Zugestellt werden kann nur eine schriftlich abgefasste Entscheidung, die die Unterschrift des Richters oder Rechtspflegers trägt. Aber nicht das unterschriebene Original ist tauglicher Gegenstand der Zustellung, sondern eine zum Verbleib beim Empfänger bestimmte beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung.1OLG Schleswig SchlHA 2003, 43 Diese braucht die Unterschrift des Richters oder Rechtspflegers nicht zu enthalten, dafür aber einen Beglaubigungsvermerk mit dem Dienstsiegel und der Unterschrift des Urkundsbeamten. Die Zustellung einer einfachen Abschrift erfüllt die Anforderungen nicht. Ein elektronisches Dokument i.S.v. § 14 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 130b ZPO kann ohne Beglaubigungsvermerk zugestellt werden (§ 169 Abs. 5 ZPO).
Art und Weise der Zustellung richtet sich nach den Vorschriften der ZPO über die Zustellung von Amts wegen (§§ 166 bis 195 ZPO), es sei denn, dass sie (wie z.B. § 167 ZPO) wegen der Besonderheiten des FG-Verfahrens nicht passen.
Nach §§ 170 und 171 ZPO bestimmt sich grundsätzlich auch, an wen die Zustellung erfolgen kann. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Betroffene einer Betreuungs- oder Unterbringungssache stets verfahrensfähig ist (§§ 275, 316 FamFG), so dass § 170 Abs. 1 ZPO auf ihn nicht zutrifft.2BGH v. 26.6.2019 – XII ZB 35/19 Zustellungen sind an ihn selbst zu richten. An den Betreuer erfolgte Zustellungen sind auch unwirksam, wenn diesem der Aufgabenkreis der Entgegennahme der Post übertragen ist;3BGH v. 26.6.2019 – XII ZB 35/19; BGH FamRZ 2011, 1049. zur Heilung des Mangels siehe Rn. 14.
Wenn ein Verfahrensbevollmächtigter auftritt, muss nach § 172 ZPO die Zustellung an ihn erfolgen. Es ist danach stets an den Verfahrensbevollmächtigten zuzustellen, wenn der Betroffene oder ein anderer Beteiligter im Verfahren durch einen solchen vertreten wird.4OLG Bremen v. 29.4.2014 – 5 UF 16/14 Die Zustellung an den Vertretenen ist wirkungslos.5OLG Düsseldorf FamRZ 2019, 484 Bei mehreren Verfahrensbevollmächtigten genügt die Zustellung an einen von ihnen.6OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 468 Auf die Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post ist § 172 ZPO entsprechend anzuwenden, sonst wird der Zweck der Norm nicht erreicht.
Im Übrigen lassen die §§ 173 bis 176 ZPO folgende Varianten der Zustellung zu:
Das zuzustellende Schriftstück kann dem Empfänger auf der Dienststelle übergeben werden (§ 173 ZPO). Die Wirkung tritt sofort ein. Nachgewiesen wird diese Form der Zustellung durch einen Aktenvermerk des Beamten, der die Übergabe vorgenommen hat.
Ist der Empfänger eine Behörde, ein Rechtsanwalt, Notar oder gehört er sonst einem Beruf an, bei dem „von erhöhter Zuverlässigkeit ausgegangen“ werden kann, so kann ihm das Schriftstück formlos gegen Empfangsbekenntnis übersandt werden (§ 174 Abs. 1 ZPO). Die Wirkung tritt ein, sobald das Schriftstück in seinen Geschäftsbereich gelangt und nach der Verkehrssitte mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann oder der Empfänger es tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Der Nachweis wird durch das Empfangsbekenntnis geführt, das der Empfänger ausgefüllt und unterschrieben zurückschicken muss. Von „erhöhter Zuverlässigkeit“ kann in Betreuungs- und Unterbringungssachen bei allen berufsmäßig tätigen Betreuern oder Verfahrenspflegern ausgegangen werden.7Keidel/Sternal § 15 FamFG Rn. 30 Statt der körperlichen Übersendung der Ausfertigung genügt hier auch ein Fax (§ 174 Abs. 2 ZPO). Auch dann ist das Empfangsbekenntnis für den Nachweis der Zustellung erforderlich. Der Sendebericht genügt nicht.
Die Übersendung eines elektronischen Dokuments auf sicherem Übermittlungsweg (§ 174 Abs. 3 ZPO) ist bei den „erhöht zuverlässigen“ Empfängern i.S.v. § 174 Abs. 1 ZPO generell zulässig, bei allen anderen Empfängern nur, wenn sie dieser Art der Zustellung ausdrücklich zugestimmt und einen sicheren Übermittlungsweg eingerichtet haben. Auch hier erfolgt die Zustimmung gegen Empfangsbekenntnis, das ebenfalls als elektronischen Weg zu übermitteln ist.
Das Schriftstück kann dem Empfänger per Einschreiben mit Rückschein zugeschickt werden (§ 175 ZPO). Wirksam wird dies mit der Übergabe an den Empfänger oder denjenigen, der für ihn zur Empfangnahme von Einschreiben ermächtigt ist. Der Nachweis wird durch den Rückschein geführt.
Das Empfangsbekenntnis stellt nicht lediglich den Nachweis der Zustellung dar, sondern dokumentiert zugleich die Empfangsbereitschaft des Adressaten. Diese ist Wirksamkeitsvoraussetzung, so dass keine wirksame Zustellung vorliegt, wenn der Zustelladressat das Empfangsbekenntnis nicht (persönlich8OLG Frankfurt FamRZ 2018, 517) unterschrieben hat.9OLG Frankfurt v. 12.4.2017 – 4 WF 76/17
Am aufwendigsten – aber auch am sichersten – ist die Zustellung in ihrer klassischen Form durch Zustellungsauftrag (§ 176 ZPO). In diesem Fall wird das Dokument – zusammen mit einer Zustellungsurkunde – dem Beauftragten verschlossen übergeben. Der kann es dann
dem Empfänger selbst an jedem beliebigen Ort persönlich übergeben (§ 177 ZPO),
einem der in § 178 ZPO genannten Personen übergeben, wenn er sie in der Wohnung oder den Geschäftsräumen des Empfängers oder in einer Gemeinschaftseinrichtung antrifft, in der der Empfänger lebt,
in einen sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindlichen und ausreichend eindeutig gekennzeichneten (Briefkasten) des Empfängers an einem dieser Orte einwerfen (§ 180 ZPO).
Weigert sich der Betroffene – oder die nach § 178 ZPO zur Empfangnahme für ihn zuständige Person –, das Dokument entgegenzunehmen, so gilt es nach § 179 ZPO hierdurch als zugestellt. Wird weder er noch eine zur Empfangnahme berechtigte Person angetroffen – und ist auch ein § 180 ZPO entsprechender Briefkasten nicht vorhanden –, wird das Schriftstück (auf der Post- oder Dienststelle) niedergelegt und kann vom Empfänger abgeholt werden. Dem Empfänger wird eine Nachricht hierüber hinterlassen.10Die Nachricht muss in den Briefkasten eingelegt oder, wenn ein solcher fehlt, an die Tür geheftet werden. Das Einlegen in eine Zeitungsbox genügt nicht, BGH BtPrax 2013, 203. Die Wirkung der Zustellung tritt schon mit dem Hinterlassen der Nachricht ein.
Der Nachweis der Zustellung wird beim Zustellungsauftrag durch die Zustellungsurkunde geführt.
Die Zustellung an den Betreuten auf dem Postwege ist untunlich, wenn das Gericht den Aufgabenkreis des Anhaltens und Öffnens der Post angeordnet hat, weil die Post dann an den Betreuer umgeleitet wird. Wirksam wird sie in diesem Fall nur, wenn der Betreuer das zuzustellende Schriftstück tatsächlich an den Betreuten weitergeleitet hat (§ 189 ZPO).
Diese Schwierigkeit lässt sich am besten vermeiden, indem ein Zustellungsauftrag an den Gerichtsvollzieher angeordnet wird.
Unter bestimmten Umständen kann das Gericht nach § 185 ZPO die öffentliche Zustellung des Schriftstücks beschließen.11Voraussetzung ist, dass vorher alle zumutbaren Möglichkeiten zur Ermittlung der Zustelladresse ausgeschöpft wurden, vgl. OLG Hamm FamRZ 2013, 964. Die Entscheidung hierüber ist nicht anfechtbar.12OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1996 Sie wird dann an der Gerichtstafel ausgehängt. Über den Aushang ist – in den in § 186 Abs. 2 ZPO näher bezeichneten Medien – eine Benachrichtigung zu veröffentlichen. Die Wirkung der öffentlichen Zustellung tritt einen Monat nach Aushang ein, wenn das Gericht dafür nicht eine andere Frist bestimmt hat (§ 188 ZPO). Die öffentliche Zustellung ist unwirksam, wenn ihre Voraussetzungen nicht vorlagen und das Gericht dies hätte erkennen können.13BGH NJW 2002, 827
Die Zustellungswirkung ist nicht davon abhängig, dass der im Gesetz geforderte Nachweis geführt werden kann.14BGH NJW 2018, 2802 Fehler und Ungenauigkeiten bei der Beurkundung führen nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung.15BayObLG FamRZ 2002, 848 Ist diese ordnungsgemäß erfolgt, kann das ggf. auch mit anderen Mitteln bewiesen werden. Es ist aber auch der Beweis zulässig, dass die Zustellung – trotz formal ordnungsgemäßen Nachweises – nicht in der beschriebenen Weise stattgefunden hat. Die Beweiskraft des Zustellungsnachweises beschränkt sich auf die vom Aussteller der Urkunde unmittelbar wahrgenommenen Umstände. Im Falle des § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beweist er daher nur, wem das Schriftstück übergeben wurde, nicht auch, dass dieser vom Einrichtungsleiter zur Empfangnahme ermächtigt war.16BGH NJW 2018, 2802
Auch durch eine nicht ordnungsgemäße Zustellung tritt nach § 189 ZPO die Zustellungswirkung ein, wenn das Schriftstück, dessen Zustellung versucht wurde, dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist. Treuwidrige Vereitelung des Zugangs steht dem Zugang gleich.17OLG Zweibrücken ZErb 2016, 76 § 189 ZPO heilt dann ex nunc alle bei der Zustellung begangenen Fehler. Das gilt freilich nur, wenn überhaupt eine Zustellung i.S.d. § 166 ff. ZPO erfolgen sollte.18OLG München FamRZ 2012, 1405; OLG Schleswig SchlHA 2003, 43; OLG Köln OLGR 2002, 140 Ist das gar nicht beabsichtigt gewesen, ist das Schriftstück auch nicht bekannt gegeben. § 189 ZPO heilt – m.a.W. – nur Fehler bei der Zustellung, nicht das Unterlassen der Zustellung. Anders ist das jedoch, wenn statt der gebotenen Zustellung nach § 41 Abs. 2 die Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post erfolgt. Dann ist der Mangel entsprechenden § 189 ZPO geheilt, wenn den Beteiligten das Schreiben tatsächlich erreicht.19BGH BtPrax 2017, 114
Die Zustellung an den falschen Adressaten (Verstoß gegen §§ 170 Abs. 1, 172 ZPO) wird dadurch geheilt, dass das Schriftstück den richtigen Adressaten (gesetzlicher Vertreter, Prozessbevollmächtiger) tatsächlich erreicht.20BGH BtPrax 2015, 185
Wird die Beschwerde gegen einen nicht ordnungsgemäß bekannt gegebenen Beschluss zurückgewiesen, so wird mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses auch der angefochtene Beschluss wirksam.21BayObLGZ 1996, 129