Der Betreuer erhält nach § 290 Satz 1 eine Bestellungsurkunde, für die sich in der Praxis auch die Bezeichnung „Betreuerausweis“ eingebürgert hat. Die Praxis gestaltet sie recht unterschiedlich – teils in der Form eines kleinen Ausweises, teils auch nur als verkürzte Ausfertigung des Beschlusses über die Bestellung. Selbst die (für den Betreuer veraltete) Bezeichnung „Bestallung“ (siehe dazu § 1791 Abs. 1 BGB) ist gelegentlich noch anzutreffen.1So z.B. HK-BUR/Bauer § 289 FamFG Rn. 55, „Bestallung“ meint dasselbe wie „Bestellungsurkunde“. Die amtliche Überschrift zu § 1791 BGB („Bestallungsurkunde“) ist eine sprachliche Fehlleistung des Gesetzgebers.
Der Betreuerausweis dient dem Nachweis der Betreuung im Rechtsverkehr. Dementsprechend ist er inhaltlich zu gestalten. Nach § 290 Satz 2 enthält er in jedem Fall die Angabe der Person des Betreuten und des Betreuers (Nr. 1) sowie den Aufgabenkreis des Betreuers (Nr. 3). Im Falle der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts ist ferner die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen aufzunehmen (Nr. 4). Bei der Bestellung eines Vereins- oder eines Behördenbetreuers (§ 1897 Abs. 2 BGB) ist die Bezeichnung „Vereinsbetreuer“ bzw. „Behördenbetreuer“ in die Bestellungsurkunde aufzunehmen sowie die Bezeichnung des Vereins oder der Betreuungsbehörde. Nicht in den Betreuerausweis aufgenommen wird der Überprüfungszeitpunkt (§ 286 Abs. 3 FamFG), da er keine konstitutive Wirkung hat.2Zimmermann, FamFG Rn. 735 Wohl aber ist nach § 290 Satz 2 Nr. 5 die zeitliche Begrenzung der Betreuung nach § 302 FamFG in den Ausweis aufzunehmen, der einem vorläufigen Betreuer erteilt wird. Eine durch das Gericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1796 BGB angeordnete Einschränkung der Vertretungsmacht ist in den Ausweis ebenfalls aufzunehmen, da auch sie den Rechtsverkehr betrifft.
Sind mehrere Betreuer in der Weise bestellt, dass jeder von ihnen einen eigenen Aufgabenkreis hat (Nebenbetreuer i.S.v. § 1899 Abs. 1 Satz 2 BGB), erhält jeder von ihnen einen eigenen Ausweis.3Vgl. Bienwald/Sonnenfeld § 290 FamFG Rn. 3 Mehrere Betreuer mit demselben Aufgabenkreis (Mitbetreuer i.S.v. § 1899 Abs. 3 BGB) erhalten zwar ebenfalls jeder einen Ausweis, doch muss sich aus diesem Ausweis die Bestellung des jeweils anderen ergeben,4HK-BUR/Bauer § 289 FamFG Rn. 58 weil die Mitbetreuung einerseits die Vertretungsmacht einschränkt, andererseits bestimmte Genehmigungserfordernisse entfallen lässt (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1810 Satz 2, 1812 Abs. 3 BGB). Der wegen rechtlicher Verhinderung des Betreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB bestellte Ergänzungsbetreuer und der besondere Betreuer für die Einwilligung in die Sterilisation (§ 1899 Abs. 2 BGB) erhalten jeweils einen eigenen gesonderten Ausweis.
Der Kontrollbetreuer (i.S.v. § 1896 Abs. 3 BGB) erhält ebenfalls einen Ausweis, da er ggf. den wirksamen Widerruf der Vollmacht im Rechtsverkehr nachweisen können muss. Beim Gegenbetreuer genügt die Angabe seiner Person im Ausweis des Betreuers, denn er kann den Betreuten selbst nicht vertreten.5Für eigenen Ausweis aber: Bienwald/Sonnenfeld § 290 FamFG Rn. 3 Für den Rechtsverkehr ist lediglich der Umstand von Interesse, dass einige Geschäfte des Betreuers mit Genehmigung des Gegenbetreuers wirksam sind.
Komplex ist die Situation bei dem wegen tatsächlicher Verhinderung des Betreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB bestellten Ersatzbetreuer. Er erhält jedenfalls dann einen eigenen Ausweis, wenn er erst bestellt wird, nachdem der Verhinderungsfall eingetreten ist. Dann braucht der Umstand, dass er nur für die Dauer der Verhinderung bestellt wird, im Ausweis auch nicht angegeben zu werden. Vielmehr muss er ihn nach Ende der Verhinderung zurückgeben. Wird er jedoch im Voraus wegen einer drohenden Verhinderung bestellt, wäre in einem ihm erteilten Ausweis anzugeben, dass er nur im Verhinderungsfall amtiert.6LG Stuttgart BtPrax 1999, 200, 201 Ein solcher Ausweis hätte jedoch keinerlei Akzeptanz im Rechtsverkehr, der die Verhinderung des Betreuers ja nicht überprüfen kann. Daher verfährt die Praxis meist so, dass sie dem Betreuer und seinem Ersatzbetreuer einen gemeinsamen Ausweis mit der Maßgabe ausstellt,7Dafür generell: HK-BUR/Bauer § 289 FamFG Rn. 59 dass der Betreuer ihn im Falle seiner Verhinderung an den Ersatzbetreuer weitergeben soll. Eine andere Möglichkeit ist es, die Verhinderung des Hauptbetreuers durch einen besonderen Beschluss festzustellen.8LG Stuttgart BtPrax 1999, 200
Der Betreuerausweis entfaltet keine Rechtsscheinwirkung.9BGH BtPrax 2010, 125; Keidel/Budde § 290 FamFG Rn. 1; Jürgens/Kretz § 290 FamFG Rn. 1 Er besitzt in einem Zivilprozess zwar die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde nach § 415 ZPO, so dass das Prozessgericht die Vertretungsmacht des Betreuers allein auf ihn gestützt feststellen darf. Der gute Glaube des Rechtsverkehrs an die im Betreuerausweis dokumentierte Vertretungsmacht wird aber nicht geschützt, noch nicht einmal in dem Umfang, in dem §§ 172 f. BGB dies bei einer Vollmachtsurkunde tun: Der Betreuerausweis ist keine Vollmacht.10BbgVerfG FamRZ 2015, 1123 Umgekehrt ist § 174 BGB ebenfalls nicht anwendbar.11BGH BTPrax 2010, 125 Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Betreuer im Namen des Betroffenen einem Dritten gegenüber vornimmt, kann von diesem nicht zurückgewiesen werden, weil ihm der Betreuerausweis nicht vorgelegt worden ist.
Wird die Betreuung aufgehoben oder der Betreuer entlassen, muss er den Betreuerausweis von sich aus zurückgeben (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1893 Abs. 2 Satz 1 BGB). Im Hinblick auf oben Rn. 8 ist das Betreuungsgericht verpflichtet, ihn zügig zurückzufordern und dies notfalls mit Zwangsmitteln durchzusetzen.
Ändert sich einer der in den Ausweis nach den oben gemachten Ausführungen aufzunehmenden Umstände, muss das Betreuungsgericht entweder den Ausweis entsprechend abändern12Vgl. HK-BUR/Bauer § 289 FamFG Rn. 56, 63 oder – wenn das zu unübersichtlich würde – einen neuen Ausweis ausstellen und den alten zurückfordern.
Der Betreuerausweis darf dem Betreuer frühestens mit der Bekanntgabe seiner Bestellung – jedoch schon vor der Verpflichtung13Vgl. dazu HK-BUR/Bauer § 289 FamFG Rn. 55 – ausgehändigt werden. Eine bestimmte Form ist dafür nicht vorgesehen. Er kann ihm anlässlich der Verkündung seiner Bestellung, der mündlichen Verpflichtung übergeben oder auch einfach zugeschickt werden.14Vgl. Bienwald/Sonnenfeld § 290 FamFG Rn. 13
Dauert die Ausstellung des Betreuerausweises voraussichtlich noch an, empfiehlt es sich, dem Betreuer eine vorläufige Bescheinigung über seine Bestellung zu übergeben, damit er sich im Rechtsverkehr schon als gesetzlicher Vertreter des Betreuten ausweisen kann.