Bezieht sich die verfahrensleitende Anordnung auf die Herausgabe oder Vorlage einer Sache (z.B. einer Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht, § 285), so eröffnet § 35 Abs. 4 dem Gericht zusätzlich die Möglichkeit, neben oder anstelle der Verhängung von Zwangsgeld und Zwangshaft durch Beschluss (§ 38 FamFG) die in §§ 883 und 886 ZPO vorgesehenen Maßnahmen anzuordnen:
Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder eine Menge bestimmter beweglicher Sachen herauszugeben, so sind sie von dem Gerichtsvollzieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben.
Wird die herauszugebende Sache nicht vorgefunden, so ist der Schuldner verpflichtet, auf Antrag des Gläubigers zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Sache nicht besitze, auch nicht wisse, wo die Sache sich befinde. Der gemäß § 802e zuständige Gerichtsvollzieher lädt den Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483, 802f Abs. 4, §§ 802g bis 802i und 802j Abs. 1 und 2 gelten entsprechend.
Das Gericht kann eine der Sachlage entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen.
Befindet sich eine herauszugebende Sache im Gewahrsam eines Dritten, so ist dem Gläubiger auf dessen Antrag der Anspruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache nach den Vorschriften zu überweisen, welche die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung betreffen.
Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 4 Satz 1 kommt die Anordnung der Herausgabevollstreckung auch als Maßnahme neben oder anstelle einer „Maßnahme“ nach § 35 Abs. 2 in Betracht. § 35 Abs. 2 regelt jedoch kein eigenständiges Zwangsmittel, sondern lediglich die Pflicht des Gerichts, auf die Folgen der Zuwiderhandlung hinzuweisen. Es dürfte sich hierbei um ein redaktionelles Versehen handeln, da die Hinweispflicht ihrem Sinn und Zweck nach unabhängig von der Art der konkret gewählten Zwangsmaßnahme greift.
Durch die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Mitteln zwecks Durchsetzung einer verfahrensleitenden Anordnung zu wählen, soll dem Gericht eine nach den Umständen des Einzelfalls möglichst effektive Vollstreckung ermöglicht werden.1BT-Drucks. 16/6308 S. 193 Die Wahl des Zwangsmittels steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Anders als die Festsetzung von Zwangsgeld und Zwangshaft setzt die Anordnung der Herausgabevollstreckung keine schuldhafte Nichterfüllung der gerichtlichen Verfügung voraus. Der Beschluss nach § 35 Abs. 4 Satz 1 FamFG i.V.m. § 883 Abs. 1 ZPO muss die herauszugebende Sache in der Beschlussformel bestimmt bezeichnen. Ist zur Wegnahme der Sache eine Durchsuchung der Wohnung des Verpflichteten ohne dessen Einwilligung erforderlich, bedarf es einer ausdrücklichen richterlichen Durchsuchungsanordnung. Findet der Gerichtsvollzieher die herauszugebende oder vorzulegende Sache nicht vor, so kann das Gericht anordnen, dass der Verpflichtete die eidesstattliche Versicherung abzugeben hat (§ 883 Abs. 2 ZPO). Das Verfahren richtet sich nach § 883 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO,2Vgl. Zöller/Seibel § 883 ZPO Rn. 13 wobei zusätzlich die §§ 478 bis 480, 802f Abs. 4, 802g bis 802i und 802j Abs. 1 und 2 ZPO entsprechend gelten. Zuständig ist der Gerichtsvollzieher (§ 802e Abs. 1 ZPO). Den Vollstreckungsauftrag erteilt das Gericht von Amts wegen.3Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 52 Nach § 883 Abs. 2 ZPO hat der Verpflichtete zu versichern, „dass er die Sache nicht besitze, auch nicht wisse, wo die Sache sich befinde“. Die Abgabe kann nach §§ 802g bis 802i und 802j Abs. 1 und 2 ZPO erzwungen werden.
Beschluss:
In pp.
wird angeordnet, dass dem (genaue Bezeichnung des Verpflichteten) die (genaue Bezeichnung der Sache) durch den Gerichtsvollzieher weggenommen und dem Gericht übergeben wird.
Zum Zwecke der Wegnahme der Sache darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Verpflichteten öffnen, betreten und durchsuchen.
Gründe, Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. §§ 38 Abs. 3, 39 FamFG)
Befindet sich die herauszugebende oder vorzulegende Sache im Gewahrsam eines Dritten, der nicht zur Herausgabe bereit ist, so kann das Gericht nach § 35 Abs. 4 Satz 1 i.V. mit §§ 886, 835 ZPO den Herausgabeanspruch des Verpflichteten gegen den Dritten auf sich überleiten. Der Weg über § 886 ZPO wird indes nur dann notwendig sein, wenn der Dritte nicht selbst gegenüber dem Gericht zur Herausgabe oder Vorlage der Sache verpflichtet ist. So richtet sich die Pflicht aus § 1901c BGB z.B. gegen jeden, der die Betreuungsverfügung oder die Vorsorgevollmacht im Besitz hat.