Das Gericht kann die Entscheidung in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt nur auf Antrag, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung ohne vorherige Durchführung einer nach dem Gesetz notwendigen Anhörung erlassen wurde.
Ist die Entscheidung in einer Familiensache ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.
Zuständig ist das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat. Hat es die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, ist dieses zuständig.
Während eine einstweilige Anordnungssache beim Beschwerdegericht anhängig ist, ist die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung durch das erstinstanzliche Gericht unzulässig.
§ 54 regelt die Befugnis des Gerichts, eine Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren abzuändern oder aufzuheben. Die Vorschrift orientiert sich inhaltlich an § 620b ZPO a.F..1BT-Drucks. 16/6308 S. 201 Die Beschränkungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten für die einstweilige Anordnung nicht. Eine Abänderung ist nicht nur im Falle einer nachträglichen wesentlichen Änderung der zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage zulässig, sondern auch dann, wenn bei objektiv unveränderter Sach- und Rechtslage das Gericht wegen bisher unbekannter oder neuer Beweismittel zu einer anderen tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung gelangt,2Ähnlich Giers, FGPrax 2009, 52 z.B. aufgrund einer nachgeholten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Falle des § 301 FamFG. Abänderbar sind nicht nur Entscheidungen, mit denen eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, sondern auch solche, mit denen der Erlass abgelehnt worden ist.3BT-Drucks. 16/6308 S. 201; Zimmermann, FamFG, Rn. 241; Giers, FGPrax 2009, 52
Das Gericht ist auch in Antragsverfahren grundsätzlich von Amts wegen zur Abänderung befugt.4BT-Drucks. 16/6308 S. 201 Hiervon sieht § 54 Abs. 1 Satz 2 dann eine Ausnahme vor, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Ist in einem Antragsverfahren der Antrag zurückgewiesen worden, so setzt daher eine Änderung der Zurückweisungsentscheidung einen erneuten Antrag voraus. § 54 Abs. 1 Satz 2 greift ferner ein, wenn ein auf Aufhebung oder Abänderung gerichtetes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Das Antragserfordernis nach § 54 Abs. 1 Satz 2 gilt nach § 54 Abs. 1 Satz 3 jedoch dann nicht, wenn die Entscheidung, deren Aufhebung oder Änderung in Frage steht, ohne vorherige Durchführung einer vom Gesetz grundsätzlich vorgeschriebenen Anhörung ergangen ist. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Ergebnis der Anhörung in jedem Fall umgesetzt werden kann.5BT-Drucks. 16/6308 S. 202 Angesichts dieser Zielsetzung findet § 54 Abs. 1 Satz 3 nicht nur dann Anwendung, wenn das Gericht zu Unrecht eine gesetzlich vorgeschriebene Anhörung unterlassen hat, sondern auch dann, wenn das Gesetz, etwa in Fällen besonderer Dringlichkeit, ausnahmsweise ein Absehen von einer vor Erlass der einstweiligen Anordnung zulässt, aber deren unverzügliche Nachholung vorschreibt6Giers, FGPrax 2009, 52 (z.B. §§ 301 Abs. 1 Satz 2, 332 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
§ 54 Abs. 2 betrifft allein Familiensachen und ist daher für das Betreuungsgericht ohne Bedeutung.
§ 54 Abs. 3 regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit für die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung. Zuständig ist nach § 54 Abs. 3 Satz 1 grundsätzlich das Gericht, das die abzuändernde Entscheidung erlassen hat. Das gilt auch dann, wenn sich seither die zuständigkeitsbegründenden Umstände geändert haben.7BT-Drucks. 16/6308 S. 202 Hat das ursprünglich zuständige Gericht das Verfahren aber nach Erlass der einstweiligen Anordnung an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, ist dessen Zuständigkeit auch für die Abänderung begründet (§ 54 Abs. 1 Satz 3). Dies gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen das eilzuständige Gericht nach Ende seiner Eilzuständigkeit das Verfahren nach § 50 Abs. 2 Satz 2 an das hauptzuständige Gericht abgegeben hat.8BT-Drucks. 16/6308 S. 202
§ 54 Abs. 4 regelt das Verhältnis des Abänderungs- zum Rechtsmittelverfahren:9BT-Drucks. 16/6308 S. 202 Eine Abänderung oder Aufhebung der einstweiligen Anordnung durch das erstinstanzliche Gericht ist unzulässig, während die Sache beim Beschwerdegericht anhängig ist. Zum Begriff der Anhängigkeit siehe § 50 FamFG Rn. 3, doch kommt es hier nicht auf die Anhängigkeit der Hauptsache, sondern des einstweiligen Anordnungsverfahrens beim Beschwerdegericht an.
§ 54 Abs. 4 lässt die Befugnis des Betreuungsgerichts zum Erlass einer Zweitentscheidung bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Erlass der einstweiligen Anordnung unberührt.10Dies entspricht der bisherigen Rechtslage, vgl. dazu Bassenge/Roth, 11. Aufl., § 18 FGG Rn. 17 ff.; Keidel/Schmidt, 15. Aufl. § 18 FGG Rn. 24 ff. So hat das Gericht nach § 330 Satz 1 FamFG die Genehmigung oder Anordnung der Unterbringungsmaßnahme aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen entfallen sind. Auch die sich aus den §§ 293, 294 FamFG ergebenden Befugnisse zur Erweiterung, Aufhebung oder Einschränkung der Betreuung werden durch § 54 Abs. 4 FamFG nicht eingeschränkt.
Unberührt durch § 54 Abs. 4 bleibt ferner das Recht des Gerichts, die einstweilige Anordnung durch Hauptsacheentscheidung außer Kraft zu setzen. Dadurch erledigt sich die Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung, falls sie nicht nach § 62 FamFG als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde zulässig bleibt.