Neben den Erleichterungen, die die Jahresabschluss-Erstellung betreffen, gewährt das HGB Kleinstkapitalgesellschaften auch eine Erleichterung im Hinblick auf die Offenlegungspflicht des § 325 HGB. Durch den in § 326 HGB eingefügten Abs. 2 können Kleinstkapitalgesellschaften wählen, ob sie ihrer Offenlegungspflicht durch Einreichung ihres Jahresabschlusses und dessen Bekanntmachung beim Betreiber des Bundesanzeigers oder lediglich durch Hinterlegung der Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers nachkommen möchten.31Vgl. Haller/Groß, DB 2012, 2412, 2412; Küting/Eichenlaub/Strauß, DStR 2012, 1670, 1674. Bei Wahl der zweiten Variante muss lediglich die (verkürzte) Bilanz in elektronischer Form eingereicht werden. Durch einen Verweis auf § 325 Abs. 1 bis Abs. 2 HGB wird zudem sichergestellt, dass die Hinterlegung der Bilanz innerhalb der Offenlegungsfrist erfolgt.
Die Zulässigkeit der Hinterlegung lediglich der Bilanz nach § 326 Abs. 2 HGB setzt aber erstens voraus, dass die gesetzlichen Vertreter der Kleinstkapitalgesellschaft einen Hinterlegungsauftrag beim Betreiber des Bundesanzeigers einreichen und die Kleinstkapitalgesellschaft zweitens dem Betreiber des Bundesanzeigers mitteilt, dass zwei der drei Merkmale des § 267a HGB nicht überschritten wurden. Es müssen jedoch keine quantitativen Angaben gemacht werden. Im Zweifel obliegt es dem Betreiber des Bundesanzeigers, diese nach § 329 Abs. 2 HGB anzufordern. Sofern dem Bundesamt für Justiz keine Anhaltspunkte über die Einstufung einer Kleinstkapitalgesellschaft also solche vorliegen und auch nach Aufforderung durch den Betreiber des Bundesanzeigers keine Angaben gemacht werden, wird nach § 335 Abs. 6 HGB vermutet, dass die Erleichterungen des § 326 HGB nicht in Anspruch genommen werden können.
Die Tatsache, dass die GuV von der Hinterlegungspflicht für Kleinstkapitalgesellschaften ausgenommen wurde, basiert folgerichtig bereits auf der Regelung des § 326 Abs. 1 Satz 1 HGB, die auch bislang schon kleinen Kapitalgesellschaften erlaubte, auf die Offenlegung der GuV zu verzichten. Ein analoges Wahlrecht ergibt sich nun für Kleinstkapitalgesellschaften auch hinsichtlich eines u.U. freiwillig erstellten Anhangs. Dieser kann entweder i.R.d. Einreichung des Jahresabschlusses beim Bundesanzeiger offengelegt werden oder wird, bei Wahl der ‚Hinterlegungsalternative’, der Öffentlichkeit nicht bekannt.32Vgl. auch Küting/Eichenlaub, DStR 2012, 2615, 2619. Fraglich könnte sein, wie mit den den ‚Anhang ersetzenden’ zusätzlichen Angaben unter der Bilanz gem. § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB sowie zur Darstellung einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden VFE-Lage der Kleinstkapitalgesellschaft nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB im Hinblick auf eine Veröffentlichung zu verfahren ist. Der Gesetzgeber nimmt hierzu zwar nicht explizit Stellung, die gesetzlich geforderten Mindestangaben dürften allerdings als ‚Bestandteil der Bilanz’ zu werten sein und sind demnach ebenfalls beim Betreiber des Bundesanzeigers zu hinterlegen.33Vgl.Haller/Groß, DB 2012, 2109, 2110; Fey/Deubert/Lewe/Roland, BB 2013, 107, 108; a.A. Küting/Eichenlaub, DStR 2012, 2615, 2619. Dies ist unabhängig davon, ob tatsächlich ein Anhang erstellt wird, der dann jedoch nicht offengelegt wird. Der HFA hat hierzu in seiner 232. Sitzung am 18./19.06.2013 die Auffassung vertreten, dass bei Verzicht auf die Veröffentlichung eines Anhangs alle notwendigen Angaben für Zwecke der Offenlegung unter der Bilanz aufzuführen sind, damit eine einheitliche Vorgehensweise sichergestellt ist.34Vgl. HFA, IDW FN 2013, 356, 361.
Um die Offenlegungserleichterungen in Anspruch nehmen zu können, muss eine Kleinstkapitalgesellschaft selbstständig einen Hinterlegungsauftrag beim Betreiber des Bundesanzeigers einreichen und darüber hinaus dem Betreiber des Bundesanzeigers mitteilen, dass zwei der drei Merkmale des § 267a HGB nicht überschritten wurden. Allerdings müssen keine quantitativen Angaben übermittelt werden.
Hinterlegt ein Unternehmen lediglich die Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers, so gehen damit zwangsläufig eingeschränkte Einsichtsrechte für die breite Öffentlichkeit einher. Nach § 9 Abs. 6 Satz 3 HGB haben interessierte Abschlussadressaten nur auf Antrag die Möglichkeit, eine kostenpflichtige elektronische Kopie der Bilanz zu erhalten.35Vgl. auch BT-Drucks. 17/11292, S. 16.
Es bleibt zu beachten, dass das HGB eine Trennung von Abschlusserstellung und -offenlegung, wie sie auch hinsichtlich der Erleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaft existiert, vorsieht. Denn für Kleinstkapitalgesellschaften gilt: Selbst wenn Bilanz und GuV unverkürzt bzw. ein vollständiger Anhang erstellt werden, kann für Zwecke der Offenlegung die ausschließliche Hinterlegung der Bilanz gewählt werden. Insoweit lassen sich die bestehenden Erleichterungen hinsichtlich Erstellungspflichten des Jahresabschlusses sowie dessen Offenlegung vielfältig und beliebig miteinander kombinieren.
Die bestehenden Erstellungs- und Offenlegungserleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften können unabhängig voneinander angewandt und beliebig miteinander kombiniert werden.
Anders als hinsichtlich der Erstellungserleichterungen müssen Kleinstkapitalgesellschaften bei Inanspruchnahme der Offenlegungserleichterungen auch nicht den Grundsatz der Stetigkeit beachten. Damit kann in jedem Jahr unabhängig über die Frage der Art der Veröffentlichung des Jahresabschlusses entschieden werden.
Es ist zu beachten, dass für die Hinterlegung der Bilanz einer Kleinstkapitalgesellschaften die Regelungen zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB zu beachten sind. Für Kleinstkapitalgesellschaften sieht das HGB hierbei eine Reduktion auf 500 EUR Ordnungsgeld im Einzelfall vor (§ 335 Abs. 4 Nr. 1. HGB). Im Zusammenhang mit der Festsetzung eines Ordnungsgelds ist zu beachten, dass sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren auch wiederholt zur Hinterlegung der Bilanz geäußert hat.36Vgl. u.a.OLG Köln v. 20.05.2016, 28 Wx 3/16, DStR 2016, 1875 ff. Neben der auch von Kleinstkapitalgesellschaften zu beachtenden Fristen muss bei der Hinterlegung darauf geachtet werden, dass auch tatsächlich ein Hinterlegungsauftrag anstelle eines Offenlegungsauftrags erteilt wird.
Anstelle der Offenlegung von Bilanz und Anhang können Kleinstkapitalgesellschaften das Wahlrecht ausüben, nur die Bilanz mit den erforderlichen Angaben unter der Bilanz zu hinterlegen. Hierbei muss explizit ein Hinterlegungsauftrag erteilt werden. Die Vorschriften zu den Fristen der Offenlegung sind ebenso wie die Regelungen zur Festsetzung des Ordnungsgelds zu beachten.
Durch § 325a HGB werden die verminderten Offenlegungspflichten von in Deutschland belegenen Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland geregelt. § 325a Abs. 3 HGB sieht diesbezüglich vor, dass für den Fall, dass ein ausländisches Unternehmen eine Zweigniederlassung in Deutschland hat, die Entscheidung darüber, ob diese die Kriterien einer Kleinstkapitalgesellschaft erfüllt, nicht nach den durch das MicroBilG vorgesehenen Kriterien, sondern nach dem Recht desjenigen Staates, in dem sich die Hauptniederlassung der Gesellschaft befindet, zu treffen ist. Voraussetzung ist hierbei, dass sich die Hauptniederlassung der Gesellschaft entweder in einem EU-Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) befindet. Die Inanspruchnahme der verminderten Offenlegungspflichten in Deutschland orientiert sich demnach an der Umsetzung der Micro-Richtlinie in dem entsprechenden Staat.
Im Falle einer Zweigniederlassung von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland (EU-Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) muss sich die Entscheidung darüber, ob die Kriterien zur Einstufung der in Deutschland befindlichen Zweigniederlassung als Kleinstkapitalgesellschaft erfüllt sind, an der Umsetzung der Micro-Richtlinie in demjenigen Staat orientieren, in dem sich die Hauptniederlassung der Gesellschaft befindet.
Sofern eine Kleinstkapitalgesellschaft eine der im Folgenden aufgeführten Befreiungen bzw. Erleichterungen in Anspruch nimmt, muss sie im Gegenzug auf die Anwendung der Zeitwertbewertung im Jahresabschluss verzichten (§ 253 Abs. 1 Satz 5 HGB):
Erstellung einer verkürzten Bilanz (§ 266 Abs. 1 Satz 4 HGB),
Erstellung einer verkürzten GuV (§ 275 Abs. 5 HGB),
Verzicht auf die Erstellung eines Anhangs, sofern bestimmte Angaben unterhalb der Bilanz gemacht werden (§ 264 Abs. 1 Satz 5 HGB), oder
Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 325 HGB durch Hinterlegung der Bilanz in elektronischer Form bei dem Betreiber des BAnz. (§ 326 Abs. 2 HGB).
Nimmt eine Kleinstkapitalgesellschaft eine der durch das MicroBilG gewährten Erleichterungen in Anspruch, ist keine Zeitwertbewertung im JA zulässig. Aufgrund der nur untergeordneten Rolle der Zeitwertbewertung im HGB dürfte dies keine wesentlichen Einschränkungen nach sich ziehen.
Durch die entsprechenden Verweise in den Bußgeldvorschriften des § 334 HGB werden die Besonderheiten für Kleinstkapitalgesellschaften (Möglichkeit zur Hinterlegung der Bilanzinformationen, das Verbot der Fair-Value-Bewertung für Kleinstkapitalgesellschaften im Einzelfall sowie zur Angabe von Anhangangaben unter der Bilanz) berücksichtigt. Die Regelungen zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB sind ebenso auf Kleinstkapitalgesellschaften anzuwenden. Hierbei ist gesondert auf § 335 Abs. 6 HGB hinzuweisen (vgl. Rn. 50).
Die Erleichterungen des § 267a HGB sind seit der Neuregelung durch das BilRUG auch auf Genossenschaften anzuwenden.37Vgl. Zwirner in: Zwirner, §§ 336–339 HGB S. 632 f. Dies ist in § 336 Abs. 2 Satz 3 HGB geregelt. Sofern Kleinstgenossenschaften von den Erleichterungen nach § 266 Abs. 1 Satz 4 HGB Gebrauch machen, haben sie die gesonderten Vorschriften zur Bilanz nach § 337 Abs. 4 HGB zu beachten. Hinsichtlich der Angaben unter der Bilanz sind die Regelungen nach § 338 Abs. 4 HGB zu beachten. Ihre Offenlegungspflichten kann eine Kleinstgenossenschaft nach § 339 Abs. 2 HGB i.V.m. § 326 Abs. 2 HGB durch Hinterlegung ihrer Bilanz erfüllen.