Fachbücher  Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren  Teil 1 Kommentar zum Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)  Buch 1 Allgemeiner Teil  Abschnitt 2 Verfahren im ersten Rechtszug  § 35 FamFG Zwangsmittel 

Werk:
Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsrecht
Herausgeber:
Rolf Jox/Tobias Fröschle
Autor:
Rolf Jox
Stand:
März 2020
Auflage:
4. Auflage

III. Zwangsgeld

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Die Festsetzung eines Zwangsgeldes dient nur als Beugemittel und nicht als Mittel der Bestrafung für begangene Pflichtwidrigkeiten.1BayObLG FGPrax 2002, 118; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 36; Zimmermann FamFG Rn. 388 Die Festsetzung erfordert eine schuldhafte, d.h. vorsätzliche oder zumindest fahrlässige Zuwiderhandlung oder Unterlassung.2Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 39; a.A. MünchKomm-FamFG/Ulrici § 35 FamFG Rn. 12 Zwangsgeld kann nicht gegen geschäftsunfähige Beteiligte festgesetzt werden, gegen beschränkt Geschäftsfähige nur, soweit sie selbständig handlungsfähig sind.3Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 38 Dies gilt auch für das Betreuungs- und Unterbringungsverfahren. Etwas anderes lässt sich auch aus §§ 275, 316 FamFG nicht herleiten, da dies mit dem Schutzgedanken der Vorschriften4Damrau/Zimmermann § 66 FGG Rn. 4 nicht vereinbar wäre.

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Die Höhe des Zwangsgeldes muss mindestens 5 € betragen (Art. 6 Abs. 1 EGStGB) und darf 25.000,00 € nicht überschreiten (§ 35 Abs. 3 Satz 1). Diese Höchstsumme gilt für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung. Soweit im Hinweis nach § 35 Abs. 2 eine niedrigere Summe genannt ist, darf diese unter-, aber nicht überschritten werden. Die Bemessung im Einzelfall richtet sich nach dem Maß des Verschuldens – wobei frühere Zuwiderhandlungen mit zu berücksichtigen sind – und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beteiligten.5Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 43 Verstößt der Beteiligte gegen mehrere selbständige Verpflichtungen – z.B. die Vorlage der Schlussrechnung und die Rückgabe des Betreuerausweises –, so können auch mehrere Zwangsgelder festgesetzt werden, für deren Summe § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht gilt.6BayObLG FamRZ 1993, 823 zu § 33 Abs. 3 Satz 2 FGG

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Die wiederholte Festsetzung des Zwangsgeldes zur Erzwingung derselben Verpflichtung ist zulässig,7Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 48 setzt aber voraus, dass aus der vorangegangenen Festsetzung zunächst die Vollstreckung des Zwangsgeldes betrieben worden ist, um den Willen des Beteiligten zu beugen.8OLG München FamRZ 1993, 1107; OLG Naumburg OLGR 2001, 305; OLG Celle FamRZ 2005, 1575; Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 48 Der weiteren Festsetzung muss kein erneuter Hinweis nach § 35 Abs. 2 vorausgehen.9A.A. Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 48 (noch immer von „Androhung“ redend) Der Hinweise ist vielmehr dahingehend zu fassen, dass bei fortgesetztem Ungehorsam eine mehrfache Festsetzung zulässig ist, im Falle einer Unterlassungsverfügung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“.

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Die Beitreibung der festgesetzten Zwangsgelder ist Justizverwaltungssache und richtet sich nach der Justizbeitreibungsordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 JBeitrO).10Zimmermann, FamFG Rn. 384 Zuständig ist der Rechtspfleger (§ 31 Abs. 3 RPflG). Zahlungsvergünstigungen (Stundung, Ratenzahlung) können wegen des Beugecharakters grundsätzlich nicht gewährt werden.11Keidel/Zimmermann § 35 FamFG Rn. 46 Für den Fall der Unmöglichkeit, das Zwangsgeld beizutreiben, kann das Gericht zugleich mit dem Zwangsgeld Ersatzzwangshaft anordnen (§ 35 Abs. 1 Satz 2). Ist das nicht geschehen, kann ein nicht beitreibbares Zwangsgeld nicht in Zwangshaft umgewandelt werden.12BayObLG NJW-RR 1995, 138