Nach § 326 Abs. 1 FamFG hat die zuständige Betreuungsbehörde den Betreuer oder den Bevollmächtigten i.S.d. § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB auf seinen Wunsch hin bei der Zuführung zur freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 312 Nr. 1 FamFG oder bei der Verbringung nach § 312 Nummer 3 FamFG zu unterstützen (vgl. § 4 Abs. 3 BtBG, § 10 Satz 2 BtBG). Die Betreuungsbehörde wird mit Aufforderung des Betreuers/Bevollmächtigten tätig, dieser bestimmt den Ort der Unterbringung bzw. den Anstaltsort (z.B. Psychiatrie, Entzugsklinik).
Aufgrund des Antrages des Betreuers/Bevollmächtigten und einer ausdrücklichen Anordnung des Betreuungsgerichts ist die Betreuungsbehörde während der Unterstützung des Betreuers/des Bevollmächtigten bei der Zuführung zur Unterbringung befugt, ggf. Gewalt anzuwenden, erforderlichenfalls um die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen (§ 326 Abs. 2 FamFG) und die Wohnung des Betroffenen ohne dessen Einwilligung gewaltsam zu öffnen, zu betreten und zu durchsuchen (§ 326 Abs. 3 Satz 1 FamFG).
Bei Vorliegen einer gerichtlichen Genehmigung zur Unterbringung kann die Betreuungsbehörde dem Betreuer/Bevollmächtigten ihre Unterstützung nicht versagen.1HK-BUR/Hoffmann § 70g FGG Rn. 39 Nach § 326 Abs. 1 FamFG hat sie ihn bei der Zuführung zur Unterbringung nach § 312 Nr. 1 FamFG zu unterstützen. Liegen nach Einschätzung der Betreuungsbehörde die Voraussetzungen der Unterbringung nicht mehr vor, kann sie die Aufhebung der Unterbringungsmaßnahme anregen (§ 330 FamFG).
Bittet der Betreuer/Bevollmächtigte die Betreuungsbehörde um Unterstützung bei der Zuführung zur Unterbringung, kann die Betreuungsbehörde geschultes sozialpädagogisches Personal zur Begleitung bereitstellen.
Ablauf einer Zuführung zur Unterbringung:
Der Betreuer/Bevollmächtigte regt zur Abwendung einer dauerhaften Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen bei Gericht die freiheitsentziehende Unterbringung an und fügt dem Antrag ein ärztliches Attest bei. Das Betreuungsgericht hat ein Gutachten über die Notwendigkeit dieser Maßnahme einzuholen (§ 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Das Gutachten stellt nach § 321 Abs. 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme (Strengbeweis i.S.d. § 30 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG) dar und ist aufgrund des erheblichen Übergriffs in das Leben der betroffenen Person zwingende Voraussetzung für die Entscheidung über diese Maßnahme.2MünchKomm-FamFG/Schmidt-Recla, § 321 FamFG Rn. 1
Bei der Vorlage eines Beschlusses zur geschlossenen Unterbringung mit der Anordnung von Gewalt, dem Ersuchen der polizeilichen Vollzugsorgane und gewaltsamem Zutritt zur Wohnung kann der Betreuer/Bevollmächtigte zusammen mit der Betreuungsbehörde ggf. zunächst einen Versuch der Zuführung ohne die Anwendung von Gewalt versuchen.
Scheitert dieser Versuch, stimmt der Betreuer/Bevollmächtigte einen Termin mit der Betreuungsbehörde zur Zuführung ab.
Der Betreuer/Bevollmächtigte organisiert vom behandelnden Arzt einen Krankentransportschein und bestellt einen Krankentransportwagen (KTW). In Ausnahmefällen kann auch die Betreuungsbehörde den KTW bestellen.
Bei gerichtlicher Anordnung und in Absprache mit dem Betreuer/Bevollmächtigtem bestellt die Betreuungsbehörde ggf. einen Schlüsseldienst zur (gewaltsamen) Wohnungsöffnung. Da die Zuführung zur Unterbringung gemäß § 326 Abs. 1 FamFG als eigenständige Aufgabe der Betreuungsbehörde gesehen werden kann, hat sie die anfallenden Kosten (Schlüsseldienst u.a.) zu tragen (vgl. § 326 Rn. 19).
In Absprache mit dem Betreuer/Bevollmächtigtem informiert die Betreuungsbehörde die Polizei bzw. ersucht die Schutzmaßnahmen bzw. die polizeilichen Vollzugsorgane für die Zuführung. Auf Wunsch des Betreuers/Bevollmächtigten übernimmt die Behörde die weitere Planung, also die Koordination und Einweisung der beteiligten Personen am Treffpunkt (Sanitätspersonal, Polizei, Schlüsseldienst).
Bei der Zuführung unterstützt die Betreuungsbehörde den Betreuer/Bevollmächtigten auf dessen Anordnung. Die Betreuungsbehörde teilt dem Betroffenen den Grund der Maßnahme mit und händigt ihm auf Verlangen eine Ausfertigung des Beschlusses aus.
Die Beförderung des Betroffenen in das vorgesehene Krankenhaus erfolgt in der Regel mit einem Krankentransport.
Ggf. unterrichtet die Betreuungsbehörde im Anschluss das Betreuungsgericht über besondere Vorkommnisse bei der Zuführung, sollte dies Relevanz für die richterliche Anhörung haben.
In der Praxis zeigen sich Schwierigkeiten bei der Zuführung zur freiheitsentziehenden Unterbringung des Betroffenen und der Anwendung von Gewalt seitens der Betreuungsbehörde. Nach § 326 Abs. 2 FamFG wird die Betreuungsbehörde ermächtigt, bei der Zuführung zur geschlossenen Unterbringung Gewalt anzuwenden. Damit die Mitarbeiter der Betreuungsbehörde selbst bei der Zuführung Gewalt anwenden können, bedarf es einer ausdrücklichen Befugnisregelung in den landesrechtlichen Vorschriften.3Deinert/Walter, S. 149 f. Die landesrechtlichen Vorschriften weisen die Anwendung von Gewalt und unmittelbaren Zwang den Polizeigesetzen zu, d.h., es dürfen nur hier ausdrücklich benannte Personen Gewalt und Zwang ausüben, in der Regel Polizei- und/oder Vollzugsbedienstete (vgl. § 6 UZwG), Mitarbeiter der Betreuungsbehörde gehören nicht zu den benannten Personen.
Ist die Unterbringung des Betroffenen nur mit Anwendung unmittelbaren Zwangs oder Gewalt (Überwältigen in Gegenwehr, Abführen mit Handschellen u.a.) möglich, wird die Betreuungsbehörde die polizeilichen Vollzugsorgane im Rahmen der Vollzugshilfe (z.B. § 47 PolG NRW) nachsuchen oder je nach Absprache direkt mit zu dem Einsatz bitten. Vor ihrem Ersuchen entscheidet die Betreuungsbehörde über die Verhältnismäßigkeit und die Erforderlichkeit des Einsatzes der polizeilichen Vollzugsorgane bei der Zuführung.
Es bleibt nicht zu unterschätzen, dass neben dem erheblichen Widerstand der betroffenen Person gegenüber der freiheitsentziehenden Unterbringung je nach Krankheitsbild auch mit gewaltsamer Gegenwehr zu rechnen ist. Dem Fachpersonal der Betreuungsbehörde fehlen neben der polizeirechtlichen Kompetenz des unmittelbaren Zwangs ebenso geschulte Schutz- und Verteidigungsmaßnahmen, um bei einer Eskalation der Zuführung im Rahmen des Selbstschutzes angemessen zu handeln.
Liegen die Voraussetzungen der Vollzugshilfe vor wie
Anwendung unmittelbaren Zwangs und das Fehlen personeller und sachlicher Mittel (wie befugte Personen),
Anwendung von Gewalt,
Schutzmaßnahme vor Widerstand,
eigene erfolglose Versuche ohne Gewaltanwendung,
sind die ersuchten Polizeibehörden grundsätzlich zu ihrer Unterstützung verpflichtet (z.B. § 47 Abs. 1 PolG NRW).
Eine vertrauensvolle und gut abgesprochene Zusammenarbeit mit der kommunalen Polizeibehörde mit der Möglichkeit der verlässlichen Unterstützung sollte die Betreuungsbehörde entsprechend pflegen.
Freiheitsentziehende Maßnahmen und eine freiheitsentziehende Unterbringung kann ein Bevollmächtigter in gleichen Maßen bei Gericht beantragen wie ein Betreuer, wenn die Vollmacht schriftlich verfasst ist und die Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen gemäß § 1906 Abs. 1 bis 4 BGB ausdrücklich umfasst. Der Bevollmächtigte kann wie der Betreuer die Beratung und Unterstützung der Betreuungsbehörde ersuchen. Die Betreuungsbehörde hat dem Bevollmächtigtem gegenüber die gleiche Unterstützungspflicht (vgl. § 326 Abs. 1 FamFG).