weg aufzuzeigen, überlässt der öAG den schöpferischen Ideen und Vorstellungen der zu erbringenden freiberuflichen (Dienst-)Leistung, welche der öAG sodann auch als bestmögliche Leistung erwartet.

Im Gegensatz dazu ist für die öAG bei einer gewerblichen (Dienst-)Leistung, die diese nach den Vorschriften der VOB/A und VOL/A zu beschaffen haben, allein die vorab eindeutige und erschöpfend Beschreibbarkeit der Leistungen maß- und ausschlaggebend.10Vgl. §°1°Abs.°1°VOF°a.F. Die öAG haben daher zur Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen die Abgrenzung vorab eindeutig beschreibbarer oder vorab nicht eindeutig beschreibbarer Lösungen dergestalt vorzunehmen, ob anhand der Aufgabenstellung bzw. -lösung ein überwiegend schöpferischer, gestalterischer und konstruktiver Freiraum des Bewerbers/Bieters erforderlich und zur Erfüllung der von ihnen vorgegebenen Rahmenbedingungen und Zielvorgaben unabdingbar ist.

Beispiel

„Ist ein solcher Freiraum in erkennbarem Maße vorhanden und gewollt, so mag das planerische Ziel des Auftrags beschreibbar sein, nicht jedoch die Lösung in Form der planerischen Umsetzung“. Die öAG müssen einen solchen „Freiraum“ bestimmen.

Beispiel

Nimmt die Beschreibung des Ergebnisses der Leistung die Lösung des Problems vorweg? Ist das Ergebnis oder der Lösungsweg entscheidend? Stellt das Ergebnis/Lösung der gestellten Aufgabe ein Unikat, bei dem der „Preis“ der Leistung nur von untergeordneter Bedeutung ist, dar? Tritt das kreative, objektiv vorhandene schöpferische Element hinter dem vorbestimmten, einheitlichen Lösungsansatz zurück? Lässt sich die Leistung mit einer detaillierten Leistungsbeschreibung in Titel und Ordnungspositionen aufgliedern sowie mit Einheits-/Gesamtpreisen mit Angeboten „verpreisen“? Ist ein Vergleich der Angebote ohne Verhandlung möglich?11Vgl. auch Freie und Hansestadt Hamburg Finanzbehörde - Leitfaden für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen (außer Bauleistungen), 6. Auflage, Stand 1.7.2015.

Die Art der Vergütung, z.B. nach der HOAI, ist für die Bestimmung der zutreffenden Vergabeordnung nicht maßgebend. Bei gemischten Leistungen, also bei gleichzeitigem Vorliegen von gewerblichen Leistungen und freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, ist entscheidend, ob die künstlerische, kreative (Planungs-)Leistung den überwiegenden Anteil der Leistung ausmacht, also der Schwerpunkt der zu erbringenden Leistung durch objektiv vorhandene geistig-schöpferische Elemente geprägt ist. Der „erschöpfende“ Charakter einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung wird sich aber regelmäßig aus ihrer eigenen charakterisierenden Eindeutigkeit ableiten lassen und ist dann gegeben, wenn deren Beschreibung ernsthafte Zweifel zulässt.

6. Schätzung des Auftragswertes einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung

6.1 Allgemeine Grundlagen

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Die öAG haben - wie bei jeder Beschaffung der unterschiedlichen Arten von Leistungen - zur Anwendung der Vorschriften des nationalen Rechts/ Haushaltsrechts oder der des europäischen Rechts den Auftragswert ohne Umsatzsteuer der freiberuflichen (Dienst-)Leistung zu ermitteln bzw. sachgerecht zu schätzen und zwingend zu dokumentieren. Dazu ist ausschließlich der nach §3 VgV zu bemessende Wert der Auftragswert der vorgesehenen Gesamtleistung.12Vgl. auch §°3°VSVgV. Maßgeblicher Zeitpunkt der (aktuellen) Ermittlung bzw. Schätzung des Auftragswerts ist der Tag des Versands der Bekanntmachung oder der Einleitung des Verfahrens.

6.2 Abgrenzung von preisgebundenen und nicht preisgebundenen freiberuflichen (Dienst-) Leistungen

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Bei preisgebundenen freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, z.B. bei einer solchen Tätigkeit, für die eine Gebührenordnung oder Honorarordnung (z.B. HOAI) verbindlich ist, wird danach die voraussichtliche Gesamtvergütung einschließlich etwaiger Nebenkosten und Preisgelder (an Teilnehmer) ohne Umsatzsteuer ermittelt.13Vgl. auch §°14°Abs.°1°Satz°1°HOAI;°§°1°VgV,°§°1°VSVgV. Soweit es für die zu beschaffenden freiberuflichen (Dienst-)Leistungen um solche handelt, die nicht auf einer gesetzlichen, verbindlichen Gebühren- oder Honorarordnung preisgebunden sind, haben die öAG eine angemessene, ortsübliche Vergütung zu ermitteln und zu schätzen. Dazu haben die öAG regelmäßig u.a. insbesondere den voraussichtlichen Zeitaufwand, den Grad der Schwierigkeit, die Ausführungsfristen, die Nebenkosten und das bestehende Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ein sachgerechter Anhaltspunkt für die Ermittlung/ Schätzung des Auftragswerts von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen und damit einer möglichen Vergütung liefert der „Katalog“ des Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz, in dem eine Vergütung für die Tätigkeit eines gerichtlich beauftragten und bestellten Sachverständigen geregelt ist.14Vgl. Anlage°1°zu°§°9°Abs.°1°JVEG, Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten - Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz - JVEG v. 5.5.2004, BGBl. I, S. 718, 776, Stand: Zuletzt geändert durch Art. 4 G v. 10.12.2015, BGBl. I, S.2218. Die öAG können sich bei fehlender Sachkenntnis für die Ermittlung des Auftragswertes eines Sachverständigen bedienen, dessen Leistung ebenso vorab in einem geeigneten Wettbewerb von den öAG zu beschaffen ist.

Beispiel

Die Tätigkeit eines Sachverständigen ist von der besonderen Sachkunde auf einem spezifischen Sachgebiet und die persönliche Eignung geprägt. Zur besonderen Sachkunde gehört auch die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform und in Sprache und Schrift so darzustellen, dass die Ergebnisse und die Überlegungen nachvollziehbar sind. Die persönliche Eignung setzt persönliche Eigenschaften des Bewerbers/ Bieters voraus. Wesentliche persönliche Eigenschaften sind persönliche Zuverlässigkeit, Charakterstärke, Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Unabhängigkeit.

Die öAG haben zu beachten, dass öffentliche bestellte und vereidigte Sachverständige zuverlässige, glaubwürdige und auf einem Sachgebiet besonders sachkundige und erfahrene Fachleute sind.15Vgl. §§°2,°3°Sachverständigenordnung; §°36°Gewerbeordnung.

6.3 Aufteilung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen in Lose

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Gleichermaßen haben die öAG bei Beschaffungen von freiberuflichen Dienstleistungen grundsätzlich auch mittelständische Interessen zu berücksichtigen, indem sie mit einer Aufteilung in Lose den Auftragswert auf der Grundlage der §§°3°Abs.°2,°3°Abs.°VgV°bzw.°§°3°Abs.°7°VSVgV bestimmen. Dies spielt bei der Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen der Architekten und Ingenieure und derer Fachplanungsleistungen eine besondere Rolle, wenn die freiberuflichen (Fachplanungs-)Leistungen von einem späteren Auftragnehmer erbracht werden. Die öAG haben für die Ermittlung bzw. Schätzung des Auftragswertes nur die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen zu berücksichtigen, die auch tatsächlich beschafft werden sollen. Soweit die öAG nicht beabsichtigen, z.B. bei einem Stufenvertrag, alle Leistungsphasen in Auftrag zu geben, müssen danach die (Teil-)Leistungen/ Leistungsteile, die die öAG selbst erbringt, auch nicht in die Ermittlung des Auftragswerts eingerechnet werden. Werden diese (Teil-)Leistungen/ Leistungsteile, die die öAG (ursprünglich) selbst erbringen wollten, später aufgrund eines geänderten Willens der öAG und/oder geänderter Bedingungen nun nicht mehr durch die öAG geleistet, und müssen deshalb auch diese Leistungsteile (einzelne Leistungsphasen) an freiberuflich Tätige vergeben werden, sind diese freiberufliche (Dienst-)Leistungen von den öAG im Wettbewerb nach den Vorschriften des nationalen Rechts/ Haushaltsrechts oder den Vorschriften des europäischen Rechts zu beschaffen.

7. Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen in einem leistungsbezogenen Wettbewerb

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Die öAG haben die freiberuflichen (Dienst-)Leistungen auch unterhalb des EU-Schwellenwertes in einem regelmäßig personenbezogenen Wettbewerb zu beschaffen, der jedoch auch zwingend leistungs-/aufgabenbezogen sein muss. Die öAG gestalten also einen leistungs-/aufgabenbezogenen „Personenwettbewerb“, nicht zwingend preisbezogenen Leistungswettbewerb.

7.1 Formell gestaltungsfreies (Vergabe-)Verfahren

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Dem öAG bieten sich dazu mehrere Möglichkeiten. Die öAG können regelmäßig das formell gestaltungsfreie Vergabeverfahren, wie das der freihändigen Vergabe mit oder ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb wählen. Die öAG haben grundsätzlich bei der Gestaltung den Vergabeverfahren unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte auch bei der Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen insbesondere die Belange mittelständischer Interessen von kleinsten und kleineren, mittelständischen Unternehmen (KMU) zu berücksichtigen. Dabei sollen die Vergabeverfahren so gestaltet werden, dass die Grundsätze einer Aufteilung der freiberuflichen (Dienst-)Leistungen in Lose nach den spezifischen funktionalen und technischen Anforderungen an die Leistung bzw. gestellte Aufgabe/ Lösung vorgenommen wird. Dabei haben die öAG gleichfalls darauf zu achten, dass eine (wirtschaftliche) Zersplitterung von Aufträgen in kleinteilige Teilaufträge möglichst vermieden wird.16Vgl. auch §°4VgG M-V und VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern". Darüber hinaus sollen die öAG - unter Ausübung eines ihnen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraumes bei der Gestaltung des Verfahrens - die Geltung des im Haushaltsrecht verankerten Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und den Grundsatz zur Einholung von Vergleichsangeboten berücksichtigen.

Beispiel

Zur Abweichung von diesem Grundsatz muss ein hinreichend gewichtiger Grund vorliegen, so dass mit nur einem Partner der Auftrag ausgehandelt werden kann. Die öAG haben es also in der Hand, den Umfang des Wettbewerbs, die Zahl der Vergleichsangebote und auch das Ausmaß der Wirtschaftlichkeit zu steuern.

7.1.1 Ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb

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Soweit die öAG keinen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb durchführen wollen, müssen sie über die erforderlichen Kenntnisse zur (grundsätzlichen) Eignung der Bewerber/ Bieter zur Erbringung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen verfügen. Soweit die öAG bei der Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen nicht auf eigene Erfahrungen aus vorgegangenen Wettbewerbsverfahren oder von anderen öAG (zulässig) zurückgreifen können, können sich die öAG dazu auch Kenntnisse zur Eignung der Bewerber/ Bieter von anderen Stellen (Auftragsberatungsstellen der Länder) oder beispielhaft im Rahmen einer Markterkundung verschaffen. Und zwar mit sog. Informationsanfragen bei Unternehmen, die die verlangten freiberuflichen (Dienst-)Leistungen auch tatsächlich erbringen können. Die öAG müssen jedoch derartige Anfragen deutlich als informative Anfrage bezeichnen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Angefragten bereits von der Durchführung eines wirksam eingeleiteten Wettbewerbsverfahrens ausgehen könnten, der das geschützte Vertrauen der Angefragten auf Abschluss eines (verbindlichen) Auftrages begründet. Dadurch können sich die öAG gleichfalls Kenntnisse zum möglichen zeitlichen Aufwand der freiberuflichen (Dienst-)Leistungen verschaffen. Derartige Kenntnisse der öAG lassen darüber hinaus die zuverlässige Einschätzung bzw. Ermittlung eines möglichen Auftragswerts.

Beispiel

Die öAG können den geschätzten Aufwand in Personentagen und mit dem im jeweiligen Dienstleistungsbereich üblichen Stunden- bzw. Tagessatz ermitteln, und zwar mit Bezug auf den zu erwartenden finanziellen Umfang der zu erbringenden freiberuflichen (Dienst-)Leistungen. Die öAG haben auch die Möglichkeit, Kenntnisse zu Erbringern von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen über sog. Interessenbekundungsverfahren zu erlangen. Diese sind eine besondere Form der Markterkundung, nicht jedoch mit einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb (z.B. vor einer freihändigen Vergabe oder einer beschränkten Ausschreibung) gleichzusetzen. Das Interessenbekundungsverfahren stellt im weitesten Sinne eine besondere Form der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung dar, die die öAG nach den Haushaltsordnungen des Bundes, der Länder und der Kommunen/ Gemeinden vor jeder Beschaffung von Leistungen, also auch von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen zu berücksichtigen haben.17Vgl. beispielhaft LHO M-V, §°7°Abs.°3°LHO.

Mit einem sog. Interessenbekundungsverfahren (Verfahren zur Interessenbestätigung) können die öAG „gezielt“ in geeigneten Fällen feststellen, ob es mögliche Interessenten für die Übernahme der Aufgaben oder der öffentlichen Zwecken dienenden wirtschaftlichen Tätigkeiten gibt, welche Vorstellungen die Interessenten von der Art der Aufgabenerfüllung oder der wirtschaftlichen Tätigkeiten haben und zu welchem Preis und unter welcher Verteilung eines Risikos diese Leistungen von Dritten übernommen werden könnten. Die öAG dürfen aber die Interessenbekundungsverfahren gleichfalls - wie bei einer Markterkundung - nicht zu Zwecken der Durchführung, also nur zur Vorbereitung eines Vergabeverfahrens verwenden.

7.1.2. Mit vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb

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Die Einleitung und Durchführung einer freihändigen Vergabe mit einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb gewährleisten die öAG durch ein sog. zweistufiges Verfahren zur Auswahl von geeigneten Bewerbern (1. Stufe) und zur Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots (2. Stufe oder Angebots-/ Verhandlungs- oder Zuschlagsstufe).

7.2 Bestimmung des Wettbewerbsteilnehmerkreises (mit oder ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb)

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Der Schwerpunkt der Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen liegt zunächst in der Wahl und Bestimmung eines geeigneten Wettbewerbsteilnehmerkreises, der auch die Interessen von kleinsten und kleineren sowie mittelständischen Unternehmen (KMU) berücksichtigen soll. Entweder sind die Kenntnisse der öAG u.a. zur Eignung des Wettbewerbsteilnehmerkreises bereits gesichert vorhanden oder müssen (erst) über einen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb gewonnen werden. Dies ist daher von Bedeutung, da sowohl nach der Feststellung der Eignung der Bewerber zur Teilnahme am Wettbewerb oder der Bieter bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe - bezogen auf den konkreten Vorgang der Beschaffung der freiberuflichen (Dienst-)Leistungen - nur mit einem geeigneten oder mehreren geeigneten Bewerbern zu den vorgesehenen Vertragsinhalten (zwingend) zu verhandeln ist. Soweit also die öAG keine Kenntnis zu einem ausreichend großen Umfang geeigneter Bewerber haben, haben die öAG grundsätzlich einen Teilnahmewettbewerb in einer ersten Stufe der Aufforderung zur Angebotsabgabe der zweiten Stufe vorzuschalten. Grundsätzlich haben die öAG den möglichen Wettbewerbsteilnehmerkreis um freiberufliche (Dienst-)Leistungen entweder mit einer Aufforderung zur Teilnahme (Bewerbung) oder mit einer Aufforderung zur Angebotsabgabe einzuleiten. Um das Ziel der Beschaffung einer freiberuflichen (Dienst-)Leistung gesichert zu erreichen, also die - möglichst gesicherte -Feststellung treffen zu können, dass der Bieter die bestmögliche Erbringung der freiberuflichen (Dienst-)Leistung „prognostisch“ am ehesten erwarten lässt, haben die öAG mit mehreren, wohl regelmäßig mit mindestens mehr als einem Bewerber/Bieter den Wettbewerb zu gestalten. Dadurch stellen die öAG die spätere Beurteilung und Wertung der Angebote mit Blick auf das wesentliche Erfordernis der Vergleichbarkeit der Angebote her und steuern insoweit das Ausmaß zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von vorliegenden Angeboten.

7.3 Wechsel des Wettbewerbsteilnehmerkreises

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Dabei haben die öAG am konkreten Gegenstand der Beschaffung orientiert, regelmäßig das Gebot des Wechsels des Wettbewerbsteilnehmerkreises (sog. „Auftragsstreuung“) zu erfüllen, also ist der Bewerber-/ Bieterkreis im Rahmen jeder gesonderten Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen ständig zu wechseln. Die sog. Direktvergabe, eine Beschaffung mit nur einem (einzigen) Bewerber/ Bieter, oder sog. „Serienvergabe“ stets an ein und denselben (späteren) Auftragnehmer haben die öAG zu unterlassen.18Vgl. auch VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern".

7.4 Anforderungen an die Eignung/ Angebote der Bewerber/ Bieter

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Die (Eignungs-)Anforderungen, insbesondere in einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb, haben die öAG auf ein - dem konkreten Gegenstand der Beschaffung - angemessenes Verhältnis auszurichten und auf das dazu erforderliche Maß zu beschränken. Die öAG haben daher die Anforderungen an die Eignung der Bewerber/ Bieter leistungsbezogen zu wählen und bestimmen.

Dazu haben die öAG grundsätzlich vor jeder Einleitung eines Wettbewerbs um freiberufliche (Dienst-)Leistungen den erforderlichen Leistungsumfang zu definieren und der Aufforderung zur Teilnahme am Wettbewerb oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu Grunde zu legen, um zu einer vergleichenden Beurteilung und Wertung der Bewerbungen und/oder Angebote mit Blick auf die Eignung der Bewerber/ Bieter und/oder der Wirtschaftlichkeit der Angebote prognostisch gelangen zu können.

7.5 Abgrenzung zwischen preisgebundenen und nicht preisgebundenen freiberuflichen (Dienst-)Leistungen

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Bei freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, deren Vergütung preisgebunden ist, also einer gesetzlichen Gebührenordnung oder Preisverordnung (z.B. HOAI) unterliegt, liegt der Schwerpunkt der Anforderungen - bezogen auf den konkreten Gegenstand der Beschaffung - auf der Feststellung der Eignung der Bewerber. Insoweit spielt der Preis der Vergütung einschließlich einer Vergütung von Nebenkosten nur eine untergeordnete Rolle, um (später) ein wirtschaftliches Angebot zu ermitteln. Bei freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, deren Vergütung nicht preisgebunden ist, also einer gesetzlichen Gebühren- oder Preisverordnung gerade nicht unterliegt, liegt der Schwerpunkt der Anforderungen - bezogen auf den konkreten Gegenstand der Beschaffung - sowohl auf der Feststellung der Eignung der Bewerber als auch der wirtschaftlichen (auch preislichen) Beurteilung der freiberuflichen (Dienst-)Leistungen. Insoweit spielt der Preis der Vergütung einschließlich einer Vergütung von Nebenkosten eine mitentscheidende, aber nicht die alleinentscheidende Rolle, um ein wirtschaftliches Angebot zu ermitteln. Grundsätzlich haben die öAG mit der Gestaltung des Verfahrens zur Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen, ob nun preisgebunden oder auch nicht preisgebunden, die Vergleichbarkeit der Bewerber einerseits hinsichtlich deren Eignung und andererseits hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit (einschließlich des Preises) der Angebote der Bieter gesichert herzustellen und umzusetzen. Die öAG haben danach ihre Überlegungen zur Gestaltung der Verfahren zur Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen am konkreten Gegenstand der Beschaffung vorrangig unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der verwendeten Haushaltsmittel auszurichten und zu dokumentieren. Soweit interne Regelungen des Bundes, der Länder oder der Kommunen/ Gemeinden den öAG Ausnahmen nicht zulässig gestatten, haben die öAG sog. Direkt- oder „(Serien“-)Vergaben von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen zu vermeiden. Diese Ausnahmen stellen nur unter besonderen, zwingend von den öAG zu dokumentierenden Umständen und mit konkretem Bezug zum Gegenstand der Beschaffung eine Möglichkeit zur Gestaltung der Verfahren einer Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen dar.19Vgl. beispielhaft VV v. 26.6.2015 - V120-611-20-03.01.23/001-030 - „Vergabe freiberuflicher Leistungen im Anwendungsbereich des Vergabegesetzes Mecklenburg- Vorpommern"; VHF Bayern, Stand November 2015; Handbuch für die Vergabe und Durchführung von Freiberuflichen (Dienst-)Leistungen durch die Staatsbau- und die Wasserwirtschaftsverwaltung des Freistaates Bayern, herausgegeben von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern; HmbVgG und der Beschaffungsordnung (BO); Freie und Hansestadt Hamburg Finanzbehörde - Leitfaden für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen (außer Bauleistungen), 6. Auflage, Stand 1.7.2015.

8. Beauftragung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen

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Am Ende einer Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen muss die Erteilung des Zuschlags und die wirksame Beauftragung desjenigen „freiberuflich Tätigen“ stehen, dessen Leistungserbringung im Rahmen einer Prognoseentscheidung der öAG die bestmögliche Lösung unter Wahrung des Haushaltsrechts erwarten lässt. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Vergabe von Aufträgen an freiberuflich Tätige, deren Fachkunde, Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit und Gesetzestreue (= „FLZG“) nachgewiesen ist und die über ausreichende Erfahrungen verfügen sowie die Gewähr, z.B. bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen für eine wirtschaftliche und nachhaltige Planung und Bauausführung bieten. Die Wahrung dieser Grundsätze haben die öAG in einem zweckmäßigen und dokumentierten Verfahren einer Beschaffung abzusichern. Das Prinzip der Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns bedeutet dabei, dass bei der (Aus-)Gestaltung des Verfahrens einer Beschaffung der verursachte Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum gewollten Ergebnis stehen muss, also der Stärkung des Wettbewerbs gedient hat.

Beispiel

Je geringer die voraussichtliche Auftragssumme ist und je unkomplizierter die freiberufliche (Dienst-)Leistung in fachlicher Hinsicht zu erbringen ist, desto einfacher ist das Verfahren einer Beschaffung von freiberuflichen (Dienst-)Leistungen auszugestalten.