Vor dem 1.7.2005 war es allgemeine Auffassung bei der Vergütung nach Zeitaufwand, dass die 15-Monatsfrist mit jeder Tätigkeit des Betreuers beginnt, sodass eine Abrechnung maximal die letzten 15 Monate vor Antragstellung, genauer gesagt vor Eingang des Antrags bei Gericht, umfassen konnte. Das war nur deshalb so, weil der bisherige Vergütungsanspruch auch mit jeder Tätigkeit entstanden ist.1OLG Schleswig BtPrax 2002, 271 f., Dies gilt weiterhin in den Fällen, in denen eine Abrechnung nach Zeitaufwand erfolgen kann.2Z.B. der Nachlasspflegschaft: OLG Naumburg BtPrax 2012, 39 = FamRZ 2012, 581; OLG Köln BtPrax 2013, 256 = FamRZ 2013, 1837; OLG Düsseldorf FGPrax 2014, 258 oder der Verfahrenspflegschaft: LG Münster FamRZ 2008, 1659 Für die Pauschalvergütung gemäß § 9 VBVG gilt seit 1.7.2005, dass eine Vergütung erst nach Ablauf von jeweils drei Monaten Tätigkeit verlangt werden kann.3Vgl. HK BUR/Bauer/Deinert § 9 VBVG Rn. 17 ff.
Unserer Auffassung nach folgt hieraus auch ein anderer Fristbeginn nach § 2 VBVG, denn wenn eine Ausschlussfrist schon laufen soll, bevor der Anspruch überhaupt geltend gemacht werden kann, müsste das Gesetz dies ausdrücklich so anordnen. Die Frist beginnt deshalb u.E. jeweils mit Ablauf des jeweiligen dreimonatigen Abrechnungszeitraums, so auch der BGH in einer neueren Entscheidung.4BGH BtPrax 2013, 109 = FamRZ 2013, 871; bereits zuvor LG Göttingen FamRZ 2008, 92 = BtPrax 2007, 255; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 65; OLG Dresden FamRZ 2008, 1285, KG Berlin, BtPrax 2009, 37 = FamRZ 2009, 456; OLG Köln BtPrax 2009, 870; Fröschle Betreuungsrecht 2005, Rn. 392; Jurgeleit/Maier § 2 VBVG Rn. 2 und § 9 VBVG Rn. 7; MünchKomm/Fröschle, 5. Aufl., § 9 VBVG Rn. 8; a.A.: Jürgens § 2 VBVG Rn. 1; jurisPK-BGB/Bieg/Jaschinski, § 2 VBVG Rn. 5).
Soweit Knittel davon ausging, dass für den Beginn der Ausschlussfrist jeweils einzelne Betreuungsmonate maßgeblich sein sollen5Knittel § 2 VBVG Rn. 10, teilen wir diese Auffassung nicht. Die Berechnung der Betreuervergütung nach monatlichen Stundenansätzen i.S. von § 5 I und II VBVG rechtfertigt die Anwendung auf die Ausschlussfrist nicht.
Anderenfalls würde die nach § 2 Satz 2 VBVG mögliche Fristverkürzung auf zwei Monate im Übrigen bewirken, dass der Betreuer für einen Monat gar keine Vergütung verlangen könnte, weil der Anspruch für den ersten der drei nach § 9 VBVG abrechenbaren Monate schon vor seiner Fälligkeit erloschen wäre. Dieses widersinnige Ergebnis könne vom Gesetzgeber nicht gemeint gewesen sein.
Zur Begründung führte das LG Göttingen aus: Zwar folge aus § 9 i.V.m. § 5 VBVG, dass der Vergütungsanspruch des Betreuers bereits mit Ausübung der jeweiligen Betreuungstätigkeit entsteht. Der Beginn der Ausschlussfrist bereits zu diesem Zeitpunkt – also 3 Monate vor der erstmalig möglichen Geltendmachung des Vergütungsanspruches – hätte jedoch faktisch eine Verkürzung der 15-Monatsfrist auf eine 12-Monatsfrist zur Folge. Diese betreuerfeindliche Auslegung des Wortlautes sei jedoch auch nach der Gesetzesbegründung vom Gesetzgeber nicht gewollt.6Vgl. dazu BT-Drs. 15/4874, S. 30; BT-Drs. 15/4874, S. 33 i.V.m. der BT-Drs. 15/2494, S. 36
Danach wurde vielmehr in § 2 VBVG der bis zum 30.6.2005 geltende Wortlaut des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. übernommen. Im Gegensatz zur alten Rechtslage, bei der die Fälligkeit des Vergütungsanspruches nicht gesetzlich geregelt war, ist dies nunmehr in § 9 VBVG dahin gehend geregelt worden, dass der Anspruch jeweils erst 3 Monate nach seiner Entstehung geltend gemacht werden kann. Ausweislich der Gesetzesmaterialien diente diese Einschränkung der Entlastung der Gerichte, um diese nicht mit zu häufigen Auszahlungsvorgängen zu belasten. Es kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass damit auch eine Verkürzung der Erlöschensfrist des § 2 VBVG beabsichtigt war.
In der Rechtsprechung wurde dies zeitweise anders gesehen. So gingen OLG Düsseldorf7FamRZ 2008, 1284 und OLG Frankfurt/Main8FamRZ 2008, 304 davon aus, dass die Ausschlussfrist für pauschale Vergütungsanträge weiterhin tagesgenau zu betrachten ist.
Gegen einen Fristbeginn am Ende des Betreuerquartals (§ 9 VBVG) spräche bereits, dass das VBVG nicht durchgängig nur auf Monatsfristen abstellt, sondern etwa in § 5 IV Satz 2 VBVG die Berücksichtigung der Veränderung vergütungsrelevanter Umstände zeitanteilig bezogen auf einzelne Tage vorgesehen ist.
Deshalb sei bei der Anwendung des § 2 VBVG zur Bestimmung der gesetzlichen Ausschlussfrist ebenso wie bei der gleichlautenden früheren Regelung des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. eine taggenaue Berechnung bezogen auf das Eingangsdatum des Vergütungsantrages beim Gericht unter Berücksichtigung des Zeitraumes von 15 Monaten vorzunehmen.
Das OLG München9OLG München BtPrax 2008, 127 = FamRZ 2008, 1285 hat diese Streitfrage gem. § 28 FGG dem BGH vorgelegt. Es wurde festgestellt, dass zwischen der Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf und OLG Frankfurt/Main einerseits und dem OLG München (sowie dem OLG Dresden) andererseits eine Divergenz besteht. Das OLG München stellt hierzu fest, dass die Auslegung, die den Begriff der „Entstehung“ des Anspruchs nur auf den Zeitpunkt der jeweiligen Tätigkeit des Betreuers bezogen hatte, sich nach Auffassung des Senats seit Inkrafttreten des VBVG zum 1.7.2005 nicht mehr aufrechterhalten lasse. Denn die Pauschalierung der Vergütung für die Betreuertätigkeit eines bestimmten Monats durch Stundenansätze lasse nicht mehr zu, dass die Anspruchsentstehung bestimmten einzelnen Tagen zugeordnet werden kann.10Vgl. Knittel § 2 VBVG Rn. 3
Der Bundesgerichtshof stellte hierzu durch Beschluss vom 28.5.2008 fest: Die Ausschlussfrist des § 2 VBVG beginnt bei der pauschalierten Betreuervergütung nicht tageweise, sondern frühestens mit dem Ende des jeweiligen Betreuungsmonats. Ob die Frist erst mit dem Ende des jeweiligen Betreuungsquartals (§ 9 VBVG) beginnt, blieb in der damaligen Entscheidung offen.11BGH BtPrax 2008, 207 = FamRZ 2008, 1611 m Anm. Zimmermann
In einem obiter dictum äußerte der BGH Sympathie für die in der Literatur vertretene Auffassung des Gleichlaufs von Ausschlussfrist nach § 2 und Anspruchsentstehung gem. § 9 VBVG. In der Folge des BGH-Beschlusses haben sich das KG Berlin12KG FamRZ 2009, 456 = BtPrax 2009, 37, das OLG Brandenburg13OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 65 (Ls), das OLG Düsseldorf14OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.3.2010, I – 25 Wx 82/09, das OLG Dresden15OLG Dresden FamRZ 2008, 1285, das OLG Köln16OLG Köln BtPrax 2009, 80 = FamRZ 2009, 1009 (Ls) und das OLG München17OLG München NJW 2008, 1895 = FamRZ 2008, 1285 diese Auffassung zu Eigen gemacht. Letztlich hat auch der BGH schließlich festgestellt, dass die 15-Monatsfrist des § 2 VBVG mit Ende des Betreuungsquartals des § 9 VBVG beginnt.18BGH BtPrax 2013, 109 = FamRZ 2013, 871
Wir empfehlen, bei der Antragstellung für mehrere Betreuungsquartale nicht „bis zum letzten Drücker“ abzuwarten, sondern vorsichtshalber maximal 4 Betreuungsquartale in einem Antrag geltend zu machen. Damit kommt der Betreuer nicht in die Problematik, dass u.U. das 1. der Quartale bei der Geltendmachung verfristet sein könnte.